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Totschlag
- Unter Totschlag gemäß § 212 Abs. 1 StGB versteht man jede aktive Lebensverkürzung und jede garantenpflichtwidrige Unterlassung einer möglichen Verlängerung.
- Für alle objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale, mit Ausnahme des Taterfolgs, gilt das Erfordernis der Gleichzeitigkeit.
- Zwischen Tathandlung und Taterfolg muss ein Kausalzusammenhang bestehen.
- Beim Totschlag ist es zur Tatbestandsverwirklichung erforderlich, dass der Täter mit Tötungsvorsatz gehandelt hat. Beim Totschlag lassen sich drei Vorsatzformen unterscheiden: Tötung mit Absicht, Tötung mit Wissen sowie Tötung mit Erkennen und Billigen.
- Beim besonders schweren Totschlag gemäß § 212 Abs. 2 StGB handelt es sich um eine unbenannte Strafzumessungsvorschrift, deren Anwendung ein außergewöhnlich großes Verschulden des Täters voraussetzt.
Was gilt beim Unterlassen?
- Tauglicher Täter eines Totschlags gemäß § 212 StGB durch Unterlassen ist gemäß § 13 StGB nur der Inhaber einer Garantenstellung. Bei ambivalenten Verhaltensweisen ist im Wege einer wertenden Betrachtungsweise der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit zu ermitteln.
- Zu unterscheiden ist zwischen Beschützergaranten und Überwachungsgaranten. Beschützergaranten sind gekennzeichnet durch eine Obhutspflicht. Überwachungsgaranten sind solche, denen Sicherungs- oder Beherrschungspflichten in Bezug auf eine bestimmte Gefahrenquelle obliegen. Hierzu zählt insbesondere pflichtwidriges Vorverhalten.
- Beim Totschlag ist die erforderliche Gleichwertigkeit zwischen Unterlassen und einer Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes durch aktives Handeln immer gegeben.
- Für die Frage der Kausalität ist zu prüfen, ob der Tod ausbleiben würde, wenn die gebotene Handlung hinzugedacht wird.
Wann liegt Kausalität vor?
- Jede Handlung, die nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der tatbestandliche Erfolg entfallen würde, ist kausal.
- Es kommt nicht darauf an, ob neben der Tathandlung noch andere Ursachen zur Herbeiführung des Erfolgs beigetragen haben. Liegen mehrere Ursachen vor, die alternativ, aber nicht kumulativ hinweggedacht werden können, ohne dass der Tod ausbleiben würde, ist jede Ursache für den Erfolg kausal.
- Hypothetische Kausalverläufe dürfen anstelle der weggegachten Handlung nicht hinzugedacht werden.
- Auch wenn an eine Ursache eine Zweithandlung des Täters oder das freiverantwortliche Verhalten eines Dritten oder des Opfers selbst anknüpft, wodurch der Taterfolg eintritt, bleibt die Vorbedingung trotzdem ursächlich, wenn sie bis zum Erfolgseintritt fortwirkt. Anders verhält sich dies nur, wenn die Zweithandlung den Kausalverlauf unterbricht.
- Strafbarkeitsbeschränkungen erfolgen über das Verbrechenselement des Vorsatzes, indem die Vorhersehbarkeit bei atypischen Kausalverläufen untersucht wird. Tatsächliche Abweichungen vom vorgestellten Kausalverlauf, die noch in den Grenzen des nach allgemeiner Lebenserfahrung Voraussehbaren liegen und keine andere Bewertung der Tat rechtfertigen sind für den Vorsatz jedoch unbeachtlich und stellen keinen Tatbestandsirrtum gemäß § 16 StGB dar. Anders verhält sich dies bei der aberratio ictus. Hier ist regelmäßig nur eine vorsätzliche Versuchsstrafbarkeit hinsichtlich des gewollten Taterfolges und eine Fahrlässigkeitsstrafbarkeit hinsichtlich des vollendeten Taterfolges begründet.
- Insgesamt dürfen die Anforderungen an den Kausalitätsnachweis nicht überspannt werden. Es ist keine absolute, das Gegenteil denknotwendig ausschließende und damit nicht anzuweifelnde Gewissheit erforderlich. Ein nach der Lebenserfahrung ausreichendes Maß an Sicherheit, das vernünftige Zweifel nicht aufkommen lässt, reicht aus. Zweifel, die sich lediglich auf die Annahme einer bloß gedanklichen, abstrakt teheoretischen Möglichkeit gründen, haben außer Betracht zu bleiben. Für die Anwendung des Grundsatzes in dubio pro reo ist dann kein Raum.
Wann ist Tötungsvorsatz gegeben?
- Tötungsvorsatz bedeutet Wissen und Wollen der Tatbestandsverwirklichung, wobei der Täter bei normativ geprägten Tatbestandsmerkmalen nur die zugrunde liegenden Tatsachen kennen und ungefähre Bedeutungskenntnis haben muss. Der Vorsatz besteht also aus einem kognitiven und einem voluntativen Element.
- Ein error in persona stellt bei Gleichwertigkeit der betroffenen Rechtsgüter keinen Tatbestandsirrtum gemäß § 16 StGB dar, sondern nur einen unbeachtlichen Motivirrtum. Ein Irrtum kann entstehen durch Unkenntnis oder irrige Annahme.
- Soweit bei normativen Tatbestandsmerkmalen rechtliche Wertungen erforderlich sind, reicht es für den Vorsatz aus, wenn der Täter den rechtlich-
sozialen Bedeutungsinhalt nach Laienart richtig erfasst hat. Ein Rechtsirrtum ist in der Regel nur ein vermeidbarer Verbotsirrtum gemäß § 17 StGB. - Bei der Tötung mit Absicht hält der Täter den Tod des Opfers für sicher oder möglich und hat zielgerichteten Erfolgswillen.
- Bei der Tötung mit Wissen hält der Täter den Tod des Opfers für sicher und hat keinen unbedingten Erfolgswillen.
Was ist bedingter Tötungsvorsatz?
- Bedingter Tötungsvorsatz ist gegeben, wenn der Täter den Todeseintritt als möglich erkennt und sich um des erstrebten Zieles willen wenigstens damit abfindet.
- Die Möglichkeitsvorstellung vom Todeseintritt ist aber nicht nur beim bedingten Tötungsvorsatz, sondern auch beim Gefährdungsvorsatz einer gefährlichen Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB und bei der bewussten Fahrlässigkeit vorhanden.
- Bewusste Fahrlässigkeit einer fahrlässigen Tötung gemäß § 222 StGB ist gegeben, wenn der Täter mit der als möglich erkannten Tatbestandsverwirklichung nicht einverstanden ist und ernsthaft darauf vertraut, dass es nicht zum Todeseintritt kommt.
- Wenn der Täter die Möglichkeit des Todeseintritts zwar nicht erkannt hat, aber mit Körperverletzungsvorsatz gehandelt hat, kommt eine Bestrafung wegen Körperverletzung mit Todesfolge gemäß § 227 StGB in Betracht.
Was bedeutet Hemmschwelle?
- Zur Abgrenzung ist daher eine umfassende Würdigung der objektiven und subjektiven Tatumstände vorzunehmen. Je gefährlicher sich die Gewalthandlung darstellt, desto eher kann auf einen Tötungsvorsatz geschlossen werden. Wegen der hohen Hemmschwelle gegenüber der Tötung eines anderen Menschen muss jedoch immer die Möglichkeit in Betracht gezogen werden muss, dass der Täter die Gefahr des Todes nicht erkannt oder darauf vertraut hat, dass dieser nicht eintritt.
- Insbesondere bei einer spontanen und in affektiver Erregung ausgeführten Einzelhandlung kann nicht zwangsläufig auf das erforderliche voluntative Vorsatzelement geschlossen werden. Allerdings gilt dies nicht, wenn der vom Vorsatz des Täters umfasste Ablauf des Geschehens einem tödlichen Ausgang so nahe kommt, dass nur noch ein glücklicher Zufall diesen verhindern kann.
- Bei einem Täter, der zum Tatzeitpunkt unter erheblicher Einwirkung von Alkohol oder Rauschmitteln gestanden ist, ist zu berücksichtigen, dass sowohl die kognitiven als auch die voluntativen Fähigkeiten durch die Intoxikation stark beeinflusst gewesen sein können.
- Durch Zeugen belegte Äußerungen des Täters vor, während oder nach der Tatbegehung sind daher wichtige Indizien im Rahmen der anzustellenden Beweiswürdigung.
Welches Verhalten ist strafbar?
- Beim Würgeangriff mit bloßen Händen ist eine Abgrenzung zur lebensgefährdenden Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB vorzunehmen.
- Bei Messerattacken im Bereich des Körperzentrums liegt die Annahme eines Tötungsvorsatzes in der Regel sehr nahe.
- Gleiches gilt für wuchtige Schläge mit einer gefüllten Glasflasche auf den Kopf des Opfers oder massive Fußtritte gegen den Kopf einer wehrlos am Boden liegenden Person.
- Beim heftigen Schütteln eines Kleinkindes ist in der Regel nur eine Körperverletzung mit Todesfolge gemäß § 227 StGB verwirklicht.
Was sind Rechtfertigungsgründe?
- Insbesondere bei Tötungsdelikten ist immer zu prüfen, ob möglicherweise eine Rechtfertigung der Tat wegen Notwehr gemäß § 32 StGB gegeben ist.
- Die irrige Annahme der tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen eines anerkannten Rechtfertigungsgrundes, stellt einen Erlaubnistatbestandsirrtum dar und führt in analoger Anwendung des § 16 StGB zum Wegfall des Vorsatzes. Unberührt hiervon bleibt die mögliche Bestrafung wegen eines Fahrlässigkeitsdeliktes.
- Wenn der Täter lediglich über die rechtlichen Grenzen eines anerkannten Rechtfertigungsgrundes irrt oder einen Rechtfertigungsgrund annimmt, den die Rechtsordnung nicht kennt, liegt ein Erlaubnisirrtum vor, der als Verbotsirrtum gemäß § 17 StGB nur bei Unvermeidbarkeit die Schuld entfallen lässt.
Was ist minder schwerer Totschlag?
- Beim minder schweren Totschlag gemäß § 213 StGB handelt es sich um eine Strafzumessungsregel.
- In § 213 Alt. 1 StGB ist ein benannter Strafmilderungsgrund mit zwingender Rechtsfolge für den provozierten Totschlag enthalten.
- Der Täter ist ohne eigene Schuld, wenn er keine vorwerfbare Veranlassung zu der Provokation gegeben hat.
- Geeignete Provokationen sind Misshandlung oder schwere Beleidigung des Täters oder eines Angehörigen durch das Opfer.
- Die Tötungshandlung muss in einem motivationspsychologischen Zusammenhang zur Erregung des Täters stehen.
- In § 213 Alt. 2 StGB ist ein unbenannter Strafmilderungsgrund für sonstige minder schwere Fälle enthalten, wobei keine mit einer Provokation vergleichbare Situation vorgelegen haben muss.
Nach der Rechtsprechung des BGH (1 StR 123/
- setzt die Annahme eines minder schweren Fall des Totschlags gemäß § 213 StGB nicht das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen einer Körperverletzung gemäß § 223 StGB voraus. Daher ist ein Verletzungserfolg nicht erforderlich.
- können auch seelische Misshandlungen genügen. Entscheidend ist demnach nicht, in welchem Umfang das körperliche Wohlbefinden des Täters beeinträchtigt ist.
- kommt es darauf an, ob die diesem zugefügten Misshandlungen nach ihrem Gewicht und den Umständen des Einzelfalls geeignet sind, die Tat als verständliche Reaktion auf das provozierende Verhalten des Opfers erscheinen lassen.
- kann die Anwendung der Strafzumessungsregel auch dann geboten sein, wenn die tatauslösende Misshandlung für sich genommen zwar keine ausreichende Provokation ist, sie aber gleichsam der Tropfen ist, der das Fass zum Überlaufen bringt.
- haben lediglich geringfügige Eingriffe in die körperliche oder seelische Unversehrtheit des Täters haben regelmäßig nicht das erforderliche Gewicht. Die Erheblichkeitsschwelle ist aber bei schmerzhaften Ohrfeigen überschritten.
Mord
- Die Rechtsprechung bewertet Mord gemäß § 211 StGB als eigenständigen Tatbestand und keine Qualifikation von § 212 StGB.
- Mord gemäß § 211 Abs. 1 StGB ist der vorsätzliche Totschlag eines anderen Menschen, wobei zumindest einer der in § 211 Abs. 2 StGB genannten Begleitumstände vorliegen muss. Für die Verwirklichung des Straftatbestandes ist grundsätzlich bedingter Tötungsvorsatz ausreichend, soweit dieser noch mit der Annahme des jeweiligen Mordmerkmals vereinbar ist.
- Im Bereich der Tötungsdelikte ist die Prüfung der Möglichkeit eines strafbefreienden Rücktritts vom Versuch gemäß § 24 StGB von besonderer praktischer Relevanz.
- Weiterhin ist bei Tötungsdelikten immer die Schuldfähigkeit des Täters gemäß den §§ 20, 21 StGB zu untersuchen.
- Die Begehung eines Tötungsdeliktes kann außerdem neben oder anstelle der Bestrafung auch zur Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung führen. In Betracht kommen die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB, die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB und die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung gemäß § 66 StGB.
- Mord unterliegt gemäß § 78 Abs. 2 StGB keiner Verfolgungsverjährung.
- Gemäß § 57a Abs. 1 StGB müssen bei Verhängung einer lebenslangen Freiheitsstrafe mindestens fünfzehn Jahre verbüßt sein, bevor die Möglichkeit besteht, die Reststrafe zur Bewährung auszusetzen. Wie bei jeder Strafaussetzung ist eine günstige Prognose erforderlich.
- Wenn die besondere Schwere der Schuld im Erkenntnisverfahren durch das Schwurgericht festgestellt worden ist, ist allerdings regelmäßig eine weitere Vollstreckung geboten. Die Schuldschwere kann unter anderem in der besonders verwerflichen Tatausführung begründet sein.
- Vor einer Aussetzung holt das Vollstreckungsgericht gemäß § 454 StPO ein Sachverständigengutachten zur Sozial- und Gefährlichkeitsprognose ein.
Welche Mordmerkmale gibt es?
- Die Mordmerkmale gemäß § 211 Abs. 2 StGB lassen sich in drei Gruppen unterteilen, die an die Beweggründe des Täters oder die Ausführungsarten der Tötung anknüpfen.
- In der 1. Gruppe sind besondere Motive aufgeführt: Mordlust, Befriedigung des Geschlechtstriebs, Habgier oder sonstige niedrige Beweggründe.
- Die 2. Gruppe enthält besonders verwerfliche Begehungsweisen: heimtückisch, grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln.
- Die 3. Gruppe nennt besondere Absichten: Ermöglichung oder Verdeckung einer anderen Straftat. Liegen mehrere Handlungsgründe vor, ist zuerst derjenige zu ermitteln, der letztlich für den Tatentschluss treibend und handlungsleitend gewesen ist.
Was versteht man unter Heimtücke?
- Ein Täter handelt mit Heimtücke, wenn er die auf Arglosigkeit beruhende Wehrlosigkeit des Opfers in feindlicher Willensrichtung bewusst zur Tötung ausnutzt.
- Das Mordmerkmal der Heimtücke ist restriktiv und orientiert am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auszulegen.
- Beim Vorliegen von außergewöhnlichen Umständen tritt an die Stelle lebenslanger Freiheitsstrafe ein Strafrahmen zwischen drei und fünfzehn Jahren. Derartige besondere Umstände können vorliegen bei schwerer Kränkung und Provokation durch das Opfer oder bei einer dem rechtfertigenden Notstand ähnlichen Situationen. In der Praxis hat diese Rechtsfolgenlösung jedoch nur geringe Bedeutung erlangt.
Arglos
- Arglos ist, wer beim Eintritt der Tat in das Versuchsstadium nicht mit einem Angriff auf das Leben gerechnet wird.
- Allerdings kann auch ein offener Tötungsangriff heimtückisch sein, wenn er so unerwartet erfolgt, dass aufgrund der kurzen Zeitspanne die Möglichkeit zur Gegenwehr ausgeschlossen ist.
- Gleiches gilt, wenn das Opfer gezielt in einen Hinterhalt gelockt wird.
- Eine schlafende Person ist arglos, wenn sie ohne Argwohn eingeschlafen ist.
- Kinder bis zu einem Alter von drei Jahren oder Bewusstlose können aufgrund ihrer Konstitution nicht arglos sein, es sei denn, die Arglosigkeit einer schutzbereiten dritten Person wird ausgenutzt.
Wehrlos
- Wehrlos ist, wer in seiner Verteidigung aufgrund der Arglosigkeit zumindest stark eingeschränkt ist.
Ausnutzen in feindlicher Willensrichtung
- Auf subjektiver Ebene muss der Täter die äußeren Umstände der Arg- und Wehrlosigkeit erkannt und ausgenutzt haben. Hierbei hindert nicht jede affektive Erregung oder heftige Gemütsbewegung die Möglichkeit zur Wahrnehmung.
- An der nach der Rechtsprechung erforderlichen feindlichen Willensrichtung fehlt es, wenn die Tötung zum vermeintlich Besten des Opfers begangen worden ist.
Kann Hinterhalt heimtückisch sein?
Nach der Rechtsprechung des BHG (4 StR 337/
- ist maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorliegen der Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers grundsätzlich der Beginn des ersten mit Tötungsvorsatz geführten Angriffs.
- gilt dies allerdings nicht uneingeschränkt. Insbesondere bei einer von langer Hand geplanten und vorbereiteten Tat kann das heimtückische Vorgehen auch gerade in Vorkehrungen liegen, die der Täter ergreift, um eine günstige Gelegenheit zur Tötung zu schaffen, sofern diese bei der Tat noch fortwirken.
- ist es für die Erfüllung des Mordmerkmals der Heimtücke ausreichend, dass der mit Tötungsvorsatz handelnde Täter das Opfer im Vorbereitungsstadium der Tat unter Ausnutzung von dessen Arglosigkeit in eine Lage aufgehobener oder stark eingeschränkter Abwehrmöglichkeiten bringt und die so geschaffene Lage bis zur Tatausführung ununterbrochen fortbesteht. Ob das Opfer zur Beginn des Tötungsangriffs noch arglos war, ist dann ohne jede Bedeutung.
- genügt es für das in subjektiver Hinsicht erforderliche Ausnutzungsbewusstsein, dass der Täter die die Heimtücke begründenden Umstände in dem Sinne in ihrer Bedeutung für die Tatausführung erfasst hat, dass ihm bewusst geworden ist, einen durch seine Ahnungslosigkeit gegenüber dem Angriff schutzlosen Menschen zu überraschen.
Was bedeutet Ermöglichen anderer Straftat?
- Die andere Straftat kann sowohl eine solche des Täters als auch die eines Dritten sein. Ordnungswidrigkeiten sind nicht geeignet. Bereits die irrige Annahme des Täters, dass die geplante Tat strafbar ist, erfüllt das Mordmerkmal.
- Beim Ermöglichen genügt es, wenn der Täter die andere Tat durch die Tötungshandlung schneller oder leichter begehen kann. Das zu ermöglichende Verbrechen oder Vergehen muss nicht tatsächlich durchgeführt werden.
- Es reicht aus, dass nicht der Tod des Opfers, sondern die zur Tötung geeignete Handlung als Mittel zur Begehung der weiteren angesehen wird. Die Tötung muss nicht notwendiges Mittel zur Begehung der anderen Straftat sein. Bedingter Tötungsvorsatz reicht daher aus.
Was bedeutet Verdecken anderer Straftat?
- Bedingter Tötungsvorsatz wird mit einem Mord zur Verdeckung einer anderen Straftat nur ausnahmsweise in Einklang zu bringen sein. Denn oftmals wird der Tod des Opfers zwingend notwendige Voraussetzung der Verdeckung sein. In der Regel ist daher direkter Vorsatz erforderlich.
- Der Täter muss das Opfer töten, um dadurch eine vorangegangene Straftat als solche oder Spuren zu verdecken, die bei einer näheren Untersuchung Aufschluss über bedeutsame Tatumstände geben könnten. Zu den einer Verdeckung zugänglichen Tatumständen gehört insbesondere die eigene Beteiligung an der vorangegangenen Tat.
- Die andere Straftat muss nach der Vorstellung des Täters noch unentdeckt sein. Die Vermeidung einer Folge außerhalb des Strafrechts genügt als Motiv der Verdeckung.
- Ein Verdeckungsmord kann auch durch Unterlassen begangen werden. Wenn der Täter aber mit bedingtem Tötungsvorsatz auf das Opfer eingewirkt hat und anschließend zur Verdeckung des Geschehens untätig bleibt, anstatt das Opfer zu retten, fehlt es an der Andersartigkeit, selbst wenn zwischen Handlung und Unterlassung eine zeitliche Zäsur liegt.
- An einer zu verdeckenden Straftat fehlt es, wenn der Täter nur diejenige Tat verdecken will, die er gerade begeht. Anders verhält es sich nach der Rechtsprechung des BGH (2 StR 370/
16) nur dann, wenn zwischen einer vorsätzlichen Tötungshandlung und einer mit Verdeckungsabsicht vorgenommenen weiteren Tötungshandlung eine deutliche Zäsur liegt. In den Fällen, in denen ein äußerlich ununterbrochenes Handeln zunächst nur mit Körperverletzungsvorsatz beginnt und dann mit Tötungsvorsatz weitergeführt wird, liegt die Zäsur schon in diesem Vorsatzwechsel selbst.
Wann ist Tötungsmittel gemeingefährlich?
- Ein Tötungsmittel ist gemeingefährlich, wenn es in der konkreten Tatsituation eine Mehrzahl von Menschen an Leib und Leben gefährden kann, weil der Täter die Ausdehnung der Gefahr nicht in seiner Gewalt hat.
- Ein Kraftfahrzeug kann bei einer in Selbstmordabsicht durchgeführten Geisterfahrt zum gemeingefährlichen Tatwerkzeug werden.
- Bei Steinwürfen von einer Autobahnbrücke auf ein bestimmtes Fahrzeug kommt es darauf an, ob dichter Verkehr herrscht und daher Folgeunfälle drohen.
Was versteht man unter Habgier?
- Unter Habgier versteht man ein noch über Gewinnsucht hinaus gesteigertes abstoßendes Gewinnstreben um jeden Preis.
- Das Ziel der Bereicherung muss aber nicht erreicht werden.
- Beispiele sind der Raubmord und der Auftragsmord.
Was sind niedrige Beweggründe?
- Ein Beweggrund ist niedrig, wenn er nach allgemeiner sittlicher Wertung auf tiefster Stufe steht und deshalb besonders verachtenswert ist, wobei eine Gesamtwürdigung unter Einbeziehung der seelischen Situation des Täters zu erfolgen hat.
- Ein Handeln mit nur bedingtem Tötungsvorsatz schließt das Vorliegen niedriger Beweggründe nicht aus.
- Tatmotive wie Wut, Eifersucht und Hass kommen nur dann als niedriger Beweggrund in Betracht, wenn sie ihrerseits auf niedrigen Beweggründen beruhen, also nicht menschlich verständlich, sondern Ausdruck einer niedrigen Gesinnung des Täters sind.
- Ein niedriger Beweggrund liegt außerdem vor, wenn ein krasses Missverhältnis zwischen Tatanlass und Tötung besteht.
- Für die Bewertung eines Beweggrundes sind nicht die Anschauungen des aus einem anderen Kulturkreis stammenden Täters maßgeblich, sondern allein die Vorstellungen der Rechtsgemeinschaft der Bundesrepublik Deutschland.
- Blutrache oder Ehrenmorde sind daher in der Regel besonders verwerflich und sozial rücksichtslos.
- Im Einzelfall kann jedoch bei Ausländern, die von einer solchen Vorstellungswelt geprägt und durchdrungen sind, subjektiv die Bewertung als niedrig entfallen.
Wann liegt Grausamkeit vor?
- Unter Grausamkeit versteht man die Zufügung besonders starker Schmerzen oder Qualen körperlicher oder seelischer Art aus gefühlloser und unbarmherziger Gesinnung.
- Physische Schmerzen können durch Folterungen oder Vorenthalten von Nahrung und Flüssigkeit zustande kommen, psychische Qualen durch Tötungsvorbereitungen im Beisein des Opfers.
- Das Opfer muss der Grausamkeit aber während des vom Tötungsvorsatz umfassten tatbestandsmäßigen Geschehens ausgesetzt gewesen sein. Hieran fehlt es bei sofort eingetretener Bewusstlosigkeit bereits zu Beginn eines objektiv grausamen Verhaltens.
- Die gefühllose und unbarmherzige Gesinnung muss kein allgemeiner Charakterzug des Täters sein.
Was versteht man unter Mordlust?
- Mordlust setzt Tötung mit Wissen oder Absicht voraus.
- Bei diesem Mordmerkmal bildet die Tötung den einzigen Zweck der Tat, insbesondere wenn allein aus der Freude an der Vernichtung eines Menschenlebens getötet wird.
Was ist Befriedigung Geschlechtstrieb?
- Zur Befriedigung des Geschlechtstriebs tötet, wer das Töten als Mittel zur geschlechtlichen Befriedigung benutzt.
- Dabei kann der Tötungsakt selbst die sexuelle Befriedigung verschaffen oder die Möglichkeit eröffnen, sich an der Leiche zu vergehen.
- Ein zeitlich-
räumlicher Zusammenhang zwischen Tötung und Befriedigung ist nicht erforderlich.