Nachfolgend informiert Fachanwalt Strafrecht München Volker Dembski über verschiedene Delikte beim unerlaubten Umgang mit Betäubungsmitteln gemäß § 29 BtMG.
1. Betäubungsmittel (§ 1 BtMG)
In § 29 Abs. 1 S. 1 BtMG werden unterschiedliche Begehungsweisen beim Verkehr mit Betäubungsmitteln unter Strafe gestellt. Ziel des Betäubungsmittelgesetzes ist es, die medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen und zugleich dem Missbrauch von Betäubungsmitteln entgegenzuwirken. Der Zweck betäubungsmittelrechtlicher Strafnormen liegt überwiegend im Schutz der Volksgesundheit. Betäubungsmittel sind gemäß § 1 Abs. 1 BtMG alle diejenigen Stoffe und Zubereitungen, die in den Anlagen I bis III zu § 1 BtMG aufgeführt sind. Sofern ein neuer Einzelstoff die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 BtMG erfüllt, erfolgt eine Aufnahme in die Anlage I bis III zum BtMG. Das Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz (NpSG) enthält in Ergänzung zum einzelstofflichen Ansatz des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) eine Stoffgruppenregelung, um die Verbreitung von Legal Highs rechtlich effektiver bekämpfen zu können. Nach der Rechtsprechung des EuGH kann bei Substanzen, die nicht unter das BtMG oder das NpSG fallen, in der Regel nicht mehr auf das Arzneimittelgesetz (AMG) zurückgegriffen werden. Das gilt jedoch nicht für die Partydroge Gamma-Butyrolacton (GBL). Der Umgang mit Dopingmitteln ist im Anti-Doping-Gesetz (AntiDopG) geregelt. Soweit Betäubungsmittel verschreibungsfähig sind, wird der Verkehr mit solchen Betäubungsmitteln in der BtMVV geregelt. Der Umgang mit Betäubungsmitteln kann außerdem durch eine Erlaubnis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte legalisiert werden. Die Straftatbestände des BtMG, AMG und AntiDopG stehen zueinander in Tateinheit. Das NpSG ist dagegen nicht auf Betäubungsmittel anwendbar. Wer Betäubungsmittel anbaut oder herstellt, erwirbt zwar durch Realakt Eigentum an den Betäubungsmitteln, kann das Eigentum aber wegen § 134 BGB nicht übertragen, da beim Drogengeschäft im Inland nicht nur das Verpflichtungsgeschäft, sondern auch das Verfügungsgeschäft unwirksam ist. Im Ausland kann an Betäubungsmitteln allerdings Eigentum erworben werden, die dann auch taugliches Objekt für einen Diebstahl gemäß § 242 BGB oder einen Raub gemäß § 250 BGB sein können. Ein Betrug gemäß § 263 BGB ist beim Drogengeschäft hingegen trotz der Verbotsvorschriften des BtMG immer möglich.
2. Handeltreiben (§ 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BtMG)
Unter Handeltreiben gemäß § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BtMG versteht man jedes eigennützige Bemühen, das darauf gerichtet ist, den Umsatz von Betäubungsmitteln zu ermöglichen oder zu fördern. Eigennutz ist das Streben nach persönlichem Vorteil. Werden Betäubungsmittel zum Selbstkostenpreis verkauft, liegt ein Veräußern gemäß § 29 Abs. 1 S. Nr. 1 BtMG vor. Wenn es an der Entgeltlichkeit fehlt, liegt eine Abgabe gemäß § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BtMG vor. Wenn es zudem an der Übertragung der tatsächlichen Gewalt zur freien Verfügung fehlt, weil der Täter das Betäubungsmittel unmittelbar am oder im Körper des Empfängers anwendet oder dem Empfänger in verbrauchgerechter Menge zum sofortigen Verbrauch überlasst, liegt ein Verabreichen oder eine Verbrauchsüberlassung gemäß § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 6b BtMG vor. Um möglichst lückenlos alle Begehungsformen zu erfassen, wird der Begriff des Handeltreibens von der Rechtsprechung sehr weit ausgelegt. Durch das Handeltreiben werden alle Teilakte vom Erwerb gemäß § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BtMG bis zum Absatz, sofern sich die Teilakte auf denselben Güterumsatz beziehen, zu einer Bewertungseinheit verbunden. Das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge wird gemäß § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG als Verbrechen bestraft. Weitere Verbrechenstatbestände sind in den §§ 30, 30a BtMG enthalten. Ein besonders schwerer Fall des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln liegt gemäß § 29 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 BtMG vor, wenn der Täter gewerbsmäßig handelt. Streckmittel sind zwar keine Betäubungsmittel, der Umgang mit Streckmitteln kann aber gleichwohl den Tatbestand des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln erfüllen. Ein allgemeines Wissen, dass das Streckmittel im Zusammenhang mit einem Betäubungsmittelgeschäft eingesetzt werden soll, genügt allerdings nicht. Voraussetzung ist, dass das Umsatzgeschäft konkretisierbar ist, wobei dem Täter die Einzelheiten nicht bekannt sein müssen. Wenn dieser Nachweis nicht geführt werden kann, ist bei als Streckmittel verwendeten Arzneimitteln ein Rückgriff auf das AMG möglich, sofern das Streckmittel nicht nur der Volumenvergrößerung dient. Insoweit wird beim Heroinhandel oftmals ein Paracetamol/Coffein-Gemisch verwendet. Lactose ist dagegen in der Regel kein Arzneimittel und kann lediglich den Zweck der Volumenvergrößerung verfogen.
3. Einfuhr (§ 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BtMG)
Beim grenzüberschreitenden Betäubungsmittelverkehr ist zu unterscheiden zwischen Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr. Einfuhr gemäß § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BtMG ist das Verbringen von Betäubungsmitteln aus dem Ausland ins Inland. Bei der Ausfuhr gemäß § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BtMG handelt es sich um den umgekehrten Fall. Das Verbringen kann über den Luftweg, Seeweg oder Landweg erfolgen. Es ist nicht erforderlich, dass die Betäubungsmittel dem Täter im Inland tatsächlich zur Verfügung stehen. Eigennützigkeit gehört nicht zum Tatbestand der Einfuhr. Es reicht daher aus, dass der Kurier eine Gefälligkeit erbringt. Wenn der Täter sich ins Ausland begibt, um Betäubungsmittel zu erwerben und anschließend ins Inland einzuführen, wird allein mit dem Ankauf noch keine versuchte Einfuhr verwirklicht, sondern es handelt sich insoweit um eine Vorbereitungshandlung. Das gleich gilt für das Verschlucken von Betäubungsmitteln beim Körperschmuggler und für das Ausspähen einer günstigen Gelegenheit zum Grenzübertritt. Bei der Benutzung von Bahn oder Flugzeug beginnt der Versuch mit dem Einsteigen in das Transportmittel, sofern vor dem Grenzübertritt keine Zwischenaufenhalte mehr stattfinden. Bei Schiffsreisenden wird mit Erreichen des Küstenmeeres das Vorbereitungsstadium verlassen. Beim Kraftfahrer beginnt der Versuch erst kurz vor dem geplanten Grenzübertritt. Mit dem Grenzübertritt ist die Einfuhr unabhängig vom Beförderungsweg vollendet. Erfährt ein Beifahrer erst kurz vor der Hoheitsgrenze, dass im Fahrzeug Betäubungsmittel transportiert werden, kommt eine Strafbarkeit wegen Beihilfe gemäß § 27 StGB nur dann in Betracht, wenn der Beifahrer die weitere Tatbestandsverwirklichung durch ein strafrechtlich relevantes Verhalten fördert. Die bloße Anwesenheit reicht insoweit nicht aus. Der eingeweihte Fahrer ist dagegen hinsichtlich der Einfuhr immer Mittäter des körperschmuggelnden Beifahrers, hinsichtlich eines etwaigen Handelstreibens des Beifahrers kann der Fahrer Gehilfe sein. Mittäter einer Einfuhr kann auch derjenige sein, der die Betäubungsmittel durch einen anderen vom Ausland ins Inland verbringen lässt, sofern er Einfluss auf den Einfuhrvorgang nimmt. Bei Bestellungen über das Internet kommt nur Anstiftung in Betracht. Wenn mehrere Personen jeweils für sich im Ausland Betäubungsmittel einkaufen und dann anschließend gemeinsam ins Inland verbringen, begründet allein der gemeinsame Transport noch keine mittäterschaftliche Einfuhr hinsichtlich der Gesamtmenge.
4. Durchfuhr (§ 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 BtMG)
Die Durchfuhr gemäß § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 BtMG ist von der Einfuhr abzugrenzen. Bei der Durchfuhr wird das Betäubungsmittel ohne weiteren als den durch die Beförderung oder den Umschlag bedingten Aufenthalt und ohne tatsächliche Verfügungsmöglichkeit durchs Inland transportiert. Anders als beim inländischen Bestimmungsort kann eine vollendete Einfuhr erst dann vorliegen, wenn der Täter während des Transportvorgangs die tatsächliche Verfügungsgewalt über die Betäubungsmittel erlangt. Beim Handgepäck besteht immer Verfügungsgewalt, sodass eine Durchfuhr ausscheidet. Auch wenn eine nicht geringe Menge Betäubungsmittel im Inland durchgeführt wird, erfüllt dieses Verhalten keinen Verbrechenstatbestand. Es besteht aber Tateinheit mit der Beihilfe zum Handeltreiben in nicht geringer Menge gemäß §§ 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG, 27 StGB. Anders verhält sich dies bei der Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG. Praktische Bedeutung hat die Abgrenzung zwischen den beiden Tatbeständen in Flugtransitfällen und bei Transporten mit verplombten LKWs. Körperschmuggler machen sich dagegen immer wegen Einfuhr strafbar. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Täter die Betäubungsmittel am Körper, in Körperöffnungen oder im Körper mit sich führt. Die Durchfuhr ist erst dann vollendet, wenn die Betäubungsmittel ins Ausland verbracht werden. Bei einer Sicherstellung im Inland, liegt nur eine versuchte Durchfuhr vor.
5. Anbau (§ 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BtMG)
Unter Anbau von Betäubungsmitteln gemäß § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BtMG versteht man das Aussäen von Samen und die Aufzucht von Pflanzen. Es handelt sich nicht um ein Erfolgsdelikt, sondern einen Unternehmensdelikt, d. h. es ist unerheblich, ob sich der erwartete Wirkstoff entwickelt. Der Anbau kann in freier Natur oder auch indoor erfolgen. Es ist nicht erforderlich, dass der Täter Eigentümer oder Nutzungsberechtigter des Grundstücks oder der Wohnung ist. Der Inhaber eines Grundstücks unterliegt nicht der Garantenpflicht, den Anbau von Betäubungsmitteln auf seinem Grundstück zu verhindern, es sei denn, es treten besondere Umstände hinzu, die eine Rechtspflicht zum Handeln begründen. Mittäterschaft oder Beihilfe durch Unterlassen wird daher in der Regel nicht vorliegen. Auch wenn der Eigentümer oder Nutzungsungsberechtigte am Taterfolg interessiert ist, weil er Geldbeträge zur gemeinsamen Lebensführung erhält oder mitkonsumiert, reicht allein die dadurch zum Ausdruck kommende Billigung der Tat nicht aus, um eine Unterstützung in Form psychischer Beihilfe zu begründen. Erforderlich ist immer, dass die Tatbegehung durch die Billigung in ihrer konkreten Gestalt objektiv gefördert oder erleichtert worden ist und dies dem Gehilfen auch bewusst war. Das gilt erst Recht, wenn sich das Verhalten auf ein bloßes Dulden beschränkt, da darin mangels Garantenstellung kein strafrechtlich relevantes Unterlassen liegt. Gesonderte Anbauvorgänge stehen auch dann zueinander in Tatmehrheit, wenn der Anbau auf der gleichen Produktionsfläche erfolgt. Beim Herstellen gemäß § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BtMG handelt es sich um eine im Verhältnis zum Anbau verschiedene Handlungen. Der Besitz gemäß § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BtMG tritt hinter dem Anbau zurück, es sei denn, der Besitz bezieht sich auf eine nicht geringe Menge gemäß § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG. Zielt der Anbau auf eine spätere gewinnbringende Veräußerung ab, ist er unselbständiger Teilakt des Handeltreibens gemäß § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BtMG. Wenn der Täter allerdings einen Teil der Ernte zum Eigenkonsum angebaut hat, liegt Tateinheit vor.
In der Praxis bedeutsam ist vor allem der Anbau von Cannabis (Haschisch, Marihuana). Der Versuch beginnt mit dem Heranschaffen des Saatgutes an eine vorbereitete Fläche. Bis dahin ist der Umgang mit Samen in Bezug auf das Anbauen nur eine straflose Vorbereitungshandlung. Daran ändert sich auch nichts, wenn der Erwerber oder Besitzer von Anfang an beabsichtigt, mit den Samen Pflanzen heranzuziehen. Allerdings kann der Umgang dann als Handeltreiben mit zum unerlaubten Anbau bestimmten Samen strafbar sein. Das gilt aber nicht für Setzlinge. Der Anbau ist vollendet, wenn der Samen so in die Erde eingebracht ist, dass aus ihm eine Pflanze selbständig heranwachsen kann. Zum Anbau gehört auch die Aufzucht bis zum Ansetzen der Ernte. Sobald die Cannabis-Pflanze im Laufe Ihres Wachstums THC produziert, geht der Anbau in Besitz über. Mit der Ernte der Cannabis-Pflanzen beginnt der Tatbestand der Herstellung in Form des Gewinnens. Der höchste THC-Wirkstoffgehalt befindet sind in den Blüten. In den Blättern, Stängeln und Wurzeln ist der Wirkstoffgehalt deutlich geringer. Die männliche Pflanze enthält insgesamt nur wenige Wirkstoffanteile. Der Anbau von Cannabis zu medizinischen Zwecken in Deutschland wird von der durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eingerichteten Cannabisagentur gesteuert und geregelt.
6. Herstellen (§ 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BtMG)
Unter Herstellen von Betäubungsmitteln gemäß § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BtMG versteht man gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 4 BtMG das Gewinnen, Anfertigen, Zubereiten, Bearbeiten, Verarbeiten, Reinigen und Umwandeln. Der Besitz gemäß § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BtMG wird vom Herstellen verdrängt. Die Herstellung von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge ist gemäß § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG ein Verbrechen. Die Anschaffung von Grundstoffen ist zwar straflose Vorbereitungshandlung im Hinblick auf beabsichtigten Herstellungsprozess, kann aber gleichwohl nach den §§ 3, 19 GÜG strafbar sein. Die Herstellung ist ebenfalls ein Unternehmensdelikt, sodass für eine Versuchsstrafbarkeit nur wenig Raum ist. Das Produkt der Herstellung kann auch ein Zwischenprodukt sein.
8. Veräußern (§ 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BtMG)
Veräußern gemäß § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BtMG ist die entgeltliche, aber uneigennützige Übereignung von Betäubungsmitteln unter Einräumung der Verfügungsgewalt zur freien Verfügung. Es handelt sich also um eine qualifizierte Form der Abgabe. Eine körperliche Übergabe des Rauschgifts ist nicht erforderlich. Das Entgelt muss nicht in Geld bestehen. Durch die Veräußerung muss der Kreis derjenigen, die zum Rauschgift in Beziehung stehen, erweitert werden. Ein Rückgabe der Betäubungsmittel an den Verkäufer gegen Erstattung des Kaufpreises ist daher stellt daher kein Veräußern dar. Hauptanwendungsfall ist der Verkauf zum Selbstkostenpreis. Der Besitz gemäß § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BtMG tritt hinter der Veräußerung zurück.
9. Abgabe (§ 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BtMG)
Abgabe gemäß § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BtMG ist Übertragung der tatsächlichen Verfügungsgewalt über Betäubungsmittel ohne rechtsgeschäftliche Grundlage und ohne Gegenleistung an einen Dritten zur freien Verfügung. Wenn der Dritte minderjährig ist, stellt die Tat ein Verbrechen gemäß § 29 a Abs. 1 Nr. 1 BtMG dar. Typisches Beispiel für eine Abgabe ist das Verschenken von Betäubungsmitteln unter Abhängigen.
10. Inverkehrbringen (§ 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BtMG)
Die Vorschrift des sonstigen Inverkehrbringens von Betäubungsmitteln gemäß § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BtMG ist ein Auffangtatbestand. Zu verstehen ist darunter jedes Eröffnen der Möglichkeit, dass ein Dritter die tatsächliche Verfügungsgewalt über Betäubungsmittel erlangt. Der Anwendungsbereich ist eröffnet, wenn eine konkrete Abgabehandlung nicht festgestellt werden kann. Typische Beispiele für sonstiges Inverkehrbringen sind das gezielte Unterschieben von Betäubungsmitteln oder das Wegwerfen mit anschließender Aneignung durch Dritte.
11. Erwerb (§ 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BtMG)
Erwerb gemäß § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BtMG ist die Erlangung der tatsächlichen Verfügungsgewalt über Betäubungsmittel im einverständlichen Zusammenwirken mit dem Vorbesitzer. Der Erwerb kann entgeltlich oder unentgeltlich erfolgen. Auf die Wirksamkeit des schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäfts kommt es nicht an. Der Besitz gemäß § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BtMG wird vom Erwerb verdrängt. Legen mehrere Konsumenten Geld zusammen, um durch den Erwerb einer größeren Menge Betäubungsmittel einen Rabatt zu erzielen, liegt Mittäterschaft vor. Der Abschluss des Verpflichtungsgeschäfts ist eine straflose Vorbereitungshandlung, es sei denn, es der Erlangung der tatsächlichen Verfügungsgewalt zeitlich unmittelbar vorgelagert. Beim Postversand beginnt der Versuch, wenn der Verkäufer die Sendung mit den Betäubungsmitteln bei der Post zur Weiterleitung an den Käufer aufgegeben hat.
Hat der Täter Betäubungsmittel zum Zwecke des gewinnbringenden Weiterverkaufs erworben und verwendet er später einen Teil zum Eigenkonsum, so wird dennoch die Gesamtmenge vom Tatbestand des Handeltreibens erfasst. Anders verhält es sich, wenn bereits vor dem Erwerb ein Teil zum Handeltreiben und ein Teil zum Eigenverbrauch bestimmt waren. Dann kommt es auf die Einzelmengen an. Notfalls muss das Verhältnis von Handelsmenge und Eigenverbrauchsmenge unter Berücksichtigung des in dubio pro reo Grundsatzes geschätzt werden. Hinsichtlich der Eigenverbrauchsmenge liegt dann Erwerb gemäß § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BtMG vor. Wird mit der Gesamtmenge die nicht geringe Menge nicht überschritten, so liegt Handeltreiben in Tateinheit mit Erwerb vor. Wenn die Eigenverbrauchsmenge den Grenzwert der nicht geringen Menge übersteigt und die Handelsmenge darunter liegt, so liegt Handeltreiben in Tateinheit mit Erwerb vor. In beiden Fällen ist kein Verbrechenstatbestand gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG eröffnet. Überschreitet sowohl die Handelsmenge als auch die Eigenverbrauchsmenge den Grenzwert, ist von Handeltreiben in Tateinheit mit Besitz jeweils in nicht geringer Menge auszugehen. Liegt die Eigenverbrauchsmenge unter der nicht geringen Menge, während die Handelsmenge den Grenzwert überschreitet, liegt ein Handeltreiben in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Erwerb vor. Erreichen Handels- und Eigenverbrauchsmenge nur in der Summe den Grenzwert, ist von Besitz in nicht geringer Menge gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG in Tateinheit mit Handeltreiben auszugehen. Bei allen Varianten ist ein Verbrechenstatbestand erfüllt.
Der Eigenkonsum von Betäubungsmitteln an sich ist straflos. Daher ist auch die Abgabe von sterilen Einmalspritzen gemäß § 29 Abs. 1 S. 2 BtMG eine straflose Beihilfe zum Konsum und kein Verschaffen einer Gelegenheit zum Verbrauch. Auch die Entgegennahme von Betäubungsmitteln zum unmittelbaren Verbrauch ohne Verfügungsgewalt erfüllt keinen Straftatbestand. Hierdurch wird dem Grundsatz der Straflosigkeit von Selbstschädigungen und Selbstgefährdungen Rechnung getragen. Auf der anderen Seite ist der Besitz von Betäubungsmitteln zum Zwecke des späteren Eigenkonsums strafbar. Das Mitrauchen eines Joints und die anschließende Rückgabe an den Besitzer stellt aber keine strafbare Verbrauchsüberlassung dar. Anders verhält es sich, wenn der Joint in einer Konsumentenrunde weitergereicht wird. Grundsätzlich ist auch der Umgang mit kleinen Betäubungsmittelmengen strafbar. Von einer Bestrafung kann aber gemäß §§ 29 Abs. 5, 31a BtMG abgesehen werden, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt. Die geringe Menge umfasst höchstens drei Konsumeinheiten. Unter Konsumeinheit ist die Menge eines Betäubungsmittels zu verstehen, die zur Erzielung eines Rauschzustandes erforderlich ist. Insoweit sind von Bedeutung Wirkstoffgehalt, Konsumform und Gewöhnung des Konsumenten. Nachdem die Vorschrift auf den Gelegenheitskonsumenten abzielt und nicht auf den Abhängigen, ist auf die Einstiegsdosis abzustellen. Auf dieser Grundlage wird bei Cannabis die durchschnittliche Konsumeinheit mit 0,015 g THC angesetzt. Der Grenzwert für die geringe Menge Cannabis liegt daher bei 0,045 g. Nachdem bei kleineren Betäubungsmittelmengen der Wirkstoffgehalt aus Gründen der Wirtschaftlichkeit häufig nicht durch chemische Analyse festgestellt wird, wird in diesen Fällen auf die Gewichtsmenge abgestellt, wobei es insoweit große regionale Unterschiede gibt. Von einer Bestrafung kann auch bei harten Drogen abgesehen werden. Die Grenzwerte für die geringe Menge betragen bei Speed 0,15 g Amphetamin-Base, bei Kokain 0,3 g Kokainhydrochlorid und bei Heroin 0,03 g Heroinhydrochlorid. Die Entscheidung über das Absehen von Bestrafung liegt im behördlichen Ermessen. Bei der Ausübung des Ermessens werden das Maß der Schuld und das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung berücksichtigt. Bei Betäubungsmittelkonsumenten ist für den Fall der Verhängung einer Vollzugsstrafe immer an die Möglichkeit einer Zurückstellung der Strafvollstreckung nach § 35 BtMG zu denken. Erforderlich ist dann aber unter anderem ein Kausalzusammenhang zwischen Betäubungmittelabhängigkeit und Straftat. Über die Frage der Zurückstellungsfähigkeit entscheidet die Strafvollstreckungsbehörde.
12. Sichverschaffen (§ 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BtMG)
Die Vorschrift des sonstigen Sichverschaffens von Betäubungsmitteln gemäß § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BtMG ist ein Auffangtatbestand. Unter Sichverschaffen versteht man das Erlangen der eigenen tatsächlichen Verfügungsgewalt über ein Betäubungsmittel ohne rechtsgeschäftlichen Erwerb. Typisches Beispiel für sonstiges Sichverschaffen ist das Auffinden herrenloser Betäubungsmittel. Verschafft sich der Täter die Betäubungsmittel durch Diebstahl oder eine sonstige Straftat des allgemeinen Strafrechts zum Zwecke gewinnbringender Weiterveräußerung, liegt Handeltreiben vor.
13. Besitz (§ 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BtMG)
Die Vorschrift des Besitzes von Betäubungsmitteln gemäß § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BtMG ist ebenfalls ein Auffangtatbestand. Unter Besitz versteht man die Herbeiführung und Aufrechterhaltung eines bewussten tatsächlichen Herrschaftsverhältnisses. Es gilt allerdings nicht der bürgerlich rechtliche Besitzbegriff. Besitz ist ein Dauerdelikt. Die Eigentumslage ist unerheblich. Erfasst werden Eigenbesitz, Fremdbesitz, unmittelbarer Besitz, mittelbarer Besitz, Mitbesitz und Besitzdienerschaft. Der Besitz von Rauschgiftutensilien und Betäubungsmittelrückständen ist straflos. Betäubungsmittelanhaftungen begründen einen strafbaren Besitz nur dann, wenn sie eine noch wiegbare Betäubungsmittelmenge mit nachweisbarem Wirkstoffgehalt aufweisen und somit zum Konsum geeignet sind. Wer die Betäubungsmittel nur zum Mitgenuss oder zum sofortigen Verbrauch erhält, erlangt keinen Besitz. Der Körperschmuggler ist unmittelbarer Besitzer. Weitere Voraussetzung ist der Besitzwille, der darauf gerichtet sein muss, sich selbst die Möglichkeit ungehinderter Einwirkung auf das Betäubungsmittel zu erhalten. Daran fehlt es, wenn die Besitzerlangung über die Betäubungsmittel lediglich zum Zwecke der sofortigen Vernichtung oder Übergabe an die Polizei erfolgt. Das bloße Dulden des Vorhandenseins von Betäubungsmitteln in einer gemeinsamen Wohnung stellt mangels Garantenpflicht des Mitbewohners für diesen keinen Besitz durch Unterlassen dar. Psychische Beihilfe kommt nur beim Konsum der Betäubungsmittel in Betracht. Zwischen Beihilfe zum Handeltreiben gemäß §§ 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BtMG, 27 StGB und Besitz besteht Tateinheit. Der Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge ist gemäß § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG ein Verbrechen, das den Erwerb oder den Anbau verdrängt. Bei gemeinsamen Beschaffungsfahrten ist Mitbesitz an der Gesamtmenge gegeben. Auch wenn zum Zwecke des Eigenkonsums unterschiedliche Betäubungsmittel gleichzeitig an verschiedenen Orten aufbewahrt werden, liegt nur ein Verstoß gegen das BtMG vor. Zwischen Besitz und Handeltreiben besteht Tateinheit, wenn ein Teil der Betäubungsmittel zum Eigenverbrauch bestimmt ist. Im Hinblick auf andere Begehungsweisen hat der Besitz einen geminderten Unrechtsgehalt.
14. Verschaffen, Gewähren, Mitteilen, Verleiten (§ 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 10 BtMG)
Strafbar ist gemäß § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 10 BtMG auch das Verschaffen, Gewähren oder Mitteilen einer Gelegenheit zum Erwerb, zur Abgabe oder zum Verbrauch von Betäubungsmitteln. Es handelt sich um einen Auffangtatbestand. Tathandlungen, die sich auf den Verbrauch von Betäubungsmitteln richten sind legal, wenn sie sich auf einen Drogenkonsumraum gemäß § 10a BtMG beziehen. Eine Substanzanalyse ist aber auch im Zusammenhang mit dem Betrieb einer Fixerstube verboten. Das Verleiten zum Verbrauch von Betäubungsmitteln ist jedoch immer strafbar. Unter Verschaffen ist das Schaffen günstiger äußerer Bedingungen zu verstehen. Ein Gastwirt hat eine Garantenstellung und kann daher das Verschaffen durch Unterlassen verwirklichen. Etwas anderes gilt für den Wohnungsinhaber. Vom Verschaffen unterscheidet sich das Gewähren dadurch, dass die Gelegenheit bereits vorhanden ist. Unter Mitteilung versteht man das Weitergeben von Informationen, die es dem Empfänger ermöglichen, die Gelegenheit ohne zusätzliche Informationen wahrzunehmen. Diese Mitteilung muss öffentlich oder eigennützig erfolgen. Verleiten ist die Bestimmung eines anderen zum Verbrauch von Betäubungsmitteln.
15. Bereitstellen von Vermögenswerten (§ 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 13 BtMG)
Der Straftatbestand des Bereitstellens von Vermögenswerten gemäß § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 13 BtMG richtet sich gegen die Hintermänner des illegalen Drogenhandels und ergänzt die Vorschift über die Geldwäsche gemäß § 261 StGB. Er ist ein Auffangtatbestand, der eine Verfolgung ermöglichen soll, wenn die Haupttat nicht zumindest versucht worden ist oder eine Beihilfe nicht nachweisbar ist. Wenn die Voraussetzungen für eine Beihilfehandlung vorliegen, ist die obligatorische Strafmilderung nach § 27 Abs. 2 S. 2 StGB ausgeschlossen. Unter Bereitstellen versteht man jede Tätigkeit, mit der dem insoweit Begünstigten der Umsatz mit Betäubungsmitteln wirtschaftliche ermöglicht werden soll. Bereits durch die Zusage der Bereitstellung ist das Delikt vollendet. Auch Geldmittel, die einem Drogensüchtigen zum Zwecke des Eigenkonsums zugewendet werden, sind tatbestandserfüllend.
16. Betäubungsmittelimitate (§ 29 Abs. 6 BtMG)
Das Verbreiten von Betäubungsmittelimitaten wird in § 29 Abs. 6 BtMG unter Strafe gestellt. Die Vorschrift hat die Aufgabe, den Drogenkonsumenten vor Gesundheitsgefahren durch Betäubungsmittelimitate zu schützen und dem betrügerischen Handel Einhalt zu gebieten. Stark gestreckte Betäubungsmittel sind aber keine Imitate. Der Tatbestand ist auch dann verwirklicht, wenn die Täuschung nicht gelingt und das Geschäft daher nicht zustande kommt. Der tateinheitlich verwirklichte Betrug ist dann allerdings im Versuchsstadium stecken geblieben.