In diesem Beitrag informiert Fachanwalt Strafrecht München Volker Dembski über den Ablauf eines Bußgeldverfahrens wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit. Das Verfahren ist im Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) geregelt. Die Tatbestände und Rechtsfolgen finden sich in den §§ 49 StVO, 24, 25, 28 StVG, BKatV.
1. Verkehrsordnungswidrigkeiten (§ 49 StVO, § 24 StVG, BKat)
Die Verkehrsordnungswidrigkeit (Rotlichtverstoß, Abstandsunterschreitung, Geschwindigkeitsüberschreitung, Handyverstoß, etc.) ist von der Verkehrsstraftat (Straßenverkehrsgefährdung, Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort, Trunkenheit im Verkehr, etc.) zu unterscheiden. Wer eine Verkehrsstraftat verwirklicht, wird mit Strafe belegt. Bei einer Verkehrsordnungswidrigkeit droht lediglich ein Bußgeld. Dieses hat keine Sühnefunktion, sondern versteht sich als spürbarer Pflichtappell. Bei Uneinbringlichkeit des Bußgeldes kann Erzwingungshaft angeordnet werden. Allerdings kann es auch zur Verhängung eines Fahrverbots und zur Eintragung von Punkten im Fahreignungsregister kommen. Ergeben sich im Rahmen der Ermittlungen durch die Verwaltungsbehörde Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Straftat, ist die Sache an die Staatsanwaltschaft abzugeben. Umgekehrt gibt die Staatsanwaltschaft die Sache an die Verwaltungsbehörde ab, wenn die Ermittlungen in Richtung auf die Straftat eingestellt werden und der Verdacht für eine Verkehrsordnungswidrigkeit bestehen bleibt. Um eine möglichst gleichmäßige Ahndung zu erreichen, ist für Verkehrsordnungswidrigkeiten ein bundeseinheitlicher Bußgeldkatalog geschaffen worden. Der Bußgeldkatalog orientiert sich nicht an den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen und stellt daher nur eine Orientierungshilfe für die Gerichte dar, die jeweils den konkreten Einzelfall zu bewerten haben. Jedenfalls bei nicht geringfügigen Ordnungswidrigkeiten können die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen bei der Bemessung der Geldbuße berücksichtigt werden. Ein Abweichen vom Regelsatz ist durch das Gericht zu begründen. In diesen Fällen bleibt hinsichtlich einer Eintragung in das Verkehrszentralregister jedoch der im Bußgeldkatalog vorgesehen Regelsatz maßgebend.
2. Verfolgungsverjährung (§§ 31 Abs. 2, 33 OWiG, 26 Abs. 3 StVG)
Die Verfolgungsverjährung ist von der Vollstreckungsverjährung gemäß § 34 OWiG zu unterscheiden. Grundsätzlich richtet sich die Verfolgungsverjährung von Ordnungswidrigkeiten gemäß § 31 Abs. 2 OWiG nach der Höhe der Bußgeldandrohung. Bei Verkehrsordnungswidrigkeiten ist zusätzlich § 26 Abs. 3 StVG zu beachten. Bei Verstößen gegen § 24 StVG gilt bis zum Erlass des Bußgeldbescheides eine dreimonatige Verjährungsfrist, danach beträgt die Verjährungsfrist sechs Monate. Bei Verstößen gegen § 24a StVG gilt bei Fahrlässigkeitstaten gemäß § 31 Abs. 2 Nr. 3 eine einjährige Verjährungsfrist, bei Vorsatztaten gemäß § 31 Abs. 2 Nr. 2 eine zweijährige Verjährungsfrist. Die Verjährung kann durch verschiedene Ereignisse unterbrochen werden, insbesondere gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 1 OWiG durch die erste Vernehmung des Betroffenen, die Bekanntgabe, dass gegen ihn das Ermittlungsverfahren eingeleitet ist, oder die Anordnung dieser Vernehmung oder Bekanntgabe. Diese Unterbrechungsalternativen gelten alternativ, nicht kumulativ. Die Übersendung eines Anhörungsbogens unterbricht die Verjährung jedoch nicht, sofern nicht klar ist, ob der Adressat als Betroffener oder Zeuge gehört wird. Allerdings wird die Verjährung auch bei unrichtiger Anschrift unterbrochen, da eine erfolgreiche Vollziehung der Anhörung nicht erforderlich ist. Gleiches gilt für die falsche Schreibweise des Vor- oder Nachnamens, wenn der Betroffene individuell bestimmbar ist. Der Verwarngeldzettel hinter der Windschutzscheibe kann jedoch nicht gleichzeitig als Aufforderung gewertet werden, für den Fall der Nichtannahme eine schriftliche Stellungnahme abzugeben, d. h. die Verjährung der Verkehrsordnungswidrigkeit wird nicht unterbrochen. Weitere Unterbrechungsereignisse sind unter anderem gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 2 OWiG richterliche Vernehmungen oder deren Anordnung, gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 4 OWiG Beschlagnahme- oder Durchsuchungsanordnungen, gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 9 OWiG der Erlass des Bußgeldbescheides und gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 11 OWiG jede Anberaumung einer Hauptverhandlung durch das Amtsgericht. Nach jeder Unterbrechungshandlung beginnt gemäß § 33 Abs. 3 S. 1 OWiG eine neue Verjährungsfrist zu laufen, die Verfolgung verjährt gemäß § 33 Abs. 3 S. 3 OWiG jedoch spätestens, wenn das doppelte der gesetzlichen Verjährungsfrist, mindestens jedoch zwei Jahre, verstrichen sind. Die Verjährung wird gemäß § 33 Abs. 4 S. 1 OWiG jedoch nur demjenigen gegenüber unterbrochen, auf den sich konkrete Handlung bezieht.
3. Verwarnung (§ 56 OWiG)
Bei einer Verkehrsordnungswidrigkeit findet das Opportunitätsprinzip Anwendung, d. h. die Verfolgung liegt gemäß § 47 OWiG im pflichtgemäßen Ermessen der Verwaltungsbehörde. Bei geringfügigen Verkehrsordnungswidrigkeiten kann gemäß § 56 Abs. 1 OWiG verwarnt und ein Verwarnungsgeld von fünf bis fünfundfünzig Euro erhoben werden. Es ist jedoch auch möglich, eine Verwarnung ohne Verwarnungsgeld zu erteilen. Kosten (Gebühren und Auslagen) werden bei der Verwarnung gemäß § 56 Abs. 3 OWiG nicht erhoben. Die Verwarnung ist gemäß § 56 Abs. 2 OWiG nur wirksam, wenn der Betroffene nach Belehrung über sein Weigerungsrecht mit ihr einverstanden ist und das Verwarnungsgeld entweder sofort oder innerhalb einer zu bewilligenden Frist bezahlt. Nach wirksamer Verwarnung kann die Tat gemäß § 56 Abs. 4 OWiG nicht mehr als Verkehrsordnungswidrigkeit verfolgt werden. Bei Verwirklichung einer Verkehrsordnungswidrigkeit, die sich nicht durch Verwarnung erledigt, kann gegen den verantwortlichen Fahrer im Bußgeldbescheid neben einer Geldbuße auch ein Fahrverbot verhängt werden. Außerdem droht weiterhin die Eintragung von Punkten im Fahreignungsregister in Flensburg.
4. Fahrverbot (§ 25 StVG)
Bei Verwirklichung einer Verkehrsordnungswidrigkeit nach § 24 StVG kann gegen den Betroffenen gemäß § 25 Abs. 1 S. 1 StVG im Bußgeldbescheid neben einer Geldbuße auch ein Fahrverbot von bis zu drei Monaten verhängt werden, wenn dieser die Pflichten eines Kraftfahrzeugführers grob oder beharrlich verletzt hat. Bei einer Verkehrsordnungswidrigkeit nach § 24 a StGV ist das Fahrverbot gemäß § 25 Abs 1. S. 1 StVG in der Regel anzuordnen. Weiterhin droht die Eintragung von Punkten im Fahreignungsregister in Flensburg. In § 4 Abs. 1 BKat ist geregelt, wann die Anordnung eines Fahrverbots wegen grober Pflichtverletzung in Betracht kommt. Wird ausnahmsweise von einem Fahrverbot abgesehen, so soll nach § 4 Abs. 4 BKat die Geldbuße angemessen erhöht werden. Die Regelbeispiele im Bußgeldkatalog haben lediglich Indizwirkung, d. h. die gesetzliche Vermutung kann widerlegt werden. Handelt es sich beispielsweise um ein Augenblicksversagen und damit um leichte Fahrlässigkeit, ist der erforderliche Grad des gesteigerten subjektiven Handlungsunwertes nicht gegeben. Liegt eine grobe pflichtwidrige Katalogtat vor, ist zu prüfen, ob das Fahrverbot erforderlich und angemessen ist. An der Erforderlichkeit fehlt es, wenn die erzieherische Wirkung auf den Betroffenen bereits durch Verhängung einer erhöhten Geldbuße erreicht werden kann. Ein erforderliches Fahrverbot ist dann nicht angemessen, wenn für den Betroffenen Folgen entstehen würden, die ihn unzumutbar belasten würden und deshalb außer Verhältnis zum beabsichtigten Zweck stünden. Folgen, die typischerweise mit einem Fahrverbot verbunden sind, haben jedoch außer Betracht zu bleiben. Bei Selbständigen und Freiberuflern ist beispielsweise von einem Fahrverbot abzusehen, wenn hierdurch eine ernsthafte Gefährdung für den Fortbestand des Unternehmens entsteht. Dies gilt allerdings nur dann, wenn die Gefahr nicht durch zumutbare Maßnahmen anderweitig abgewendet werden kann. Eine beharrliche Pflichtverletzung liegt nur dann vor, wenn die wiederholte Begehung zeigt, dass dem Betroffenen die rechtstreue Gesinnung und die notwendige Einsicht in zuvor begangenes Unrecht fehlt. Gemäß § 4 Abs. 2 S. 2 BKatV kommt ein Fahrverbot in der Regel in Betracht, wenn gegen den Führer eines Kraftfahrzeugs wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung von mindestens 26 km/h bereits eine Geldbuße rechtskräftig festgesetzt worden ist und er innerhalb eines Jahres seit Rechtskraft der Entscheidung eine weitere Geschwindigkeitsüberschreitung von mindestens 26 km/h begeht. Voreintragungen haben jedoch lediglich Indizwirkung für die Annahme der Beharrlichkeit. Ein Fahrverbot wird gemäß § 25 Abs. 2 S. 1 StVG mit Eintritt der Rechtskraft wirksam und vollstreckt sich ab diesem Zeitpunkt von selbst. Der Lauf der Fahrverbotsfrist beginnt gemäß § 25 Abs. 5 S. 1 StVG jedoch erst dann, wenn der Führerschein in amtliche Verwahrung gelangt. In die Verbotsfrist wird jedoch gemäß § 25 Abs. 5 S. 2 StVG die Zeit nicht eingerechnet, in der sich der Verurteilte auf behördliche Anordnung in einer Anstalt befunden hat. Der Fristablauf ruht während der Zeit des Freiheitsentzuges. Vollzugslockerungen können den Lauf der Verbotsfrist wieder in Gang setzen. Wenn der Führerschein im Ermittlungsverfahren sichergestellt oder beschlagnahmt worden ist, kann die bis zur Rechtskraft verstrichene Zeit gemäß § 25 Abs. 6 S. 1 StVG ausreichen, um das Fahrverbot durch Anrechnung zu tilgen. Wenn der Führerschein nicht in amtliche Verwahrung gegeben werden kann, weil er verloren gegangen ist, muss der Vollstreckungsbehörde der Verlust nachgewiesen werden. Die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung gemäß § 25 Abs. 4 S. 1 StVG ist jedoch erst nach erfolgloser Durchsuchung und nur auf Antrag des Rechtspflegers zulässig. Dies kann dazu führen, dass die Verbotsfrist erst längere Zeit nach Eintritt der Rechtskraft zu laufen beginnt. Wenn der Führerschein nicht in amtliche Verwahrung gegeben werden kann, weil die Fahrerlaubnis zwischenzeitlich vorläufig entzogen und daher der Führerschein beschlagnahmt worden ist, beginnt die Verbotsfrist gemäß § 25 Abs. 2 S. 1 StVG mit der Rechtskraft des Fahrverbots, es sei denn, die Schonfrist gemäß § 25 Abs. 2a StVG findet Anwendung. In einem solchen Fall ist es für den Beginn der Verbotsfrist ausreichend, wenn der Betroffene der Vollstreckungsbehörde nach Eintritt der Rechtskraft der Bußgeldentscheidung mitteilt, dass sich der Führerschein bei einer anderen Behörde in amtlicher Verwahrung befindet und ab welchem Zeitpunkt innerhalb der Viermonatsfrist das Fahrverbot wirksam werden soll. Bei Wiederholungstätern sind mehrere Fahrverbote, die aufgrund von mehreren Verkehrsordnugnswidrigkeiten verhängt worden sind, unabhängig vom Eintritt der Rechtskraft immer nacheinander zu vollstrecken. Eine Parallelvollstreckung ist daher nicht möglich. Dies gilt auch für Kombinationen von Fahrverboten nach § 25 Abs. 1 StVG und § 44 StGB. Das Amtsgericht Viechtach ist in Bayern zuständig für sämtliche gerichtliche Entscheidungen gegen Bescheide, die sich mit der Zulässigkeit der Vollstreckung von Fahrverboten der zentralen Bußgeldstelle Viechtach befassen.
5. Fahreignungsregister (§ 28 StVG)
Bei Verwirklichung einer Verkehrsordnungswidrigkeit gemäß § 49 StVO kann gegen den verantwortlichen Fahrer im Bußgeldbescheid gemäß § 65, 66 OWiG neben einer Geldbuße auch ein Fahrverbot verhängt werden. Außerdem droht weiterhin die Eintragung von Punkten im Fahreignungsregister beim Kraftfahrtbundesamt in Flensburg. Das Fahreignungsregister wird gemäß § 28 Abs. 1 StVG beim Kraftfahrt-Bundesamt in Flensburg geführt. Es können gemäß § 28 Abs. 3 Nr. 3 StVG Verkehrsordnungswidrigkeiten und gemäß § 28 Abs. 3 Nr. 1 StVG Verkehrsstraftaten sowie gemäß § 28 Abs. 3 Nr. 2 StVG Führerscheinmaßnahmen eingetragen werden. Nicht eingetragen werden jedoch Verkehrsordnungswidrigkeiten, die lediglich mit einer Verwarnung geahndet worden sind. Das gilt auch für Überschreitungen der Lenk- und Ruhezeiten sowie für Verstöße, die im Ausland begangen und dort geahndet worden sind. Wenn eine Verkehrsordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße in Höhe von mindestens EUR 60,- geahndet worden ist, erfolgt eine Eintragung, sofern sich der Verstoß unmittelbar auf die Verkehrssicherheit ausgewirkt hat. Derartige Verstöße sind in der Fahrerlaubnisverordnung abschließend aufgezählt. Verstöße gegen Umweltzonen, Sonntagsfahrverbote und Kennzeichenvorschriften werden daher unabhängig von der Höhe des verhängten Bußgeldes nicht mit Punkten belegt. Bei den Verkehrsstraftaten werden wegen der besonderen Schwere des Verstoßes immer eingetragen: Verkehrsunfallflucht gemäß § 142 StGB, Fahren ohne Fahrerlaubnis gemäß § 21 StVG, Trunkenheit im Verkehr gemäß § 316 StGB, Straßenverkehrseingriff § 315b StGB, Straßenverkehrsgefährdung gemäß § 315c StGB. Bestimmte Verkehrsstraftaten werden nur dann eingetragen, wenn ein Fahrverbot angeordnet worden ist. Hierzu zählen: Nötigung gemäß § 240 StGB, fahrlässige Tötung gemäß § 222 StGB, unterlassene Hilfeleistung § 323c StGB, Kennzeichenmissbrauch § 22 StVG, Vollrausch gemäß § 323a StGB. Im Übrigen werden Verkehrsstraftaten unabhängig vom Strafmaß nicht eingetragen. Die einzutragende Punktezahl richtet sich gemäß Anlage 13 zu § 40 FeV nach der Schwere der Tat. Für einfache Verkehrsordnungswidrigkeiten wird ein Punkt eingetragen. Bei groben Verkehrsordnungswidrigkeiten mit Regelfahrverbot kommt es zur Eintragung von zwei Punkten. Für Verkehrsstraftaten ohne Fahrerlaubnisentzug werden zwei Punkte eingetragen, ansonsten drei. Bei mehreren tateinheitlich begangenen Verkehrsverstößen wird nur das schwerste Delikt mit Punkten belegt. Bei Tatmehrheit werden alle Delikte mit Punkten geahndet. Je nach Schwere des Verkehrsverstoßes werden Punkte gemäß § 29 StVG nach Ablauf einer bestimmten Tilgungsfrist automatisch gelöscht. Bei einfachen Verkehrsordnungswidrigkeiten beträgt die Tilgungsfrist zweieinhalb Jahre. Bei groben Verkehrsordnungswidrigkeiten mit Regelfahrverboten und Verkehrsstraftaten ohne Fahrerlaubnisentzug beträgt die Tilgungsfrist fünf Jahre. Die Tilgungsfrist beginnt mit dem Datum der Rechtskraft. Bei Verkehrsstraftaten mit Fahrerlaubnisentzug beträgt die Tilgungsfrist zehn Jahre. Die Tilgungsfrist beginnt mit der Wiedererteilung der Fahrerlaubnis, spätestens jedoch fünf Jahre nach Rechtskraft. Für Eintragungen vor dem 01.05.2014 gelten weiterhin die bisherigen Tilgungsbestimmungen. Tritt für eine alte Eintragung Tilgungsreife ein, wird der alte Punktestand nach der Tilgung neu ermittelt und nach einem festgelegten Schema umgestellt.
Gegen Fahrerlaubnisinhaber, die wiederholt Verkehrszuwiderhandlungen begangen haben, kann die Führerscheinstelle Maßnahmen ergreifen. Bei einem Punktestand von einem bis drei Punkten kommt es gemäß § 4 Abs. 4 StVG zu einer Vormerkung ohne weitergehende Maßnahme oder Benachrichtigung durch die Fahrerlaubnisbehörde. Bei Eintragung von vier oder fünf Punkten erfolgt gemäß § 4 Abs. 5 S. Nr. 1 StVG eine gebührenpflichtige Ermahnung. Außerdem wird gemäß § 4 Abs. 5 S. 2 StVG auf die Möglichkeit eines Punkteabbaus durch freiwillige Teilnahme an einem Fahreignungsseminar und die weiteren Stufen des Bewertungssystems hingewiesen. Bei einem Punktestand von einem bis fünf Punkten kann gemäß § 4 Abs. 7 StVG einmal in fünf Jahren ein Punkt abgebaut werden. Das Fahreignungsseminar besteht aus verkehrspädagogischen und verkehrspsychologischen Komponenten. Die Kosten belaufen sich auf etwa EUR 400,-. Bei Eintragung von sechs oder sieben Punkten erfolgt gemäß § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 StVG eine gebührenpflichtige Verwarnung. Ein Punkteabbau ist in dieser Stufe nicht mehr möglich. Ab Eintragung von acht Punkten wird die Fahrerlaubnis gemäß § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 3 StVG entzogen. Eine neue Fahrberechtigung darf gemäß § 4 Abs. 10 S. 1 StVG frühestens nach Ablauf von sechs Monaten erteilt werden, sofern der Betroffene gemäß § 4 Abs. 10 S. 4 StVG seine Fahreignung durch eine erfolgreich absolvierte medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) nachgewiesen hat. Für das Entstehen von Punkten gilt das Tattagprinzip, sofern es später zu einer rechtskräftigen Ahndung kommt. Neben dem allgemeinen Fahreignungs-Bewertungssystem gemäß § 4 StVG, das für alle Fahrerlaubnisinhaber gilt, gibt es für Fahranfänger zusätzliche Regelungen und eigene Maßnahmen.
6. Anhörungsbogen (§ 55 OWiG)
Wenn den Ermittlungsbehörden im Zusammenhang mit der Begehung einer Verkehrsordnungswidrigkeit nur das Fahrzeug mit dem dazugehörigen amtlichen polizeilichen Kennzeichen bekannt ist, nicht aber der verantwortlicher Fahrer, wird zunächst der Fahrzeughalter ermittelt. Dieser erhält dann gemäß § 55 OWiG einen Anhörungsbogen. Aus der Haltereigenschaft alleine darf aber nicht ohne weiteres auf die Fahrereigenschaft geschlossen werden. Anders verhält sich dies nur, wenn durch Umfeldermittlungen der Polizei weitere Indizien festgestellt werden können. Macht der Fahrzeughalter von seinem Schweigerecht Gebrauch und kann der Fahrer nicht ermittelt werden, droht gemäß § 31 a StVZO die Verhängung einer Fahrtenbuchauflage.
7. Fahrtenbuchauflage (§ 31 StVZO)
Denn die Verwaltungsbehörde kann gemäß § 31 a StVZO einem Fahrzeughalter die Führung eines Fahrtenbuches auferlegen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war. Der Fahrzeughalter ist nicht zwingend identisch mit der Person, auf die das Fahrzeug zugelassen ist. Denn die Haltereigenschaft geht auf die Person über, die das Fahrzeug wirtschaftlich unterhält und darüber verfügt. Der Unmöglichkeit der Fahrerermittlung gemäß § 31a Abs. 1 S. 1 StVZO steht es gleich, wenn der Fahrer erst nach Eintritt der Verfolgungsverjährung ermittelt werden kann. Unmöglich ist die Feststellung aber nur dann, wenn die Verwaltungsbehörde ohne Ermessensfehler eine Entscheidung über die Durchführung von sachgerechten Ermittlungsmaßnahmen getroffen hat. Wenn der Fahrzeughalter jedoch die ihm zumutbare Mitwirkung verweigert, sind regelmäßig keine weiteren Maßnahmen durch die Verwaltungsbehörde veranlasst. Nach der Rechtsprechung ist es dem Fahrzeughalter zumutbar, Personen, denen gegenüber er ein Zeugnisverweigerungsrecht hat, namhaft zu machen. Erforderlich ist jedoch, dass dem Fahrzeughalter in zeitlichem Zusammenhang mit dem Verkehrsverstoß die Möglichkeit zur Mitwirkung eingeräumt worden ist. Dies gilt nur dann nicht, wenn die zeitliche Verzögerung für die Nichtermittlung nicht kausal geworden ist. Das ist beispielsweise der Fall bei der Vorlage von Lichtbildern zum Zwecke der Identifizierung des Fahrers, da hier nicht das Erinnerungsvermögen, sondern das Erkenntnisvermögen betroffen ist. Die Anordnung, ein Fahrtenbuch zu führen, ist nur dann gerechtfertigt, wenn ein erheblicher Verkehrsverstoß vorliegt oder wiederholte Zuwiderhandlungen gegen Verkehrsvorschriften gegeben sind. Von einem erheblichen Zuwiderhandeln ist jedenfalls dann auszugehen, wenn der Verkehrsverstoß zu einer Eintragung von wenigstens drei Punkten im Fahreignungsregister geführt hätte. Bei einer erstmaligen Verfehlung sollte die Anordnung jedoch zunächst gebührenfrei angedroht werden. Der Nachweis einer konkreten Wiederholungsgefahr ist keine notwendige Voraussetzung einer Fahrtenbuchauflage. Die Auflage kann gemäß § 31a Abs. 1 S. 2 StVZO auch auf Ersatzfahrzeuge erstreckt werden. Unter bestimmten Umständen ist die Anordnung sogar in Richtung auf die Gesamtheit eines Fuhrparks zulässig. Gemäß § 31a Abs. 2 StVZO hat der Fahrzeughalter oder sein Beauftragter im Fahrtenbuch für ein bestimmtes Fahrzeug und für jede einzelne Fahrt Beginn, Fahrzeugführer und Ende einzutragen. Die Anordnung der Führung eines Fahrtenbuchs ist zu befristen, damit der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt ist. Das Fahrtenbuch ist gemäß § 31a Abs. 3 StVZO sechs Monate nach Ablauf der Zeit, für die es geführt werden muss, aufzubewahren. Verstöße gegen eine Fahrtenbuchauflage können als Ordnungswidrigkeiten (§§ 31a, 69 StVZO; § 24 StVG; 190 BKat; TBNR 331980, 331986, 331992) geahndet werden.
8. Einspruch gegen Bußgeldbescheid (§ 67 OWiG)
Wenn der verantwortliche Fahrer zum Tatzeitpunkt ermittelt werden kann, ergeht gegen diesen ein Bußgeldbescheid durch die zuständige Verwaltungsbehörde gemäß den §§ 65, 66 OWiG. Innerhalb von zwei Wochen nach dessen Zustellung im Sinne von § 51 OWiG kann gegen den Bußgeldbescheid Einspruch nach § 67 Abs. 1 OWiG eingelegt werden. Wenn das Ende der Frist auf einen Samstag, Sonn- oder Feiertag fällt, kann der Einspruch gemäß den § 46 Abs. 1 OWiG, §§ 42, 43 StPO noch bis zum Ablauf des nächsten Werktages eingelegt werden. Bei Fristversäumung kann gemäß § 52 OWiG ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand angebracht werden. Der Einspruch kann gemäß § 67 Abs. 2 OWiG auf einzelne Taten oder bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt werden. Ist der Einspruch nicht rechtzeitig, nicht in der vorgeschriebenen Form oder sonst unwirksam eingelegt worden, so verwirft ihn die Verwaltungsbehörde gemäß § 69 Abs. 1 OWiG als unzulässig. Gegen diesen Bescheid ist innerhalb von zwei Wochen nach dessen Zustellung gemäß § 62 OWiG ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung zulässig. Ist der Einspruch zulässig, so prüft die Verwaltungsbehörde gemäß § 69 Abs. 2 OWiG, ob sie den Bußgeldbescheid aufrechterhält oder zurücknimmt. Zu diesem Zweck kann sie weitere Ermittlungen anordnen oder selbst vornehmen sowie von Behörden und sonstigen Stellen die Abgabe von Erklärungen über dienstliche Wahrnehmungen, Untersuchungen und Erkenntnisse verlangen. Dem Betroffenen kann Gelegenheit gegeben werden, sich innerhalb einer zu bestimmenden Frist dazu zu äußern, ob und welche Tatsachen und Beweismittel er im weiteren Verfahren zu seiner Entlastung vorbringen will. Wenn die Verwaltungsbehörde den Bußgeldbescheid nicht als unzulässig verwirft oder zurücknimmt, übersendet sie die Akten gemäß § 69 Abs. 3 OWiG über die Staatsanwaltschaft an das Amtsgericht.
9. Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht (§ 68 OWiG)
Zuständig für die Entscheidung über den Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid ist gemäß § 68 Abs. 1 OWiG das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Verwaltungsbehörde ihren Sitz hat. Im Verfahren gegen Jugendliche und Heranwachsende ist gemäß § 68 Abs. 2 OWiG der Jugendrichter zuständig. Auch das Gericht kann den Einspruch gegen den Bußgeldbescheid gemäß § 70 OWiG als unzulässig verwerfen, soweit dies von der Verwaltungsbehörde verabsäumt worden ist. Gegen diesen Beschluss ist die sofortige Beschwerde zulässig. Hält das Gericht eine Hauptverhandlung nach § 71 OWiG für nicht erforderlich, so kann es gemäß § 72 OWiG durch Beschluss entscheiden, wenn der Betroffene und die Staatsanwaltschaft nicht innerhalb von zwei Wochen nach förmlicher Zustellung eines entsprechenden Hinweises widersprechen. Der Widerspruch bedarf keiner besonderen Form und kann auch unter Bedingungen erteilt werden. Bei Fristversäumung kann gegen den Beschluss innerhalb von einer Woche nach dessen Zustellung gemäß § 52 OWiG ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand angebracht werden. Ansonsten kann gegen den Beschluss die Rechtsbeschwerde gemäß den §§ 79, 80 OWiG zulässig sein. Bestimmt das Gericht aufgrund Einspruches gegen einen Bußgeldbescheid einen Hauptverhandlungstermin im Sinne von § 71 OWiG ist der Betroffene gemäß § 73 Abs. 1 OWiG zum Erscheinen verpflichtet. Das Gericht kann einen Antrag auf Terminsverlegung wegen Verhinderung nicht ohne nähere Prüfung rechtsfehlerfrei zurückweisen. Das Gericht entbindet den Betroffenen gemäß § 73 Abs. 2 OWiG auf seinen Antrag hin von der Verpflichtung zum Erscheinen, wenn dieser sich zur Sache geäußert oder erklärt hat, dass er sich in der Hauptverhandlung nicht zur Sache einlassen werde, und seine Anwesenheit zur Aufklärung wesentlicher Gesichtspunkte des Sachverhalts nicht erforderlich ist. Wenn es um Identifizierungsfragen geht, wird die Anwesenheit regelmäßig notwendig sein. Der Antrag auf Entbindung ist frist- und formlos. Hat das Gericht den Betroffenen von seiner Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen entbunden, so kann er sich gemäß § 73 Abs. 3 OWiG durch einen schriftlich bevollmächtigten Verteidiger vertreten lassen. Bleibt der Betroffene ohne genügende Entschuldigung aus, obwohl er von der Verpflichtung zum Erscheinen nicht entbunden war, hat das Gericht den Einspruch gemäß § 74 Abs. 2 OWiG ohne Verhandlung zur Sache durch Urteil zu verwerfen, sofern der Betroffene hierüber in seiner Ladung ordnungsgemäß belehrt worden ist. Gegen dieses Urteil kann gemäß § 74 Abs. 4 OWiG innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand angebracht werden. Ein Verstoß gegen § 74 Abs. 2 OWiG kann auch im Wege der Rechtsbeschwerde mit der Verfahrensrüge geltend gemacht werden. Das Gericht bestimmt gemäß § 77 OWiG unter Berücksichtigung der Amtsaufklärungspflicht den Umfang der Beweisaufnahme. Unter bestimmten Voraussetzungen kann gemäß § 77 a OWiG eine vereinfachte Art der Beweisaufnahme durchgeführt werden. Gegen das Urteil des Gerichts kann die Rechtsbeschwerde gemäß den §§ 79, 80 OWiG zulässig sein.
10. Rechtsbeschwerde zum Oberlandesgericht (§§ 79, 80 OWiG)
Gegen gerichtliche Beschlüsse und Urteile bayerischer Amtsgericht ist die Rechtsbeschwerde zum Oberlandesgericht Bamberg gemäß § 79 OWiG unter anderem dann zulässig, wenn gegen den Betroffenen eine Geldbuße von mehr als EUR 250,- verhängt oder eine Nebenfolge angeordnet worden sind, es sein denn, dass es sich um eine Nebenfolge vermögensrechtlicher Art handelt, deren Wert auf nicht mehr als EUR 250,- festgesetzt worden ist. Ansonsten ist gegen ein Urteil die Rechtsbeschwerde gemäß § 80 OWiG nur zulässig, wenn sie auf entsprechenden Antrag hin zugelassen worden ist. Die Rechtsbeschwerde wird aber nur zugelassen, wenn es geboten ist, die Nachprüfung des Urteils zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen, oder das Urteil wegen Versagung rechtlichen Gehörs aufzuheben. Allerdings gibt es daneben noch weitere Zulässigkeitsvoraussetzungen. Die Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde und Zulassungsbeschwerde beträgt gemäß §§ 79 Abs. 3, 80 Abs. 3 OWiG, 341 StPO eine Woche. Die Frist beginnt gemäß § 79 Abs. 4 OWiG mit der Verkündung des Urteils, bei Abwesenheit mit der Zustellung der Entscheidung. Beginnend mit dem Ablauf der Einlegungsfrist ist die Rechtsbeschwerde gemäß §§ 79 Abs. 3, 80 Abs. 3 OWiG, 344 StPO innerhalb eines Monats durch einen Rechtsanwalt zu begründen, sofern bis zu diesem Zeitpunkt die Entscheidungsgründe schon zugestellt worden sind. Neben den Anträgen sind Sachrügen und/oder Verfahrensrügen zu erheben. Die Sachrüge kann auch nur allgemein angebracht werden. An die Erhebung einer Verfahrensrüge werden strenge Anforderungen gestellt. Das Rechtsbeschwerdegericht entscheidet gemäß § 79 Abs. 5 OWiG durch Beschluss, wenn nicht ausnahmsweise eine Hauptverhandlung stattfindet.
11. Verkehrsordnungswidrigkeit in Österreich
In Österreich gibt es keinen Bußgeldkatalog. Einfache Verkehrsverstöße mit Tatort in Österreich werden im Rahmen eines abgekürzten Verwaltungsstrafverfahrens mittels Organmandat, Anonym- oder Strafverfügung geahndet. Bei schwerwiegenderen Zuwiderhandlungen kommt das ordentliche Verwaltungsstrafverfahren zur Anwendung. Hier wird der Beschuldigte zunächst angehört. Danach entscheidet die Behörde, ob ein mündliches oder schriftliches Verfahren durchgeführt wird. Eine Anonymverfügung ist an den Halter gerichtet, ohne dass diesem hierdurch eine Beschuldigteneigenschaft zuteil wird. Aus diesem Grund kann auch keine Vollstreckung eingeleitet werden. Sofern der geforderte Strafbetrag innerhalb von vier Wochen bezahlt wird, hat sich der Vorgang ohne Nachteil für den Halter erledigt. Ein Rechtsbehelf ist gegen die Anonymverfügung nicht statthaft. Für den Fall der Nichtzahlung wird ein Verfahren zur Ermittlung des Lenkers eingeleitet. Die Behörde kann vom Halter Auskunft darüber verlangen, wer dessen Fahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt geführt hat. Ein Aussage- oder Zeugnisverweigerungsrecht besteht nicht. Zuwiderhandlugen werden mit Geldbußen geahndet. Gegen eine Strafverfügung kann binnen zwei Wochen nach Zustellung Einspruch eingelegt werden. Sofern keine Einstellung verfügt, sondern ein Straferkenntnis ausgesprochen wird, kann der Beschuldigte innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung Berufung einlegen. Diese hat aufschiebende Wirkung. Es wird dann das ordentliche Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet. Dem Inhaber einer deutschen Fahrerlaubnis, der keinen Hauptwohnsitz in Österreich hat, kann zwar nicht die Lenkberechtigung entzogen werden, es kann aber für einen bestimmten Zeitraum das Recht aberkannt werden, in Österreich ein Kraftfahrzeug zu führen. Dieses Fahrverbot hat in Deutschland jedoch keine Wirkung. Bei bestimmten Verkehrsverstößen erfolgen vor der Entziehung der Lenkberechtigung zunächst Vormerkungen im Register und es werden behördliche Maßnahmen angeordnet. Zwischen Deutschland und Österreich besteht ein Staatsvertrag über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen. Auf Grundlage dieser Regelung wird durch die Bundesländer Vollstreckungshilfe zum Zwecke der Beitreibung von Geldforderungen geleistet. Urkunden und Schriftstücke können direkt an den Betroffenen per Post übersandt werden.