Beleidigung » § 185 StGB
- Durch den Straftatbestand der Beleidigung gemäß § 185 StGB wird die Ehre geschützt. Alle Ehrverletzung bedürfen nach § 194 StPO zu ihrer Verfolgbarkeit eines Strafantrages.
- Bei der üblen Nachrede nach § 186 StGB ist die Nichterweislichkeit der Wahrheit eine objektive Strafbarkeitsbedingung, d. h. der sonst im Strafrecht geltende in dubio pro reo Grundsatz wird umgekehrt und der Täter trägt somit das Beweisrisiko.
- Bei der Verleumdung nach § 187 StGB müssen Empfänger der Kundgabe und verletzter Ehrträger verschiedene Personen sein.
Ehrverletzung?
- Unter Ehre versteht man den verdienten Achtungsanspruch eines Rechtsgutsträgers. Ehrträger ist zunächst jeder einzelne Mensch.
- Daneben sind aber auch Personengesamtheiten beleidigungsfähig, sofern sie abgrenzbar sind, eine rechtlich anerkannte Funktion erfüllen und einen einheitlichen Willen bilden können. Daher ist die Polizei als solche kein Ehrträger, da es an dem Kriterium der Abgrenzbarkeit fehlt. Auf der anderen Seite kann eine Personengesamtheit auch durch eine nur gegen einen Einzelnen gerichtete beleidigende Äußerung verletzt werden.
- Mehrere Angehörige einer Personengesamtheit können aber unter einer Sammelbezeichnung in ihrer Ehre verletzt werden, sofern eine nach äußeren Kennzeichen abgegrenzte Mehrheit betroffen ist. Andernfalls liegt eine strafrechtlich irrelevante Pauschalbeschimpfung vor.
- Eine ehrverletzende Kollektivbezeichnung, die sich gegen Polizeibeamte richtet, die zu einer bestimmten Zeit an einem konkreten Ort ihren Dienst verrichtet haben, wird demnach als ausreichend individualisiert angesehen.
Tathandlung?
- Tathandlung einer Beleidigung ist die Kundgabe von Missachtung durch Tatsachenäußerung oder ein dem Wahrheitsbeweis unzugängliches Werturteil.
- Durch die Äußerung einer wahren Tatsache, kann keine Ehrverletzung begangen werden, es sein denn die Voraussetzungen nach § 192 StGB sind erfüllt.
- Es kommt nicht darauf an, ob sich der Betroffene subjektiv beleidigt fühlt.
- Werturteile können zur Tatbestandserfüllung auch gegenüber Dritten geäußert werden. Beim Werturteil ist weiterhin zu prüfen, ob dieses nach § 193 StGB wegen Wahrnehmung berechtigter Interessen gerechtfertigt ist.
- Entscheidend sind immer die konkreten Umstände, unter denen eine Äußerung erfolgt. Beispielsweise ist das Duzen ein häufiges umgangssprachliches Mittel, um eine persönliche Nähebeziehung zu unterstreichen. Auf der anderen Seite liegt eine Ehrverletzung vor, wenn ein Polizeibeamter im Rahmen einer Vollzugshandlung geduzt wird.
- Allgemeine Unhöflichkeiten ohne abwertenden Charakter sind jedoch nicht als Beleidigung zu bewerten.
- Ebenso erfüllen vertrauliche Äußerungen über Dritte im engen Familienkreis keinen Straftatbestand.
- In der Praxis wird eine Beleidigung oftmals bei der Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr verwirklicht. Häufig kommt es in diesem Zusammenhang dann auch zu einer Nötigung gemäß § 240 StGB zu Lasten des anderen Verkehrsteilnehmers.
Nötigung » § 240 StGB
- Der Straftatbestand der Nötigung gemäß § 240 StGB schützt die Freiheit der Willensentschließung und Willensbildung vor Angriffen.
- Eine Nötigung ist gegeben, wenn das Opfer vom Täter gegen seinen Willen mit den Tatmitteln der Gewalt oder Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einem bestimmten Verhalten veranlasst wird.
Gewalt oder Drohung?
- Gewalt ist der physisch vermittelte Zwang zur Überwindung eines geleisteten oder erwarteten Widerstandes.
- Handlungen des Täters, die lediglich in körperlicher Anwesenheit bestehen und zu einer rein psychischen Zwangswirkung führen, fallen nicht unter den Gewaltbegriff.
- Das körperliche Versperren der Fahrbahn stellt daher keine Nötigung dar. Wenn eine Sitzblockade zum Anhalten von Fahrzeugen führt, die nachfolgenden Fahrzeugen die Weiterfahrt unmöglich machen, wirkt auf diese Fahrzeugführer allerdings physischer Zwang.
- Je nach Intensität der Gewaltausübung kann der Wille des Opfers ausgeschlossen oder aber zumindest gebeugt werden.
- Im Straßenverkehr kommt es auf die Umstände des Einzelfalles an. Jedenfalls ist eine Einwirkung von gewisser Dauer erforderlich.
- Unter Drohung versteht man das Inaussichtstellen eines künftigen Übels, auf dessen Eintritt der Täter Einfluss hat oder zu haben vorgibt.
Verwerflichkeit?
- Eine Nötigungshandlung ist nur bei Verwerflichkeit der Mittel-Zweck-Relation rechtswidrig.
- Die Verwerflichkeitsklausel in § 240 Abs. 2 StGB hat die Funktion, bagatellartige und aus diesem Grund nicht strafwürdige Belästigungen von kriminellen Einwirkungen auf die Willensfreiheit abzugrenzen.
- Erforderlich ist, dass die Tat einen erhöhten Grad sittlicher Missbilligung aufweist.
- Im Rahmen der Verwerflichkeitsprüfung sind Art, Intensität, Dauer und Gefährlichkeit des Verhaltens sowie die Tatmotivation von Bedeutung.
- Wenn ein Fahrzeugführer einen Fußgänger, der rechtswidrig eine Parklücke sichert, durch maßvolles Einfahren in die Parklücke ohne erhebliche Gefährdung wegdrängt, fehlt es an der Verwerflichkeit. Denn das Vorrecht nach § 12 Abs. 5 StVO gebührt nur dem Führer eines Fahrzeugs, nicht einem Fußgänger.
- Auf der anderen Seite fällt das Verhalten des Fußgängers mangels körperlich wirkenden Zwanges bereits nicht unter den Gewaltbegriff, sofern sich der Fußgänger nicht auf die Motorhaube des Fahrzeuges legt, um ein Einfahren zu verhindern.
Straßenverkehr?
- Wird die Nötigung im Straßenverkehr begangen, liegt zwar kein Regelfall für die Entziehung der Fahrerlaubnis vor, es wird aber zumindest ein Fahrverbot gemäß § 44 StGB verhängt. Außerdem werden Punkte im Fahreignungsregister in Flensburg eingetragen. Oftmals wird in diesem Zusammenhang auch eine Beleidigung des anderen Verkehrsteilnehmers gemäß § 185 StGB verwirklicht.
- Im Straßenverkehr hat nötigendes Verhalten in der Regel Gewaltcharakter.
- Von der Rechtsprechung wurde nötigende Gewalt unter anderem in folgenden Einzelfällen angenommen: Blockieren der linken Fahrspur mit einer Geschwindigkeit unterhalb der zulässigen Höchstgeschwindigkeit, um ein Überholen des Hintermannes zu verhindern; beharrliches Auffahren, um einen Spurwechsel des Vordermannes zu erzwingen; willkürliches scharfes Abbremsen, um den Hintermann zu einer Geschwindigkeitsverringerung zu bewegen.
- Beim Blockieren muss das Gericht Dauer und Intensität der Einwirkung sowie die Streckenlänge feststellen.
- Beim Auffahren kommt es zusätzlich auf die Annäherungsgeschwindigkeit des Hintermannes, die Geschwindigkeit des Vordermannes und die Abstände der Fahrzeuge zueinander an. Sofern der Hintermann beim Auffahren Lichthupe, Signalhorn oder Fahrtrichtungsanzeiger einsetzt, ist die Häufigkeit der Verwendung bedeutsam.
- Beim Abbremsen aus hohen Geschwindigkeiten liegt zugleich ein tateinheitlich verwirklichter Straßenverkehrseingriff vor.
- Das kurze Antippen des Bremspedals, um durch das Aufleuchten der Lichter verkehrserzieherisch auf den dicht aufgefahrenen Hintermann einzuwirken, führt nicht zu einem der körperlichen Zwangswirkung vergleichbaren Grad an psychischer Beeinflussung, da dieses Verhalten keine Gefährdung, sondern nur eine Belästigung darstellt.