Nachfolgend informiert Fachanwalt Strafrecht München Volker Dembski über die Strafbarkeit des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln gemäß den §§ 29, 29a, 30, 30a BtMG.
1. Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (§ 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BtMG)
Handeltreiben gemäß § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BtMG ist jedes eigennützige Bemühen, das darauf gerichtet ist, den Umsatz von Betäubungsmitteln zu ermöglichen oder zu fördern. Es handelt sich nicht um ein Erfolgsdelikt, sondern um ein Unternehmensdelikt. Unter Eigennutz versteht man das Streben nach persönlichem Vorteil. Ein immaterieller Gewinn muss aber objektiv messbar sein. Der Verwendungszweck von Betäubungsmitteln kann sich aus der Menge und der Art der Verpackung ergeben. Dagegen ist der bloße Konsum von Betäubungsmitteln straflos, soweit eine andere Form des Umgangs, insbesondere des Erwerbs oder Besitzes, nicht nachgewiesen werden kann. Auch die Entgegennahme von Betäubungsmitteln zum unmittelbaren Verbrauch ohne Verfügungsgewalt unterfällt keinem Straftatbestand. Um möglichst lückenlos alle Begehungsformen zu erfassen, wird der Begriff des Handeltreibens von der Rechtsprechung sehr weit ausgelegt. Erfasst werden Handlungen, die weit im Vorfeld des eigentlichen Umsatzgeschäftes liegen, diese nur als Hilfstätigkeiten begleiten oder ihnen im Rahmen des Geldflusses nachfolgen. Sobald eine Tathandlung das straflose Vorbereitungsstadium verlassen hat, bleibt für eine Versuchsstrafbarkeit wenig Raum. Als vollendetes Handeltreiben wird bereits die Erkundigung nach Lieferquellen und das Auskundschaften potenzieller Abnehmer bestraft. Erforderlich sind aber ernsthafte und verbindliche Bemühungen. So reicht das Präparieren eines Kraftfahrzeugs für unbestimmte künftige Schmuggelfahrten nicht aus. Grundsätzlich werden auch unterstützende Tätigkeiten als Handeltreiben bewertet. Insbesondere bei Kurierdiensten ist aber eine Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme, die zwingend zu einer Strafmilderung führt, vorzunehmen. Kriterien sind insoweit der Grad des Eigeninteresses am Taterfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft. Im Betäubungsmittelstrafrecht sind maßgebliche Anhaltspunkt hierfür der Einfluss auf die Bestimmung von Art und Menge der zu transportierenden Betäubungsmittel, die Mitbestimmungsmöglichkeit über Zeit und Ort der Übernahme und die Nähe zum Umsatzgeschäft. Eine geringe Entlohnung steht der Annahme einer Beihilfehandlung nicht entgegen. Das bloße Dulden von Betäubungsmittelgeschäften in der Wohnung stellt keine täterschaftliche Hilfe des Inhabers zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln dar. Eine Strafbarkeit wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln setzt eine Garantenstellung des Wohnungsinhabers voraus, die in der Regel nicht vorliegt. Der Begriff des Handeltreibens fasst alle Teilakte vom Erwerb bis zum Absatz, sofern sie sich auf dasselbe Rauschgift beziehen, zu einer Bewertungseinheit zusammen, d. h. der Tatbestand wird in diesem Fall nicht mehrfach verwirklicht.
2. Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG)
Sobald die Wirkstoffmenge der Betäubungsmittel die nicht geringe Menge erreicht, ist der Verbrechenstatbestand
gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG mit erhöhtem Strafrahmen verwirklicht.Wegen der unterschiedlichen Gefährlichkeit
kann beim Umgang mit synthetischen Cannabinoiden der Grenzwert zur nicht geringen Menge für Tetrahydrocannabinol aber nicht herangezogen werden. Die Grenzwerte für eine nicht geringe Menge werden von der Rechtsprechung unter Berücksichtigung von Beschaffenheit, Wirkungsweise und Gefährlichkeit bei den einzelnen Betäubungsmitteln unterschiedlich bestimmt. Heroin: 1,5 g Heroinhydrochlorid; Methadon: 3 g Levomethadonhydrochlorid oder 6 g Methadonhydrochlorid; Subutex: 450 g Buprenorphinhydrochlorid; Opium: 6 g Morphinhydrochlorid; Morphin: 4,5 g Morphinhydrochlorid; Kokain: 5 g Kokainhydrochlorid; Speed: 10 g Amphetamin-Base; Crystal-Speed: 5 g Metamphetamin-Base; Ecstasy: 35 g MDE-Hydrochlorid oder 30 g MDMA-Base; LSD: 6 mg Lysergsäurediäthylamid; GHB: 200 g Natrium-Gamma-Hydroxybutyrat; Diazepam: 2400 g Diazepam; Pilze: 1,2 g Psilocin oder 1,7 g Psilocybin; Khat: 30 g Cathinon; Cannabis: 7,5 g Tetrahydrocannabinol. Bei verschiedenen Betäubungsmittelarten werden die Bruchteile der Grenzwerte der jeweiligen nicht geringen Menge zusammengezählt. Werden Betäubungsmittel sowohl zum Weiterverkauf als auch zum Eigenkonsum erworben, richtet sich die rechtliche Einordnung nach den Einzelmengen. Bei einer Verurteilung wegen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln muss der Wirkstoffgehalt grundsätzlich exakt bestimmt werden. Je nach Wirkstoffgehalt kann das Rauschgift von schlechter, durchschnittlicher oder guter Qualität sein. Außerdem wird über den Wirkstoffgehalt überprüft, ob das Betäubungsmittel die Grenze zur nicht geringen Menge überschreitet. Der Wirkstoffgehalt wird durch einen Toxikologen mittels chemischer Analyse festgestellt. Zu diesem Zweck sind möglichst gleichmäßige und umfassende Probeentnahmen vorzunehmen. Wenn mangels Sicherstellung von Betäubungsmitteln eine chemische Analyse ausscheidet, muss anhand der insoweit relevanten und festgestellten Tatumstände (Preis, Herkunft, Konsumentenerfahrungen) eine Mindestqualität zugrunde gelegt werden. Ist auch eine Mindestqualität nicht ermittelbar, ist nach dem Zweifelsgrundsatz von dem für den Täter günstigsten Mischverhältnis auszugehen. Neben dem Wirkstoffgehalt sind auch Angaben zur Gesamtmenge des Betäubungsmittels erforderlich.
3. Gewerbsmäßiges Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (§ 29 Abs. 3 Nr. 1 BtMG)
Das gewerbsmäßige Handeltreiben mit Betäubungsmitteln gemäß § 29 Abs. 3 Nr. 1 BtMG stellt keinen selbständigen Qualifikationstatbestand wie das bewaffnete Handeltreiben dar, sondern ist eine widerlegbare Strafzumessungsregel mit nicht abschließenden Regelbeispielen. Gewerbsmäßiges Handeltreiben ist anzunehmen, wenn sich der Täter durch den wiederholten Absatz eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang verschaffen will. Es genügt bereits eine Tat, wenn sie auf einem auf Wiederholung gerichteten Willen beruht und dieser Wille auf mehrere Handlungen im natürlichen Sinn ausgerichtet ist. An der Wiederholungsabsicht fehlt es, wenn eine von vornherein feststehende Gesamtmenge in Teilakten ausgeliefert wird. Die Einnahmen brauchen nicht die Haupteinnahmequelle sein, ein Nebenerwerb genügt. Die Gewinnerwartung muss sich auch nicht realisieren. Gewinnsucht und übersteigertes Erwerbsstreben ist nicht erforderlich. Geldwerte Vermögensvorteile, also auch die Ersparung von Aufwendungen, reichen aus. Trotz der Mindeststrafe von einem Jahr ändert sich der Deliktscharakter nicht, d. h. die Straftat bleibt ein Vergehen.
4. Bandenmäßiges Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (§§ 30 Abs. 1 Nr. 1, 30a Abs. 1 BtMG)
Beim bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln gemäß §§ 30 Abs. 1 Nr. 1 BtMG ist ein Zusammenschluss von mindestens drei Personen erforderlich, die sich mit dem Willen verbunden haben, künftig für eine gewisse Dauer mehrere selbständige und im Einzelnen noch ungewisse Straftaten des im Gesetz genannten Deliktstyps zu begehen. Käufer und Verkäufer können grundsätzlich keine Bande begründen, da es an der gemeinsamen Interesslage fehlt. Die Bandenabrede kann ausdrücklich oder konkludent getroffen werden. Eine Bande kann auch aus einem Täter und zwei Gehilfen bestehen. Die Bandenmitglieder müssen sich nicht persönlich kennen. Um das Tatbestandsmerkmal der Mitwirkung zu erfüllen, ist es nicht notwendig, dass die Bandenmitglieder das Betäubungsmitteldelikt örtlich und zeitlich zusammen begehen. Einem am Tatort nicht anwesenden Bandenmitglied ist die Tat aber nur dann als Mittäter zuzurechnen, wenn er einen entsprechenden Tatbeitrag leistet. Wenn mit einer nicht geringe Menge Betäubungsmittel Handel getrieben wird, findet gemäß § 30a Abs. 1 BtMG ein erhöhter Strafrahmen Anwendung.
5. Bestimmen eines Minderjährigen zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (§ 30a Abs. 2 Nr. 1 BtMG)
Wenn eine Person über einundzwanzig Jahren einen Minderjährigen zum Umgang mit Betäubungsmitteln bestimmt, findet unabhängig von der Menge gemäß § 30a Abs. 2 Nr. 1 BtMG ebenfalls ein erhöhter Strafrahmen Anwendung.
6. Bewaffnetes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG)
Die Vorschrift des § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG schützt neben der Volksgesundheit Leib und Leben derer, die mit dem Täter aus Anlass des Rauschgifthandels in Berührung kommen. Zum geschützten Personenkreis gehören daher auch Polizeibeamte. Beim bewaffneten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge ist Voraussetzung, dass der Täter eine Schusswaffe oder sonstige Gegenstände mit sich führt, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen bestimmt und geeignet sind. Der Waffenbegriff im Strafrecht ist nicht identisch mit dem des Waffenrechts. Das Waffenrecht, welches im Waffengesetz (WaffG) geregelt ist, dient jedoch als Orientierungshilfe. Unter Waffe im Sinne des Strafrechts versteht man einen Gegenstand, der nach seiner objektiven Beschaffenheit bei bestimmungsgemäßer Verwendung geeignet ist, erhebliche Verletzungen herbeizuführen. Zu den Waffen im Sinne des Waffenrechts zählen Schusswaffen, technische Waffen und gekorene Waffen. Im Betäubungsmittelstrafrecht gehören technische Waffen und gekorene Waffen zu den sonstigen gefährlichen Gegenständen. Jedoch können auch weitere Gegenstände, insbesondere Gebrauchsgegenstände, ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sein. Schusswaffen sind ihrer Art nach zur Verletzung von Personen und geeignet und bestimmt. Gleiches gilt für technische und gekorene Waffen. Bei Gebrauchsgegenständen, sofern sie nach ihrer objektiven Beschaffenheit zur Verletzung von Menschen geeignet sind, kann sich eine entsprechende subjektive Bestimmung aus den äußeren Umständen ergeben. Anhaltspunkte sind Ort und Art der Aufbewahrung sowie konkrete Verwendungsmöglichkeit. Grundsätzlich ist auch ein kleines Taschenmesser objektiv zur Verletzung geeignet. Je weniger jedoch der waffenähnliche Charakter des Gegenstandes hervortritt, desto höher sind die Anforderungen an die Zweckbestimmung. Schusswaffen sind Gegenstände, bei denen Geschosse durch einen Lauf getrieben werden. Gaspistolen sind nur dann Schusswaffen, wenn die Gase mit der Bewegungsrichtung nach vorne verschossen werden. Insoweit sind der strafrechtliche und waffenrechtliche Waffenbegriff deckungsgleich. Schreckschusspistolen mit Austrittsöffnung nach vorne waren zwar schon immer Schusswaffen im Sinne des Waffenrechts, strafrechtlich scheiterte eine Einordnung als Waffe aber früher an der fehlenden Bestimmung, erhebliche Verletzungen bei anderen Personen herbeizuführen. Gleiches gilt für Schusswaffen, bei denen die Antriebsenergie durch kalte Treibgase, Luft- oder Federdruck erzeugt wird. Im Betäubungsmittelstrafrecht wurde diese Art von Waffen allerdings schon immer als Schusswaffe eingestuft. Zwischenzeitlich wurde der strafrechtliche Waffenbegriff von der Rechtsprechung auch für geladene Schreckschusswaffen aufgrund des häufigen Einsatzes im Zusammenhang mit der Begehung von Straftaten entsprechend angepasst. Scheinwaffen sind keine Schusswaffen. Sie können bei objektiver Eignung als Schlagwerkzeug und entsprechender Bestimmung durch den Täter allenfalls einen sonstigen gefährlichen Gegenstand darstellen. Bei einer Schusswaffe ist zudem erforderlich, dass sie einsatzfähig ist. Defekte Waffen erfüllen dieses Kriterium demnach nicht. Die Waffe muss aber nicht geladen sein, da eine Verwendung im Betäubungsmittelstrafrecht zur Tatbestandserfüllung nicht erforderlich ist. Es reicht daher aus, wenn geeignete Munition griffbereit ist und die Waffe unschwer und ohne erheblichen Zeitverlust geladen werden kann. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn der Täter die Munition in der Kleidung mit sich führt. Waffen im technischen Sinn sind tragbare Gegenstände, die ihrem Wesen nach dazu bestimmt sind, die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen zu beseitigen oder herabzusetzen, insbesondere Hieb- und Stoßwaffen. Das sind Gegenstände, die unter Ausnutzung von Muskelkraft Verletzungen herbeiführen können. Hierzu zählen unter anderem Schlagstöcke, Schlagringe und Gummiknüppel. Elektroimpulsgeräte, Reizstoffsprühgeräte und Flammenwerfer sind ebenfalls geborene Waffen. Gekorene Waffen sind tragbare Gegenstände, die ohne dafür bestimmt zu sein, insbesondere wegen ihrer Beschaffenheit, Handhabung oder Wirkungsweise geeignet sind, die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen zu beseitigen oder herabzusetzen. Hierzu gehören bestimmte Messer, insbesondere Butterflymesser und Springmesser. Die meisten technischen und gekorenen Waffen sind verboten. Das Mitführen erfordert, dass der Täter einen entsprechenden Gegenstand gebrauchsbereit bei sich hat und sich dieses Umstandes bewusst ist. Für die Gebrauchsbereitschaft ist es nicht erforderlich, dass der Gegenstand am Körper getragen wird. Griffweite reicht aus. Je ferner die Gefahr des Einsatzes eines Gegenstandes liegt, desto höher sind die Anforderungen an das Verfügungsbewusstsein. Schusswaffen, technischen und gekorenen Waffen werden typischerweise zur Verletzung von Personen verwendet. Anders verhält sich dies bei Gebrauchsgegenständen. Es ist nicht erforderlich, dass der Täter den Gegenstand während des gesamten Geschehens mit sich führt. Es genügt, dass er ihm zu irgendeinem Zeitpunkt während des Tathergangs zur Verfügung steht. Es reicht also aus, wenn während des Streckens, Portionierens oder Vorrätighaltens der Betäubungsmittel zugleich eine Schusswaffe oder ein sonstiger gefährlicher Gegenstand verfügbar gehalten wird. Die vom gemeinsamen Tatplan getragene Bewaffnung eines Mittäters kann den anderen Tätern zugerechnet werden.