In diesem Beitrag informiert Fachanwalt Strafrecht München Volker Dembski über Verstöße gegen das AMG, das BtMG, das AntiDopG, das GÜG und das NpSG.
1. Arzneimittelstrafrecht (§§ 95, 96, 97 AMG)
Anders als das Betäubungsmittelrecht befasst sich das Arzneimittelrecht überwiegend mit der Regelung des legalen Arzneimittelmarktes. Die Straf- und Bußgeldvorschriften im Arzneimittelrecht befinden sich daher als Annexzu den Verwaltungsnormen in den §§ 95, 96, 97 AMG. Es wird mit einer zum Teil kompliziert erscheinenden Verweisungsrechnik gearbeitet. Bei allen Absatzdelikten gelten die Grundsätze der Bewertungseinheit. Das Arzneimittelrecht dient gemäß § 1 AMG der Sicherheit im Verkehr mit Arzneimitteln. Es wird aber auch geregelt, unter welchen Voraussetzungen der Umgang mit Arzneimitteln strafbar ist, da sich neben dem legalen auch ein illegaler Arzneimittelarkt etabliert hat. Das Antidopingrecht ist mittlerweile aus dem Arzneimittelrecht ausgegliedert worden, da es sich wie das Betäubungsmittelrecht überwiegend mit dem illegalen Markt beschäftigt. Die neuen psychoaktiven Substanzen wurden früher als Arzneimittel behandelt, sofern sie nicht in die Anlagen I bis II zum BtMG aufgenommen waren. Mittlerweile werden sogenannte Legal Highs in der Regel vom NpSG erfasst. Manche Arzneimittel fallen wegen der suchterzeugenden Potenz auch in den Anwendungsbereich des Betäubungsmittelgesetzes.
Nach § 2 Abs. 1 AMG sind Arzneimittel Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die zur Anwendung im oder am menschlichen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind oder die im oder am menschlichen Körper angewendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder die physiologischen Funktionen durch pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder eine medizinische Diagnose zu erstellen. Der Begriff des Stoffs ist in § 3 AMG definiert. Eine Definition des Begriffs der Zubereitung ist nicht im AMG enthalten. § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG betrifft die Präsentationsarzneimittel. Auf die Eignung kommt es nicht an. Daher sind auch Anscheinsarzneimittel (Placebos) Arzneimittel. Unter Krankheit versteht man jede auch nur unerhebliche oder vorübergehende Störung der normalen Beschaffenheit oder der normalen Tätigkeit des Körpers oder der seelischen Befindlichkeit jenseits einer natürlichen Schwankungsbreite.§ 2 Abs. 1 Nr. 2 AMG betrifft die Funktionsarzneimittel. § 2 Abs. 2 AMG betrifft die fiktiven Arzneimittel. Hierzu zählen insbesondere Pflaster, die ein Arzneimittel enthalten oder mit diesem beschichtet sind, oder auch Verbandsstoffe, die mit einem Arzneimittel präpariert sind. In § 2 Abs. 3 AMG sind bestimmte Prokuktgruppen vom Arzneimittelbegriff ausgegliedert. In § 4 AMG sind weitere Legaldefinitionen enthalten, unter anderem für die Begriffe Fertigarzneimittel, Nebenwirkungen, Inverkehrbringen, Wirkstoffe, Anwendungsrisiko, Verbringen, Einfuhr, Ausfuhr und Fälschung.
Nach § 5 Abs. 1 AMG ist es verboten, bedenkliche Arzneimittel in den Verkehr zu bringen oder bei einem anderen Menschen anzuwenden. Unter das Verbot können auch zugelassene Arzneimittel fallen. Der Begriff der Anwendung umfasst auch das Überlassen zum unmittelbaren Verbrauch. Ein Verabreichen wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass das Arzneimittel aus dem Besitz der Person stammt, bei der es angewendet wird. Nach § 5 Abs. 2 AMG werden Arzneimittel, bei denen nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse der begründete Verdacht besteht, dass sie bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädliche Wirkungen haben, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen, als bedenklich eingestuft. Wirkungen sind alle physischen oder psychischen Reaktionen des Organismus, die unmittelbar oder mittelbar durch ein Arzneimittel ausgelöst werden. Darunter fallen auch Neben- und Wechselwirkungen. Eine Wirkung ist schädlich, wenn sie den Gesundheitszustand des Konsumenten nachteilig beeinflusst. Ein Gebrauch ist auch dann bestimmungsgemäß, wenn er sich aus Sicht der einschlägigen Verkehrskreise als solcher darstellt. Bestimmungsgemäßer Gebrauch kann also auch ein Missbrauchs sein. Die Bedenklichkeitsprüfung ist eine Abwägung zwischen Nutzen und Risiko.
2. Inverkehrbringen bedenklicher Arzneimittel (§ 95 Abs. 1 Nr. 1 AMG)
Poppers bestehen aus Isoamylnitrit, Isobutylnitrit oder Amylnitrat. Diese Akylnitrite wirken im menschlichen Organismus gefäßerweiternd und somit blutdrucksenkend. Amylnitrat und Isobotylnitrit werden in Deutschland wegen ihrer schädlichen Nebenwirkungen als bedenkliche Arzneimittel eingestuft. Das Inverkehrbringen ist daher gemäß § 95 Abs. 1 Nr. 1 AMG strafbar, der Besitz und der Erwerb zum Eigenverbrauch jedoch nicht. Isoamylnitrit ist dagegen verkehrsfähig, unterliegt allerdings der Verschreibungspflicht durch einen Arzt. Strafbar ist daher gemäß § 95 Abs. 1 Nr. 4 AMG das Handeltreiben und die Abgabe, der Besitz und der Erwerb zum Zwecke des Eigenkonsums ebenfalls nicht.
3. Zulassung von Arzneimitteln (§ 21 AMG)
Ein Fertigarzneimittel erlangt erst mit seiner Zulassung gemäß § 21 Abs. 1 AMG Verkehrsfähigkeit. Das Arzneimittel kann dann frei verkäuflich gemäß § 44 AMG, apothekenpflichtig gemäß § 43 AMG oder verschreibungspflichtig gemäß § 48 AMG sein. Die Eingruppierung richtet sich nach dem Gefährdungs- und Risikopotential. Durch die Apotheken- und Verschreibungspflicht soll den Gefahren im Umgang mit Arzneimitteln vorgebeugt werden, da in der Apotheke oder beim Arzt eine Aufklärung über die schädlichen Nebenwirkungen erfolgen kann. Ausnahmen von der Zulassungsungspflicht sind in § 21 Abs. 2 AMG geregelt. Gemäß § 21 Abs. 4 AMG entscheidet bei Zweifeln über die Zulassungspflicht eines Arzneimittels die zuständige Bundesoberbehörde über den Status des betroffenen Arzneimittels. Das vorsätzliche Inverkehrbringen von Fertigarzneimitteln unter Verstoß gegen § 21 AMG stellt eine Straftat nach § 96 Nr. 5 AMG dar. Bei fahrlässigem Handeln liegt eine Ordnungswidrigkeit nach § 97 Abs. 1 AMG vor.
Cannabisprodukte finden bei unterschiedlichen Krankheiten medizinische Anwendung. Nach der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) kann für Patienten, die unter einer Therapie mit zugelassenen Arzneimitteln keine ausreichende Linderung von Symptomen wie Spastik, Schmerzen, Übelkeit oder Erbrechen haben, die Gabe von Cannabinoiden als individueller Therapieversuch erwogen werden, insbesondere in der Palliativmedizin. Mit dem am 10. März 2017 in Kraft getretenen Gesetz zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften hat der Gesetzgeber die Möglichkeiten zur Verschreibung von Cannabisarzneimitteln erweitert. Ärzte können nunmehr Cannabisblüten und Extrakte aus Cannabis mittels Betäubungsmittelrezept verordnen. Gleichzeitig hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eine Cannabisagentur eingerichtet. Die Cannabisagentur wird den Anbau von Cannabis zu medizinischen Zwecken in Deutschland steuern und kontrollieren. Nach § 13 Abs. 1 BtMG und der Anlage III zu § 1 BtMG kann Cannabis aus einem Anbau, der zu medizinischen Zwecken unter staatlicher Kontrolle erfolgt ist, sowie in Zubereitungen, die als Fertigarzneimittel zugelassen sind, ärztlich verschrieben werden. Dabei müssen die arznei- und betäubungsmittelrechtlichen Vorgaben einhalten werden. Eine Ausnahmeerlaubnis nach § 3 Abs. 2 BtMG ist für den Erwerb nicht mehr erforderlich. Nach § 13 Abs. 2 BtMG dürfen die so verschriebenen Betäubungsmittel ausschließlich in Apotheken und ausschließlich gegen Vorlage des ärztlichen Betäubungsmittelrezeptes abgegeben werden.
Neben den neuen Regelungen bleiben die bisherigen Therapie- und Verschreibungsmöglichkeiten für verschiedene Fertigarzneimittel, entweder mit dem natürlichen Wirkstoff THC oder mit dem vollsynthetischen Wirkstoff Nabilon oder mit dem halbsynthetischen Wirkstoff Dronabinol, bestehen, wobei die Wirkstoffe Nabilon und Dronabinol von Apotheken auch zur Herstellung von Rezepturarzneimitteln verwendet werden können. Allerdings besteht bei den Fertigarzneimitteln nach wie vor nur für ein Mundspray mit dem natürlichen Wirkstoff THC eine arzneimittelrechtliche Zulassung in Deutschland für die Therapie der mittelschweren bis schweren Spastik bei Erwachsenen mit Multipler Sklerose. Dieser Cannabisextrakt, bestehend aus einer Kombination von Tetrahydrocannabinol und Cannabidiol, kann in anderen Indikationen aber ebenso off-label verschrieben werden wie die Wirkstoffe Dronabinol und Nabilon. Gemeint ist damit, dass ein Arzneimittel gegen eine Krankheit eingesetzt wird, für die es vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) als zuständige deutsche Zulassungsbehörde keine Genehmigung hat. Denn es gibt keine Pflicht für die Hersteller von Arzneimitteln, für ein Arzneimittel in allen Ländern die gleiche Zulassung zu beantragen. Es kann daher vorkommen, dass ein Wirkstoff für eine bestimmte Krankheit in Deutschland nicht zugelassen ist, gleichwohl aber in einem anderen Land zur Behandlung eben dieser Krankheit eingesetzt wird. Es liegt dann in der Entscheidung und Verantwortung des behandelnden Arztes, ob er das Arzneimittel off-label verschreibt. Auf Dronabinol beruht ein Fertigarzneimittel, das in den USA und Kanada für die Indikationen Appetitlosigkeit bei Gewichtsverlust von AIDS-Patienten sowie Übelkeit und Erbrechen im Zusammenhang mit einer Chemotherapie von Krebspatienten zugelassen ist. Auf Nabilon beruht ein Fertigarzneimittel, das in Großbritannien, Spanien und Österreich für die Indikationen Anorexie und Kachexie bei AIDS-Patienten sowie als Antiseptikum bei Übelkeit und Erbrechen unter Zytostatika oder Bestrahlungstherapie im Zusammenhang mit einer Krebstherapie zugelassen ist. Beim off-label-use werden die Arzneimittel im Wege des Einzelimports gemäß § 73 Abs. 3 AMG in eine deutsche Apotheke verbracht und abgegeben. Die Wirkstoffe können aber auch als Ausgangsstoffe zur Herstellung von Rezepturarzneimitteln verwendet und dann aufgrund eines Betäubungsmittelrezepts abgegeben werden. Gemäß § 32 Abs. 6 SGB V besteht unter den genannten Voraussetzungen gegenüber der gesetzlichen Krankenkasse ein Anspruch auf Versorgung mit Cannabisprodukten.
Bei medizinischen Cannabisblüten handelt es sich um ein Rezepturarzneimittel, das aus importierten Cannabisblüten als Ausgangsstoff in der Apotheke hergestellt wird. Die Verschreibungshöchstmenge für Cannabisblüten beträgt unabhängig vom Gehalt einzelner Cannabinoide in der jeweiligen Cannabissorte 100g in 30 Tagen. Auf dem Rezept muss neben der Menge auch die Cannabissorte angegeben werden. Es können auch verschiedene Sorten mit unterschiedlichen THC-Gehalten gleichzeitig auf einem Rezept verschrieben werden. Wie auch sonst bei der Verschreibung von Betäubungsmitteln kann im begründeten Einzelfall durch Kennzeichnung mit dem Buchstaben A von der festgesetzten Höchstmenge abgewichen werden. Aktuell können ausschließlich aus dem Ausland (Niederlande, Kanada) importierte Cannabissorten verordnet werden. Alle 13 derzeit verfügbaren Sorten sind auf den Gehalt der Cannabinoide THC und CBD standardisiert. Der THC-Gehalt liegt zwischen 1% und 22%. Der CBD-Gehalt liegt zwischen 0,05% und 10,2%. CBD ist neben THC der bekannteste Wirkstoff der Hanfpflanze und unterliegt nicht den rechtlichen Beschränkungen wie THC. CBD ist nur schwach psychoaktiv wirksam und wirkt der THC-Wirkung entgegen. Durch seine antipsychotische Wirkung und die Hemmung des THC wirkt es durch Cannabiskonsum induzierten Psychosen sowie Schizophrenien entgegen. Die Cannabissorte mit dem höchsten Wirkstoffgehalt an THC ist derzeit Bedrocan. Grundsätzlich kann Cannabis inhaliert oder oral aufgenommen werden. Eine Inhalation ist durch Rauchen und Verdampfen mittels Vaporisator möglich. Der große Vorteil des Verdampfens liegt darin, dass keine potenziell schädigenden verbrannten Pflanzenmaterialien wie beim Rauchen eingeatmet werden. Je nach Aufnahmeform ist die Pharmakokinetik sehr unterschiedlich. Der Wirkeintritt beim Inhalieren ist deutlich schneller als bei der oralen Aufnahme. Dagegen ist die Wirkungsdauer bei der oralen Aufnahme deutlich länger als beim Inhalieren.
4. Apothekenpflichtige Arzneimittel (§ 43 AMG)
Das berufs- oder gewerbsmäßige Inverkehrbringen von apothekenpflichtigen Arzneimitteln für den Endverbraucher ist gemäß § 43 Abs. 1 S. 1 AMG den Apotheken vorbehalten. Wenn ein Arzt seinem Patienten ein Arzneimittel verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überlässt, stellt dies kein Inverkehrbringen dar. Anders verhält es sich, wenn das Arzneimittel an den Patienten abgegeben wird und dieser somit tatsächliche Verfügungsgewalt erlangt. Allerdings ist dann zu prüfen, ob diese Abgabe berufs- oder gewerbsmäßig erfolgt ist. Das ist nicht der Fall bei einer entgeltlichen oder unentgeltlichen Abgabe im Einzelfall. Eine wiederholten Abgabe zum Selbstkostenpreis kann bereits problematisch sein. Das Inverkehrbringen muss gemäß § 17 Abs. 1 ApBetrO grundsätzlich in der Apotheke erfolgen.
Apotheken- oder verschreibungspflichtige Arzneimittel dürfen aber nach Erteilung einer entsprechenden Erlaubnis gemäß § 11a ApoG durch inländische Apotheken auch im Wege des Versandhandels im Inland in den Verkehr gebracht werden. Die Auslieferung durch den Beförderungsdienstleister kann auch an eine Abholstation erfolgen. Ausgeschlossen vom Versandhandel sind allerdings Arzneimittel, die bestimmte Wirkstoffe gemäß § 17 Abs. 2b ApBetrO enthalten. Der Versandhandel aus anderen EU-Ländern an inländische Endverbraucher ist gemäß § 73 Abs. S. 1 Nr. 1a AMG nur von einer dazu berechtigten Apotheke zulässig. Die Arzneimittel müssen entsprechend den deutschen Vorschriften zum Versandhandel oder zum elektronischen Handel verschickt werden. Die Apotheke muss hierbei zum Versandhandel nach ihrem nationalen Recht, soweit es dem deutschen Apothekenrecht im Hinblick auf die Vorschriften zum Versandhandel entspricht, oder nach dem deutschen Apothekengesetz befugt sein. Hierzu veröffentlicht das Bundesministerium für Gesundheit in regelmäßigen Abständen eine Übersicht über die EU-Mitgliedstaaten und anderen EWR-Vertragsstaaten, in denen für den Versandhandel und den elektronischen Handel mit Arzneimitteln dem deutschen Recht vergleichbare Sicherheitsstandards bestehen. Apotheken aus anderen EU- bzw. EWR-Staaten, in denen diese Vergleichbarkeit derzeit nicht besteht, können eine Versandhandelserlaubnis nach dem deutschen Apothekengesetz beantragen. Diese sind gegebenenfalls im Versandapothekenregister des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information abrufbar.
Das Handeltreiben mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln außerhalb von Apotheken ist gemäß § 43 Abs. 1 S. 2 AMG verboten. Die Defintion des Handeltreibens im Arzneimittelrecht kann dem Betäubungsmittelrecht entnommen werden. Daher ist nicht erforderlich, dass das Handeln berufs- oder gewerbsmäßig oder wiederholt erfolgt. Voraussetzung ist aber entgegen der Gesetzesbegründung, dass eigennützig, also mit Gewinnerzielungsabsicht, gehandelt wird. Gemäß § 43 Abs. 3 AMG dürfen selbst frei verkäufliche Arzneimittel nur von Apotheken abgegeben werden, sofern dem Vorgang eine Verschreibung zugrunde liegt. Verstöße gegen § 43 AMG werden als Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten verfolgt. Das vorsätzliche oder fahrlässige Inverkehrbringen von apotheken- oder verschreibungspflichtigen Arzneimitteln unter Verstoß gegen § 43 Abs. 1 S. 1 AMG ist eine Ordnungswidrigkeit gemäß § 97 Abs. 2 Nr. 10 AMG. Bei apothekenpflichtigen Arzneimitteln gilt dies selbst dann, wenn unter Verstoß gegen § 43 Abs. 1 S. 2 AMG Handel getrieben wird. Das vorsätzliche oder fahrlässsige Handeltreiben mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln unter Verstoß gegen § 43 Abs. 1 S. 2 AMG ist gemäß § 95 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 4 AMG eine Straftat.
5. Verschreibungspflichtige Arzneimittel (§ 48 AMG)
Gemäß § 48 Abs. S. 1 AMG dürfen verschreibungspflichtige Arzneimittel nur bei Vorliegen einer ärztlichen Verschreibung an den Verbraucher abgegeben werden. Bei Betäbungsmitteln sind auch die Bestimmungen der BtMVV zu beachten. Eine Verschreibung per Telefax oder Email ist nicht ausreichend. Die Verschreibung muss dem Apotheker grundsätzlich zum Zeitpunkt der Abgabe körperlich oder in elektronischer Form vorliegen. Ausnahmsweise kann der Arzt den Apotheker aber in geeigneter Weise, insbesondere fernmündlich, über die Verschreibung und deren Inhalt unterrichten, sofern die Anwendung eines Arzneimittels gemäß § 4 Abs. 1 S. 1 AMVV keinen Aufschub erlaubt. Insoweit reichen schwere Schmerzzustände aus. Die Frage der Unaufschiebbarkeit wird allein durch den verschreibenden Arzt bewertet, nicht durch den Apotheker. Die Verschreibung ist gemäß § 4 Abs. 1 S. 3 AMVV unverzüglich nachzureichen. Ein Unterbleiben führt aber gleichwohl nicht zu einer Strafbarkeit nach § 96 Nr. 13 AMG. Unter den Voraussetzungen des § 129 SBG V darf der Apotheker ein preisgünstigeres Arzneimittel oder Arzneimittel in wirschaftlicheren Einzelmengen abgeben. Gemäß § 48 Abs. 1 S. 2 AMG darf eine Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln nicht erfolgen, wenn vor der Verschreibung offenkundig kein direkter Kontakt zwischen Arzt und Patient stattgefunden hat. Das gilt gemäß § 48 Abs. 1 S. 3 AMG nur dann nicht, wenn der Patient dem Arzt aus einem vorangegangenen direkten Kontakt hinreichend bekannt ist und es sich lediglich um die Wiederholung oder die Fortsetzung der Behandlung handelt. Grundlage für die Verschreibungspflicht ist die Anlage 1 zur AMVV. Ein Coffein-Paracetamol-Gemisch ist auch dann ein verschreibungspflichtiges Arzneimittel, wenn es als Streckmittel für Betäubungsmittel verkauft wird. Arzneimittel, die Pracetamol enthalten, sind aber von der Verschreibungspflicht ausgenommen, wenn sie der symptomatischen Behandlung mäßig bis starker Schmerzen und/oder Fieber beim Menschen dienen und eine Gesamtwirkstoffmenge von bis zu 10g je Packung nicht übersteigen. Die vorsätzliche Abgabe eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels unter Verstoß gegen § 48 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AMG ist eine Straftat gemäß § 96 Nr. 13 AMG. Bei fahrlässigem Handeln ist nur eine Ordnungswidrigkeit gemäß § 97 Abs. 1 AMG verwirklicht.
6. Handeltreiben mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln (§ 95 Abs. 1 Nr. 4 AMG)
Sildenafil ist ein Generikum des Arzneimittels Viagra und enthält den gleichen Wirkstoff. Sildenafil dient zur Behandlung von dauerhafter Impotenz und Erektionsstörungen bei Männern. Das Arzneimittel ist in den Dosierungen 50mg, 75mg und 100mg erhältlich und unterliegt in Deutschland der Verschreibungspflicht. Das Potenzmittel Sildenafil wird aber nicht nur von den gängigen legalen Herstellern unter Beachtung der arzneimittelrechtlichen Vorschriften vertrieben, sondern wird auch kostengünstig in Asien produziert und anschließend illegal über das Internet in Deutschland angeboten. Es hängt von der bestellten Menge ab, ob sich nicht nur der Verkäufer gemäß § 95 Abs. 1 Nr. 4 AMG, sondern auch der Erwerber wegen Handeltreiben strafbar macht. Andernfalls liegt nur eine Ordnungswidrigkeit gemäß § 97 Abs. 2 Nr. 8 AMG wegen Verstoßes gegen das Verbringungsverbot gemäß § 73 AMG vor. Der tateinheitlich mitverwirklichte Straftatbestand des Bannbruches gemäß § 372 Abs. 1 AO tritt im Wege der Subsidiarität zurück. Der Grundsatz nach § 21 OWiG, wonach die Straftat die Ordnungswidrigkeit verdrängt, wird durch § 372 Abs. 2 AO umgekehrt.
7. Verbringungsverbot (§ 73 AMG)
Für zulassungspflichtige Arzneimittel, die in Deutschland nicht verkehrsfähig sind, besteht gemäß § 73 Abs. 1 AMG grundsätzlich ein Verbringungsverbot. Zugelassene Arzneimittel aus einem Drittstaat bedürfen einer Einfuhrerlaubnis gemäß § 72 AMG. In § 73 Abs. 2 bis 5 AMG sind diverse Ausnahme vom Verbringungsverbot geregelt. Bei der Einreise nach Deutschland dürfen gemäß § 73 Abs. 2 Nr. 6 AMG Arzneimittel mitgeführt werden, sofern diese in einer dem üblichen persönlichen Bedarf entsprechenden Menge eingebracht werden. Als üblicher persönlicher Bedarf ist nach Auslegung der Obersten Landesgesundheitsbehörden in der Regel ein Bedarf von maximal drei Monaten, unter Berücksichtigung der Dosierungsempfehlungen, anzusehen. Außerdem dürfen Privatpersonen gemäß § 73 Abs. 2 Nr. 6a AMG Arzneimittel aus den Mitgliedsländern der EU oder anderen Vertragsstaaten des EWR für den ünlichen eigenen Bedarf beziehen, sofern diese Arzneimittel im Herkunftsland verkehrsfähig sind. Der Bezug darf aber nicht durch gewerbs- oder berufsmäßige Vermittlung ergfolgen. Der vorsätzliche oder fahrlässige Verstoß gegen § 73 Abs. 1 AMG wird gemäß § 97 Abs. 2 Nr. 8 AMG als Ordnungswidrigkeit verfolgt.
8. Unerlaubtes Verschreiben von Betäubungsmitteln (§§ 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 a, 13 Abs. 1 BtMG)
Gemäß § 13 Abs. 1 BtMG ist Anwendung von Betäubungsmitteln im Rahmen einer ärztlichen Behandlung grundsätzlich zulässig und dient der medizinischen Versorgung der Bevölkerung. Durch § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 a BtMG soll gewährleistet werden, das Betäubungsmittel der Anlage III zum BtMG nur dann verschrieben werden, wenn dies medizinisch begründet ist. Unter Verschreiben versteht man das Ausstellen eines Rezeptes über das Betäubungsmittel. Ein Rezept ist die persönlich von einem Arzt ausgestellte schriftliche Anweisung an einen Apotheker auf Abgabe eines bestimmten Betäubungsmittels an eine bestimmte Person. Zulässig ist auch ein Verabreichen oder Überlassen zum unmittelbaren Verbrauch. Insoweit dürfen auch entsprechend qualifizierte Hilfskräfte auf Anweisung des Arztes tätig werden. Eine Abgabe ist nicht erlaubt. Beim ärztlichen Umgang mit Diamorphin sind Sonderregeln zu beachten. Diamorphin darf nur zur Substitution und nur von den behandelnden Ärzten mit suchttherapeutischer Qualifikation in anerkannten Einrichtungen verschrieben und verwendet werden. Bei anderen Substitionsmitteln reicht es aus, wenn der Arzt die von den Ärztekammern festgelegten Mindestanforderungen hinsichtlich der suchttherapeutischen Qualifikation nachweisen kann. Diese besondere Qualifikation ist nur dann nicht erforderlich, wenn der Arzt nicht mehr als drei Patienten behandelt und einen Konsiliarius hinzuzieht. Das Verschreiben von Betäubungsmitteln der Anlagen I und II zum BtMG ist nicht erlaubt. Die Anwendung von Betäubungsmitteln darf immer nur ultima ration sein.
Eine ärztliche Behandlung setzt voraus, dass der Arzt im Rahmen seines Heilauftrages handelt. Es ist zulässig, neben der Betäubungsmittelabhängigkeit auch schwere Schmerzzustände mit Betäubungsmitteln zu behandeln. Ein ärztlicher Behandlungsauftrag umfasst aber keine sozialmedizinischen Maßnahmen, beispielsweise die Verhinderung von Beschaffungskriminalität. Eine Substitution muss daher, von bestimmten Ausnahmen abgesehen, immer die Wiederherstellung der Betäubungsmittelabstinenz zum Ziel haben. Der Arzt hat den Patienten zur Erstellung einer fundierten Diagnose eingehend zu untersuchen. Durch die Untersuchung soll auch ausgeschlossen werden, dass ein süchtiger Patient durch Vortäuschen von Krankheitssymptomen versucht, den Arzt zur Ausstellung von unberechtigten Betäubungsmittelrezepten zu veranlassen. Eine ärztliche Begründetheit kann auch bei Verfahren außerhalb der Schulmedizin vorliegen. Grundsätzlich gilt die Freiheit der Methodenwahl. Erst bei eindeutiger Überschreitung des vom Arzt zu verantwortenden Risikobereichs ist eine Strafbarkeit gegeben. Ein Behandlungsfehler kann dann auch nicht durch die Einwilligung des Patienten aufgehoben werden. Bei der medizinisch begründeten Anwendung von Betäubungsmitteln ist ein Behandlungsplan einschließlich der erforderlichen Dosierungsanweisung mit einem klaren Therapieziel aufzustellen. Der Fortgang der Therapie ist ständig zu überwachen und zu dokumentieren. Bei drogenabhängigen Patienten müssen Vorkehrungen getroffen werden, um einem theoretischen Missbrauch entgegen zu wirken. Die Anwendung der Betäubungsmittel hat zu diesem Zweck unter Aufsicht zu erfolgen. Vor dem Hintergrund der möglichen missbräuchlichen Verwendung von Fentanyl-Pflastern sollte die Neuverschreibung grundsätzlich von der Rückgabe der gebrauchten Pflaster abhängig gemacht werden. Außerdem sollte der Ablauf der Reichdauer bereits bei der Ausstellung des jeweiligen Rezeptes notiert werden. Allgemein sind weiterhin die Beschränkungen der BtMVV zu beachten. Durch die BtMVV soll die Verfahrensqualität gesichert werden. Die grundsätzlich zulässigen Höchstmengen sind in § 2 Abs. 1a BtMVV geregelt. Bei den zur Substitution zugelassenen Betäubungsmitteln sind die zulässigen Höchstmengen aufgrund der Toleranzentwicklung der Patienten in einem Bereich, der für nicht suchtkranke Personen tödlich wäre. Unabhängig von den zulässigen Höchstmengen muss immer die konkret beim Patienten angewendete Menge ärztlich begründet sein. Bei der Substition sind insbesondere die §§ 5, 5a, 5b BtMVV von Bedeutung. Bei der Ausstellung eines Betäubungsmittelrezeptes gelten die §§ 8, 9 BtMVV. Unter Substitution versteht man gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 BtMVV die Anwendung eines ärztlich verschriebenen Betäubungsmittels zur Behandlung einer Opiatabhängigkeit mit dem Ziel der schrittweisen Wiederherstellung der Betäubungsmittelabstinenz einschließlich Besserung und Stabilisierung des Gesundheitszustandes. In Bayern hat die Landesregierung bislang keine Verordnung als Ermächtigungsgrundlage für die Erteilung einer Erlaubnis zum Betrieb eines Drogenkonsumraums erlassen. Allerdings wird in München die Heroinverschreibung an Opiatabhängige im Rahmen einer Modellprojektstudie erprobt.
Für die Überwachung des Betäubungsmittelverkehrs bei Ärzten ist die jeweilige Arzneimittelüberwachungsbehörde zuständig. In München ist dies das Referat für Gesundheit und Umwelt der Landeshauptstadt München als Kreisverwaltungsbehörde. Jeder Teilnehmer am Betäubungsmittelverkehr hat Duldungs-, Mitwirkungs- und Auskunftspflichten. Eine Auskunft kann nicht unter Berufung auf die im Berufsrecht fixierte ärztliche Schweigepflicht verweigert werden. Im Strafverfahren gilt dagegen grundsätzlich die ärztliche Schweigepflicht. Soweit die dem Arzt anvertrauten Tatsachen trotz eines laufenden Strafverfahrens noch als geheim gemäß § 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB einzustufen sind, kann eine Offenbarung nach § 34 StGB gerechtfertigt sein, wenn und soweit dies zur Abwendung der Gefahr einer unbegründeten strafrechtlichen Verfolgung erforderlich ist. In der Regel werden die Ermittlungsbehörden jedoch ohnenhin bemüht sein, eine Erklärung über die Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht beim Patienten einzuholen. Dies könnte jedoch dann scheitern, wenn sich auch der Patient strafbar gemacht hat. Bei der unbegründeten Verschreibung von Betäubungsmitteln kann die zuständige Arzneimittelüberwachungsbehörde dem Arzt die weitere Teilnahme am Betäubungsmittelverkehr untersagen. Der Erlass einer kostenpflichtigen verwaltungsrechtlichen Anordnung kann durch eine entsprechende Unterlassungserklärung abgewendet werden.
Bei der Verschreibung von Fentanyl-Pflastern kann es sehr schnell zu einem Verstoß gegen § 13 Abs. 1 BtMG und damit zu einer Strafbarkeit nach § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 6a BtMG kommen. In der Regel hat ein Fentanyl-Pfaster eine Reichdauer von 3 Tagen. Wenn der Arzt nun 10 Fentanyl-Pflaster verordnet, ergibt sich somit eine Reichdauer von 30 Tagen. Den Ablauf der Reichdauer sollte der Arzt nicht nur dem Patienten mitteilen, sondern auch in der Krankenakte vermerken. Andernfalls könnte ein Patient den Arzt möglicherweise bereits vor Ablauf der Reichdauer dazu veranlassen, eine neues Rezept auszustellen, wenn der Arzt in der Hektik des Praxisalltags nicht bemerkt, dass die Reichdauer bei der Neuverschreibung unterschritten wird und es hierdurch zu einer medizinisch nicht begründeten Mehrverordnung kommt. Auch beim vorzeitigen Ausstellen eines Betäubungsmittelrezeptes, beispielsweise wegen eines geplanten Auslandsaufenthaltes des Patienten, muss immer auf die Gesamtreichdauer geachtet werden. In diesem Zusammenhang ist weiterhin zu berücksichtigen, dass das Mitführen von Betäubungsmitteln ins Ausland gesonderten Vorschriften unterliegt. So wird im Schengener Raum eine Bestätigung des zuständigen Gesundheitsamtes nach Art. 75 SDÜ benötigt. Bei anderen Zielen ist die jeweilige Landesvertretung wegen der insoweit geltenden Vorschriften zu befragen. Allerdings setzt das unerlaubte Verschreiben von Betäubungsmitteln zumindest bedingten Vorsatz voraus. Fahrlässigkeit ist gemäß § 29 Abs. 4 BtMG nicht strafbewehrt. Bei einem Verstoß gegen § 29 Abs. 1 S. 1 Abs. 6 a BtMG drohen dem Arzt unter Umständen auch berufsrechtliche Folgen. Denkbar sind das Ruhen oder der Widerruf der Approbation. Möglich ist auch, dass die Kassenärztliche Vereinigung ein Disziplinarverfahren einleitet. Theoretische Sanktionen wären dann Verwarnung, Geldauflage oder das Ruhen der Kassenzulassung. Schließlich könnte auch die Krankenkasse Regressforderungen hinsichtlich der unbegründeteten Mehrverordnungen anmelden.
9. Unerlaubtes Verschreiben von Betäubungsmitteln (§§ 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 14, 13 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 BtMG, 2 Abs. 1a Nr. 7 BtmVV)
Nicht jeder Verstoß gegen die BtMVV ist strafbewehrt. Eine Strafbarkeit nach den §§ 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 14 ist nur gegeben, soweit § 16 BtMVV für einen bestimmten Tatbestand auf diese Vorschrift verweist. Gemäß § 13 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 BtMG kann das Verschreiben von Betäubungsmitteln auf bestimmte Mengen beschränkt werden. Nach § 2 Abs. 1a Nr. 2a BtMVV beträgt die Höchstmenge bei Cannabisblüten innerhalb von 30 Tagen 100000mg. Für den Fall der Zuwiderhandlung verweist § 16 Nr. 2a BtMVV auf § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 14 BtMG. Wiederum ist allerdings zumindest bedingter Vorsatz erforderlich. In begründeten Einzelfällen darf der behandelnde Arzt gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 BtMVV aber von der festgesetzen Höchstmenge abweichen. Eine solche Verschreibung ist dann mit dem Buchstaben „A“ zu kennzeichnen. Wenn nun also ein Arzt 10 Fentanyl-Pflaster mit einer Gesamtbeladung von 350mg verordnet und den Ablauf der Reichdauer nicht überwacht, wäre bei einer unbegründeten Neuverschreibung vor Ablauf von 30 Tagen neben dem Verstoß gegen § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 6a BtMG wegen der Mehrverordnungen tateinheitlich auch ein Verstoß gegen § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 14 BtMG verwirklicht, da dann zwangsläufig auch die zulässige Höchstmenge von 500mg gemäß § 2 Abs. 1a Nr. 7 BtMVV überschritten wird.
10. Verabreichen, Überlassen, Abgabe, Erschleichen einer Verschreibung (§§ 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 6a, 6b, 7a, 9, 13 Abs. 1, 1a, 2 BtMG)
Das unerlaubte Überlassen von Betäubungsmitteln an ambulant versorgte Palliativpatienten ist in den §§ 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 6a, 13 Abs. 1a BtMG geregelt. Die Vorschrift ist eine Privilegierung, die in ihrem Anwendungsbereich § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BtMG ausschließt. Eine Strafbarkeit erfordert Vorsatz. Fahrlässiges Handeln ist nicht strafbar.
Unter Verabreichen versteht man die unmittelbare Anwendung eines Betäubungsmittels am Körper des Patienten ohne dessen aktive Mitwirkung durch den Arzt oder dessen qualifizierte Hilfskräfte. Eine solche Fremdapplikation erfolgt insbesondere durch Eingeben von Tabletten oder Injizieren von flüssigen Substanzen. Nachdem beim Verabreichen keine neue Verfügungungsgewalt begründet wird, handelt es sich nicht um eine verbotene Abgabe. Im Rahmen der Substitution ist das Verabreichen von Diamorphin zwar grundsätzlich gemäß § 5 Abs. 9c BtMVV zulässig, wird aber nicht praktiziert. Es erfolgt wie bei den anderen Substitutionsmitteln regelmäßig eine Verbrauchsüberlassung. Hinsichtlich einer Strafbarkeit gemäß den §§ 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 b, 13 Abs. 1 BtMG gelten die gleichen Grundsätze wie beim Verschreiben. Allerdings obliegt es Hilfskräften nicht, zu überprüfen, ob die Verabreichung ärztlich begründet ist. Außerdem ist gemäß § 29 Abs. 4 BtMG auch fahrlässiges Handeln strafbar. Unter Überlassen zum unmittelbaren Verbrauch ist das Aushändigen einer Betäubungsmitteldosis durch den Arzt oder dessen Hilfskräfte zum sofortigen Verbrauch an Ort und Stelle zu verstehen. Die Eigenapplikation kann auch durch Injizieren einer Heroinlösung erfolgen. Wiederum wird keine neue Verfügungsgewalt begründet. Hinsichtlich einer Strafbarkeit gemäß den §§ 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 6b, 13 Abs. 1 BtMG gelten die gleichen Grundsätze wie beim Verabreichen.
Die unerlaubte Agbabe von Betäubungsmitteln in Apotheken ist in den §§ 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 a, 13 Abs. 2 BtMG geregelt. Unter Abgabe versteht man die Übertragung der tatsächlichen Sachherrschaft an einen anderen. Die Abgabe darf nur gegen Vorlage einer Verschreibung erfolgen. Der Apotheker muss prüfen, ob die Verschreibung wirksam ist. Die Prüfung bezieht sich auf die Frage, ob das Rezept gefälscht ist oder die Verordnung außerhalb des Fachbereichs des verschreibenden Arztes liegt. Auffälligkeiten ist weiter nachzugehen. Die medizinischen Begründetheit gehört aber nicht zum Prüfungsumfang. Eine Strafbarkeit setzt Vorsatz voraus. Fahrlässiges Handeln ist nicht strafbar.
Die Vorschift des § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 9 BtMG richtet sich gegen Drogensüchtige, die den Arzt durch Täuschung zur Ausstellung von Betäubungsmittelrezepten veranlassen. Beim Erschleichen einer Verschreibung gemäß kommt es nicht darauf an, ob die Verordnung medizinisch begründet ist. Das Delikt kann nur vorsätzlich verwirklicht werden. In der Regel besteht mit einem späteren unerlaubten Erwerb gemäß § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BtMG Tatmehrheit. Mit einem zu Lasten einer gesetzlichen Krankenkasse verwirklichten Betrug gemäß § 263 StGB besteht dagegen Tateinheit.
11. Antidopingrecht (AntiDopG)
Doping findet nicht nur im Spitzensport statt, sondern leistungssteigernde Substanzen werden in einem nicht
unerheblichen Ausmaß auch im Breiten- und Freizeitsport eingesetzt. Insbesondere unter Bodybuildern werden Dopingmittel ohne Rücksicht auf die Gesundheit konsumiert. Eine medizinische Indikation für die Anwendung der Dopingmittel besteht in der Regel nicht. Oftmals werden die Dopingmittel in Untergrundlaboren in Osteuropa oder China hergestellt und gelangen dann über den Internetversandhandel nach Deutschland. Allerdings versorgt auch die Pharmaindustrie den Markt mit Dopingmitteln, beispielsweise EPO oder Genotropin. Dopingmittel sind häufig Arzneimittel oder Wirkstoffe, die grundsätzlich dem Arzneimittelgesetz unterfallen. Gemäß § 81 AMG bleiben die Vorschriften des Antidopingsgesetztes von den Vorschriften des Arzneimittelgesetzes unberührt. Die Materien stehen daher zueinander in Tateinheit. Gleiches gilt für die Vorschriften des Betäubungsmittelgesetzes.
a. Handeltreiben mit Dopingmitteln (§§ 2 Abs. 1, 4 Abs. 1 Nr. 1 AntiDopG)
Testosteron ist ein verkehrsfähiges Arzneimittel, das in der Anlage zum Antidopingesetz aufgeführt ist. Dopingmittel stellen zwar regelmäßig verschreibungspflichtige oder bedenkliche Arzneimittel dar. Dopingmittel beschränken sich aber nicht auf Arzneimittel. Auch unterhalb der nicht geringen Menge gemäß Dopingmittel-Mengen-Verordnung (DMV) ist der Umgang mit Testosteron, insbesondere das Handeltreiben oder Inverkehrbringen gemäß den §§ 2 Abs. 1, 4 Abs. 1 Nr. 1 AntiDopG strafbewehrt, wenn der Umgang zum Zwecke des Dopings beim Menschen im Sport liegt.
Unter Doping versteht man den Versuch, eine unphysiologische Steigerung der Leistungsfähigkeit bei sportlichen Aktivitäten zu erzielen, also eine Steigerung, die nicht auf natürlichem Wege, etwas durch Training oder Ernährung, erfolgt. Dopingmittel sind auch Mittel, die dazu beitragen, Dopingkontrollen zu erschweren. Die beabsichtigte Verwendung des Dopingmittels muss auf eine Steigerung der Leistung im Zusammenhang mit sportlichen Aktivitäten abzielen. Nicht erforderlich es aber, dass die Leistungssteigerung auch tatsächlich eintritt. Eine Einnahme zur Leistungssteigerung liegt insbesondere vor, wenn mit dem Dopingmittel die körperlichen Kräfte oder die Ausdauer erhöht werden sollen. Darunter fällt auch die Stärkung des Muskelwachstums bei Bodybuildern. Dabei ist unerheblich, ob die beabsichtigte Leistungssteigerung auf sportliche Aktivitäten im Wettkampf, im Training oder in der Freizeit gerichtet ist. Nicht unter die Verbotsvorschrift fällt der Einsatz zur Verbesserung der geistigen Leistungsfähigkeit bei Prüfungen. Denn Sport erfordert eine körperliche Betätigung. Beim Einsatz zur therapeutischen Zwecken gibt es regelmäßig Beweisschwierigkeiten. Entscheidendes Kriterium für eine Strafbarkeit nach dem Antidopinggesetz beim Umgang mit Dopingmitteln ist daher der Verwendungszweck. Im Kraftsportbereich werden Dopingpräparate regelmäßig nicht vollständig unmittelbar eingenommen, sondern in Steroidkuren mit oftmals längeren Pausen aufgebraucht. Die Anwendung typischer, zu jeder Kur mit anabolen Steroiden gehörender Dopingwirkstoffe ist dabei mit erheblichen Nebenwirkungen verbunden, deren Ausgleich im Regelfall die Anwendung weiterer Arzneimittel (HCG, Clomifen, Tamoxifen) erfordert. Mit der Einnahme von Dopingmitteln sind erhebliche gesundheitliche Gefahren verbunden. Nebenwirkungen sind insbesondere Vergrößerung des Herzmuskels, Herzinfarkt, Gefäßerkrankungen, Leberschäden, Schwund von Steroid produzierenden Organen und Geweben, Ausbildung weiblicher Geschlechtsmerkmale, erektile Dysfunktion, psychische Veränderungen in Form einer Aggressivitätssteigerung oder Depression, Akne und Haarausfall. Während der Einnahme von anabolen Steroiden werden oftmals Aufzeichnungen angefertigt, um die Wirksamkeit zu überwachen, und anschließend zu Dokumentationszwecken aufbewahrt.
b. Besitz von Dopingmitteln in nicht geringer Menge (§§ 2 Abs. 3, 4 Abs. 1 Nr. 3 AntiDopG)
Nach § 2 Abs. 3 AntiDopG ist es verboten, ein Dopingmittel, das ein in der Anlage zum Antidopinggesetz aufgeführter Stoff ist oder einen solchen enthält, in nicht geringer Menge zum Zwecke des Dopings beim Menschen im Sport zu besitzen. Die verschiedenen Grenzwerte zur Bestimmung der nicht geringen Menge sind in der Dopingmittel-Mengen-Verordnung (DmMV) festgelegt. Eine Zusammenrechnung von Dopingmitteln mit verschiedenen Wirkstoffen, die für sich die Grenzwerte nicht übersteigen, ist nicht zulässig. Zuwiderhandlungen werden gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 3 AntiDopG bestraft. Ein weiteres entscheidendes Kriterium für eine Strafbarkeit nach dem Antidopinggesetz beim Umgang mit Dopingmitteln ist daher neben dem Verwendungszweck auch die Menge. Bei den anabolen Steroiden Nandrolon, Metandienon und Stanozolol handelt es sich um gegenwärtig in Deutschland nicht verkehrsfähige Arzneimittel, wobei Metandienon und Stanozolol wegen der unakzeptablen leberschädigenden Nebenwirkungen als bedenklich einzustufen sind. Das Wachstumshormon Somatropin ist dagegen genau wie Testosteron ein verkehrsfähiges Arzneimittel. Die nicht geringe Menge liegt gemäß Dopingmittel-Mengen-Verordnung für transdemale oder orale Darreichungsformen von Testosteron bei 1500mg (sonst: 632 mg), für Nandrolon bei 45mg, für Depot-Zubereitungen von Metandienon bei 100mg (sonst: 150mg), für Depot-Zubereitungen von Stanozolol bei 100mg (sonst: 150mg), für Somatropin bei 16mg, für Tamoxifen bei 600mg, für Clomifen bei 509mg und für Clenbuterol bei 2,1mg.
12. Besitz eines verbotenen Grundstoffs (§§ 19 Abs. 1 Nr. 1, 3 GÜG)
Obwohl das verschreibungspflichtige Arzneimittel Ephedrin der Erhöhung des Stoffwechselumsatzes dient und in Kraftsportkreisen häufig missbräuchlich zu Dopingzwecken konsumiert wird, ist es nicht in der Dopingmittel-Mengen-Verordnung gelistet. Der Besitz ist daher weder nach dem Arzneimittelgesetz noch nach dem Antidopinggesetz sanktioniert. Ephedrin kann jedoch auch zur Herstellung von Crystal verwendet werden. Ephedrin fällt daher in den Anwendungsbereich des Grundstoffüberwachungsgesetztes (GÜG). Nach den §§ 19 Abs. 1 Nr. 1, 3 GÜG ist es verboten, Ephedrin, sofern die Substanz zur unerlaubten Herstellung von Betäubungsmitteln verwendet werden soll, zu besitzen.
13. Handeltreiben mit neuen psychoaktiven Stoffen (§§ 3 Abs. 1, 4 Abs. Nr. 1 NpSG)
Neue psychoaktive Stoffe, im früheren Sprachgebrauch Designerdrogen, werden in einschlägigen Kreisen oftmals als Legal Highs bezeichnet. Das Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz (NpSG) enthält in Ergänzung zum einzelstofflichen Ansatz des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) eine Stoffgruppenregelung, um die Verbreitung von Legal Highs rechtlich effektiver bekämpfen zu können. Wenn ein den Stoffgruppen unterfallender Einzelstoff die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 BtMG erfüllt, erfolgt aber weiterhin eine Aufnahme in die Anlage II zum BtMG. Das NpSG ist dann unanwendbar. Beim Umgang mit einem solchen Stoff liegt dann ein Verstoß gegen § 29 Abs. 1 S. 1 BtMG vor. Wegen der unterschiedlichen Gefährlichkeit kann beim Umgang mit synthetischen Cannabinoiden der Grenzwert zur nicht geringen Menge für Tetrahydrocannabinol aber nicht herangezogen werden. Sofern die Stoffe Arzneimittelqualität haben, ist das NpSG ebenfalls unanwendbar. In der Regel wird es sich dann aber wegen der nicht unerheblichen Nebenwirkungen um bedenkliche Arzneimittel handeln, sodass ein Inverkehrbringen gemäß § 95 Abs. 1 Nr. 1 AMG strafbewehrt ist. Stoffe, deren Wirkungen sich auf eine schlichte Beeinflussung der physiologischen Funktionen beschränken, ohne dass sie geeignet wären, der menschlichen Gesundheit unmittelbar oder mittelbar zuträglich zu sein, die nur konsumiert werden, um einen Rauschzustand hervorzurufen, und die dabei gesundheitsschädlich sind, stellen nach der Rechtsprechung des EuGH aber keine Arzneimittel dar. Insoweit ist dann das NpSG anwendbar, sofern eine Aufnahme in den Stoffgruppen der Anlage zum NpSG erfolgt ist. Die derzeit in der Anlage gelisteten Stoffgruppen von neuen psychoaktiven Stoffen sind von 2-Phenethylamin abgeleitete Verbindungen, also mit Amfetamin verwandte Stoffe, und synthetische Cannabinoide. Die Herstellung neuer psychoaktiver Stoffe wird oftmals im Ausland, insbesondere China und Indien, durchgeführt. Der Vertrieb wird über das Internet vorgenommen. Sehr häufig handelt es sich bei neuen psychoaktiven Stoffen um synthetische Cannabinoide, die verharmlosend als Kräuter- oder Räuchermischungen beworben werden. Im Übrigen werden neue psychoaktive Substanzen auch gerne als Badesalze bezeichnet. Die Hersteller von Legal Hihgs verändern fortwährend deren chemische Zusammensetzung, um auf diese Art und Weise zu verhindern, dass der Umgang mit der Substanz strafbewehrt ist. Denn betäubungsmittelrechtliche Verbotsverfahren sind sehr zeitintensiv. Derartige Sustanzen konnten daher früher bis zu einer Aufnahme in den Anlagen zum BtMG mit geringfügigen Änderungen der chemischen Strukturen sanktionslos vertrieben werden, da zwischenzeitlich auch ein Rückgriff auf das AMG während der Übergangszeit durch die Rechtsprechung des EuGH erheblich erschwert worden ist. Selbst die Einführung von § 1 Abs. 3 BtMG, wodurch die Möglichkeit einer schnelleren Intervention geschaffen worden ist, konnte dem stetig wachsenden illegalen Markt nicht ausreichend entgegen wirken. Nachdem durch das NpSG nunmehr keine Einzelstoffe, sondern ganze Stoffgruppen verboten sind, ist eine Umgehung des gesetzlichen Umgangsverbots durch die Vornahme lediglich kleiner chemischer Veränderungen nicht mehr möglich. Der Umgang mit neuen psychoaktiven Stoffen ist gemäß § 3 Abs. 1 NpSG verboten. Die strafrechtlichen Sanktionen finden sich in § 4 NpSG wieder. Strafbewehrt sind das Handeltreiben, das Inverkehrbringen, das Herstellen und das Verbringen. Der Erwerb und der Besitz sind zwar verboten, aber straflos.