Verstoß gegen §§ 95–97 AMG
- Anders als das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) befasst sich das Arzneimittelgesetz (AMG) überwiegend mit der Regelung des legalen Arzneimittelmarktes. Das Anti-
Doping- Gesetz (AntiDopG) ist mittlerweile aus dem AMG ausgegliedert worden. - Das Arzneimittelgesetz dient gemäß § 1 AMG der Sicherheit im Verkehr mit Arzneimitteln. Es wird aber auch geregelt, unter welchen Voraussetzungen der Umgang mit Arzneimitteln strafbar ist, da sich neben dem legalen auch ein illegaler Arzneimittelmarkt etabliert hat.
- Die Straf- und Bußgeldvorschriften befinden sich als Annex zu den Verwaltungsnormen in den §§ 95, 96, 97 AMG. Es wird mit einer zum Teil kompliziert erscheinenden Verweisungstechnik gearbeitet. Bei allen Absatzdelikten gelten die Grundsätze der Bewertungseinheit.
- Der Arzneimittelbegriff ist in § 2 AMG definiert. Der Stoffbegriff ist in § 3 AMG definiert. Eine Definition des Begriffs der Zubereitung ist nicht im AMG enthalten. § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG betrifft die Präsentationsarzneimittel. Auf die Eignung kommt es nicht an. Daher sind auch Placebos Arzneimittel. § 2 Abs. 1 Nr. 2 AMG betrifft die Funktionsarzneimittel. § 2 Abs. 2 AMG betrifft die fiktiven Arzneimittel. Hierzu zählen insbesondere Pflaster, die ein Arzneimittel enthalten oder mit diesem beschichtet sind, oder auch Verbandsstoffe, die mit einem Arzneimittel präpariert sind. In § 2 Abs. 3 AMG sind bestimmte Produktgruppen vom Arzneimittelbegriff ausgegliedert.
- Unter Krankheit im Sinne des § 2 AMG versteht man jede auch nur unerhebliche oder vorübergehende Störung der normalen Beschaffenheit oder der normalen Tätigkeit des Körpers oder der seelischen Befindlichkeit jenseits einer natürlichen Schwankungsbreite.
- In § 4 AMG sind sonstige Begriffsbestimmungen enthalten.
- Auf psychoaktive Substanzen kann das AMG in der Regel aufgrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) nicht mehr angewendet werden. Oftmals ist aber das Neue-
psychoaktive- Substanzen- Gesetz (NpSG) anwendbar.
Verbringungsverbot
- Für zulassungspflichtige Arzneimittel, die in Deutschland nicht verkehrsfähig sind, besteht gemäß § 73 Abs. 1 AMG grundsätzlich ein Verbringungsverbot. Zugelassene Arzneimittel aus einem Drittstaat bedürfen einer Einfuhrerlaubnis gemäß § 72 AMG. In § 73 Abs. 2 bis 5 AMG sind diverse Ausnahme vom Verbringungsverbot geregelt.
- Bei der Einreise nach Deutschland dürfen gemäß § 73 Abs. 2 Nr. 6 AMG Arzneimittel mitgeführt werden, sofern diese in einer dem üblichen persönlichen Bedarf entsprechenden Menge eingebracht werden. Als üblicher persönlicher Bedarf ist nach Auslegung der Obersten Landesgesundheitsbehörden in der Regel ein Bedarf von maximal drei Monaten, unter Berücksichtigung der Dosierungsempfehlungen, anzusehen.
- Außerdem dürfen Privatpersonen gemäß § 73 Abs. 2 Nr. 6a AMG Arzneimittel aus den Mitgliedsländern der EU oder anderen Vertragsstaaten des EWR für den üblichen eigenen Bedarf beziehen, sofern diese Arzneimittel im Herkunftsland verkehrsfähig sind. Der Bezug darf aber nicht durch gewerbs- oder berufsmäßige Vermittlung erfolgen.
- Der vorsätzliche oder fahrlässige Verstoß gegen § 73 Abs. 1 AMG wird gemäß § 97 Abs. 2 Nr. 8 AMG als Ordnungswidrigkeit verfolgt.
Inverkehrbringen bedenklicher Arzneimittel
- Nach § 5 Abs. 1 AMG ist das Inverkehrbringen bedenklicher Arzneimittel oder die Anwendung bei einem anderen Menschen verboten. Unter das Verbot können auch zugelassene Arzneimittel fallen.
- Der Begriff der Anwendung umfasst auch das Überlassen zum unmittelbaren Verbrauch. Ein Verabreichen wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass das Arzneimittel aus dem Besitz der Person stammt, bei der es angewendet wird.
- Der Begriff der Bedenklichkeit wird in § 5 Abs. 2 AMG definiert. Wirkungen sind alle physischen oder psychischen Reaktionen des Organismus, die unmittelbar oder mittelbar durch ein Arzneimittel ausgelöst werden. Darunter fallen auch
Neben- und Wechselwirkungen. Eine Wirkung ist schädlich, wenn sie den Gesundheitszustand des Konsumenten nachteilig beeinflusst. Ein Gebrauch ist auch dann bestimmungsgemäß, wenn er sich aus Sicht der einschlägigen Verkehrskreise als solcher darstellt. Bestimmungsgemäßer Gebrauch kann also auch ein Missbrauchs sein. Die Bedenklichkeitsprüfung ist eine Abwägung zwischen Nutzen und Risiko.
- Poppers bestehen aus Isoamylnitrit, Isobutylnitrit oder Amylnitrat. Diese Akylnitrite wirken im menschlichen Organismus gefäßerweiternd und somit blutdrucksenkend. Amylnitrat und Isobotylnitrit werden in Deutschland wegen ihrer schädlichen Nebenwirkungen als bedenkliche Arzneimittel eingestuft.
- Das Inverkehrbringen bedenklicher Arzneimittel ist gemäß § 95 Abs. 1 Nr. 1 AMG strafbar. Der Besitz und der Erwerb zum Eigenverbrauch sind straflos. Isoamylnitrit ist dagegen verkehrsfähig, unterliegt allerdings der Verschreibungspflicht durch einen Arzt. Strafbar sind daher gemäß § 95 Abs. 1 Nr. 4 AMG das Handeltreiben und die Abgabe. Der Besitz und der Erwerb zum Zwecke des Eigenkonsums sind ebenfalls straflos.
Inverkehrbringen Fertigarzneimittel
- Ein Fertigarzneimittel erlangt erst mit seiner Zulassung gemäß § 21 Abs. 1 AMG Verkehrsfähigkeit.
- Das Arzneimittel kann dann frei verkäuflich gemäß § 44 AMG, apothekenpflichtig gemäß § 43 AMG oder verschreibungspflichtig gemäß § 48 AMG sein.
- Die Eingruppierung richtet sich nach dem Gefährdungs- und Risikopotential. Durch die Apotheken- und Verschreibungspflicht soll den Gefahren im Umgang mit Arzneimitteln vorgebeugt werden, da in der Apotheke oder beim Arzt eine Aufklärung über die schädlichen Nebenwirkungen erfolgen kann.
- Ausnahmen von der Zulassungspflicht sind in § 21 Abs. 2 AMG geregelt. Gemäß § 21 Abs. 4 AMG entscheidet bei Zweifeln über die Zulassungspflicht eines Arzneimittels die zuständige Bundesoberbehörde über den Status des betroffenen Arzneimittels.
- Das vorsätzliche Inverkehrbringen von Fertigarzneimitteln unter Verstoß gegen § 21 AMG stellt eine Straftat nach § 96 Nr. 5 AMG dar. Bei fahrlässigem Handeln liegt eine Ordnungswidrigkeit nach § 97 Abs. 1 AMG vor.
Handel verschreibungspflichtige Arzneimittel
- Verstöße gegen § 43 AMG werden als Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten verfolgt.
- Das vorsätzliche oder fahrlässige Inverkehrbringen von apotheken- oder verschreibungspflichtigen Arzneimitteln unter Verstoß gegen § 43 Abs. 1 S. 1 AMG ist eine Ordnungswidrigkeit gemäß § 97 Abs. 2 Nr. 10 AMG. Bei apothekenpflichtigen Arzneimitteln gilt dies selbst dann, wenn unter Verstoß gegen § 43 Abs. 1 S. 2 AMG Handel getrieben wird.
- Das vorsätzliche oder fahrlässige Handeltreiben mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln unter Verstoß gegen § 43 Abs. 1 S. 2 AMG ist gemäß § 95 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 4 AMG eine Straftat.
Was gilt bei Apothekenpflicht?
- Das berufs- oder gewerbsmäßige Inverkehrbringen von apothekenpflichtigen Arzneimitteln für den Endverbraucher ist gemäß § 43 Abs. 1 S. 1 AMG den Apotheken vorbehalten.
- Wenn ein Arzt seinem Patienten ein Arzneimittel verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überlässt, stellt dies kein Inverkehrbringen dar.
- Anders verhält es sich, wenn der Arzt das Arzneimittel an den Patienten abgibt und dieser somit tatsächliche Verfügungsgewalt erlangt.
- Allerdings ist dann zu prüfen, ob diese Abgabe berufs- oder gewerbsmäßig erfolgt ist. Das ist nicht der Fall bei einer entgeltlichen oder unentgeltlichen Abgabe im Einzelfall. Eine wiederholten Abgabe zum Selbstkostenpreis kann bereits problematisch sein. Denn ein Inverkehrbringen muss gemäß § 17 Abs. 1 ApBetrO grundsätzlich in der Apotheke erfolgen.
Was gilt beim Versandhandel Inland?
- Apotheken- oder verschreibungspflichtige Arzneimittel dürfen nach Erteilung einer entsprechenden Erlaubnis gemäß § 11a ApoG durch inländische Apotheken auch im Wege des Versandhandels im Inland in den Verkehr gebracht werden.
- Die Auslieferung durch den Beförderungsdienstleister kann auch an eine Abholstation erfolgen.
- Ausgeschlossen vom Versandhandel sind allerdings Arzneimittel, die bestimmte Wirkstoffe gemäß § 17 Abs. 2b ApBetrO enthalten.
Was gilt beim Versandhandel EU-Ausland?
- Der Versandhandel aus dem EU-
Ausland an inländische Endverbraucher ist gemäß § 73 Abs. S. 1 Nr. 1a AMG nur von einer dazu berechtigten Apotheke zulässig. - Die Arzneimittel müssen entsprechend den deutschen Vorschriften zum Versandhandel oder zum elektronischen Handel verschickt werden. Die Apotheke muss hierbei zum Versandhandel nach ihrem nationalen Recht, soweit es dem deutschen Apothekenrecht im Hinblick auf die Vorschriften zum Versandhandel entspricht, oder nach dem deutschen Apothekengesetz befugt sein.
- Hierzu veröffentlicht das Bundesministerium für Gesundheit in regelmäßigen Abständen eine Übersicht über die EU-
Mitgliedstaaten und anderen EWR- Vertragsstaaten, in denen für den Versandhandel und den elektronischen Handel mit Arzneimitteln dem deutschen Recht vergleichbare Sicherheitsstandards bestehen. - Apotheken aus anderen EU- bzw. EWR-
Staaten, in denen diese Vergleichbarkeit derzeit nicht besteht, können eine Versandhandelserlaubnis nach dem deutschen Apothekengesetz beantragen. Diese sind gegebenenfalls im Versandapothekenregister des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information abrufbar.
Was versteht man unter Handeltreiben?
- Die Definition des Handeltreibens im Arzneimittelrecht kann dem Betäubungsmittelrecht entnommen werden. Daher ist nicht erforderlich, dass das Handeln berufs- oder gewerbsmäßig oder wiederholt erfolgt. Voraussetzung ist aber entgegen der Gesetzesbegründung, dass eigennützig gehandelt wird. Eigennützigkeit setzt die Absicht voraus, Gewinn zu erzielen.
- Es hängt von der bestellten Menge ab, ob sich nicht nur der Verkäufer gemäß § 95 Abs. 1 Nr. 4 AMG, sondern auch der Erwerber wegen Handeltreiben mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln strafbar macht.
- Andernfalls liegt bei Bestellungen im EU-
Ausland nur eine Ordnungswidrigkeit gemäß § 97 Abs. 2 Nr. 8 AMG wegen Verstoßes gegen das Verbringungsverbot gemäß § 73 AMG vor. - Der tateinheitlich mitverwirklichte Straftatbestand des Bannbruches gemäß § 372 Abs. 1 AO tritt im Wege der Subsidiarität zurück. Der Grundsatz nach § 21 OWiG, wonach die Straftat die Ordnungswidrigkeit verdrängt, wird durch § 372 Abs. 2 AO umgekehrt.
- Sildenafil ist ein Generikum des Arzneimittels Viagra und enthält den gleichen Wirkstoff. Sildenafil dient zur Behandlung von dauerhafter Impotenz und Erektionsstörungen bei Männern. Das Arzneimittel ist in den Dosierungen 50 mg, 75 mg und 100 mg erhältlich.
- Das Potenzmittel Sildenafil unterliegt in Deutschland der Verschreibungspflicht. Der Vertrieb erfolgt aber nicht nur durch die gängigen legalen Hersteller unter Beachtung der arzneimittelrechtlichen Vorschriften. Das Arzneimittel wird auch kostengünstig in Asien produziert und anschließend illegal über das Internet in Deutschland angeboten.
Abgabe verschreibungspflichtige Arzneimittel
- Gemäß § 48 Abs. S. 1 AMG dürfen verschreibungspflichtige Arzneimittel nur bei Vorliegen einer ärztlichen Verschreibung an den Verbraucher abgegeben werden. Bei Betäubungsmitteln sind auch die Bestimmungen der BtMVV zu beachten. Grundlage für die Verschreibungspflicht ist die Anlage 1 zur AMVV.
- Eine Verschreibung per Telefax oder Email ist nicht ausreichend. Die Verschreibung muss dem Apotheker grundsätzlich zum Zeitpunkt der Abgabe körperlich oder in elektronischer Form vorliegen.
- Ausnahmsweise kann der Arzt den Apotheker aber in geeigneter Weise, insbesondere fernmündlich, über die Verschreibung und deren Inhalt unterrichten, sofern die Anwendung eines Arzneimittels gemäß § 4 Abs. 1 S. 1 AMVV keinen Aufschub erlaubt. Insoweit reichen schwere Schmerzzustände aus. Die Frage der Unaufschiebbarkeit wird allein durch den verschreibenden Arzt bewertet, nicht durch den Apotheker.
Die Verschreibung ist gemäß § 4 Abs. 1 S. 3 AMVV unverzüglich nachzureichen. Ein Unterbleiben führt aber gleichwohl nicht zu einer Strafbarkeit nach § 96 Nr. 13 AMG.
- Unter den Voraussetzungen des § 129 SBG V darf der Apotheker ein preisgünstigeres Arzneimittel oder Arzneimittel in wirtschaftlicheren Einzelmengen abgeben.
- Gemäß § 48 Abs. 1 S. 2 AMG darf eine Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln nicht erfolgen, wenn vor der Verschreibung offenkundig kein direkter Kontakt zwischen Arzt und Patient stattgefunden hat. Das gilt gemäß § 48 Abs. 1 S. 3 AMG nur dann nicht, wenn der Patient dem Arzt aus einem vorangegangenen direkten Kontakt hinreichend bekannt ist und es sich lediglich um die Wiederholung oder die Fortsetzung der Behandlung handelt.
- Ein Coffein-
Paracetamol- Gemisch ist auch dann ein verschreibungspflichtiges Arzneimittel, wenn es als Streckmittel für Betäubungsmittel verkauft wird. Arzneimittel, die Paracetamol enthalten, sind aber von der Verschreibungspflicht ausgenommen, wenn sie der symptomatischen Behandlung mäßig bis starker Schmerzen und/ oder Fieber beim Menschen dienen und eine Gesamtwirkstoffmenge von bis zu 10g je Packung nicht übersteigen. - Die vorsätzliche Abgabe eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels unter Verstoß gegen § 48 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AMG ist eine Straftat gemäß § 96 Nr. 13 AMG. Bei fahrlässigem Handeln ist nur eine Ordnungswidrigkeit gemäß § 97 Abs. 1 AMG verwirklicht.
Verschreiben Cannabis
- Cannabis findet bei unterschiedlichen Krankheiten medizinische Anwendung. Nach der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) kann für Patienten, die unter einer Therapie mit zugelassenen Arzneimitteln keine ausreichende Linderung von Symptomen wie Spastik, Schmerzen, Übelkeit oder Erbrechen haben, die Gabe von Cannabinoiden als individueller Therapieversuch erwogen werden, insbesondere in der Palliativmedizin. Die
Selbstmedikation ist jedoch verboten.
- Mit dem am 10. März 2017 in Kraft getretenen Gesetz zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften hat der Gesetzgeber die Möglichkeiten zum Verschreiben von Cannabisarzneimitteln erweitert. Ärzte können nunmehr Cannabisblüten und Extrakte aus Cannabis mittels Betäubungsmittelrezept verordnen.
- Gleichzeitig hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eine Cannabisagentur eingerichtet. Die Cannabisagentur wird den Anbau von Cannabis zu medizinischen Zwecken in Deutschland steuern und kontrollieren.
- Nach § 13 Abs. 1 BtMG und der Anlage III zu § 1 BtMG kann Cannabis aus einem Anbau, der zu medizinischen Zwecken unter staatlicher Kontrolle erfolgt ist, in Form von Cannabisblüten als Rezepturarzneimittel sowie in Zubereitungen, die als Fertigarzneimittel zugelassen sind, ärztlich verschrieben werden.
- Dabei müssen die arznei- und betäubungsmittelrechtlichen Vorgaben einhalten werden. Eine Ausnahmeerlaubnis nach § 3 Abs. 2 BtMG ist für den Erwerb nicht mehr erforderlich. Nach § 13 Abs. 2 BtMG dürfen die so verschriebenen Betäubungsmittel ausschließlich in Apotheken und nur gegen Vorlage des ärztlichen Betäubungsmittelrezeptes abgegeben werden.
Wann ist Cannabis Rezepturarzneimittel?
- Medizinischen Cannabisblüten werden aus importierten Cannabisblüten als Ausgangsstoff in der Apotheke hergestellt. Es handelt sich dann um Rezepturarzneimittel.
- Die Verschreibungshöchstmenge für Cannabisblüten beträgt unabhängig vom Gehalt einzelner Cannabinoide in der jeweiligen Cannabissorte 100 g in 30 Tagen. Auf dem Rezept muss neben der Menge auch die Cannabissorte angegeben werden. Es können auch verschiedene Sorten mit unterschiedlichen THC-
Gehalten gleichzeitig auf einem Rezept verschrieben werden. Wie auch sonst bei der Verschreibung von Betäubungsmitteln kann im begründeten Einzelfall durch Kennzeichnung mit dem Buchstaben A von der festgesetzten Höchstmenge abgewichen werden. - Aktuell können ausschließlich aus dem Ausland (Niederlande, Kanada) importierte Cannabissorten verordnet werden.
- Alle 13 derzeit verfügbaren Sorten sind auf den Gehalt der Cannabinoide THC und CBD standardisiert. Der THC-
Gehalt liegt zwischen 1% und 22%. Die Cannabissorte mit dem höchsten Wirkstoffgehalt an THC ist derzeit Bedrocan. Der CBD- Gehalt liegt zwischen 0,05% und 10,2%. - CBD ist neben THC der bekannteste Wirkstoff der Hanfpflanze und unterliegt nicht den rechtlichen Beschränkungen wie THC. CBD ist nur schwach psychoaktiv wirksam und wirkt der THC-
Wirkung entgegen. Durch seine antipsychotische Wirkung und die Hemmung des THC wirkt es durch Cannabiskonsum induzierten Psychosen sowie Schizophrenien entgegen. - Grundsätzlich kann Cannabis inhaliert oder oral aufgenommen werden.
- Eine Inhalation ist durch Rauchen und Verdampfen mittels Vaporisator möglich. Der große Vorteil des Verdampfens liegt darin, dass keine potenziell schädigenden verbrannten Pflanzenmaterialien wie beim Rauchen eingeatmet werden. Je nach Aufnahmeform ist die Pharmakokinetik sehr unterschiedlich. Der Wirkeintritt beim Inhalieren ist deutlich schneller als bei der oralen Aufnahme.
- Dagegen ist die Wirkungsdauer bei der oralen Aufnahme deutlich länger als beim Inhalieren.
Wann ist Cannabis Fertigarzneimittel?
- Neben den neuen Regelungen bleiben die bisherigen Therapie- und Verschreibungsmöglichkeiten für verschiedene Fertigarzneimittel bestehen.
- Diese Fertigarzneimittel enthalten entweder den natürlichen Wirkstoff THC oder den vollsynthetischen Wirkstoff Nabilon oder den halbsynthetischen Wirkstoff Dronabinol.
- Die Wirkstoffe Nabilon und Dronabinol können von Apotheken auch zur Herstellung von Rezepturarzneimitteln verwendet werden.
- Allerdings besteht bei den Fertigarzneimitteln nach wie vor nur für das Mundspray Sativex mit dem natürlichen Wirkstoff THC eine arzneimittelrechtliche Zulassung in Deutschland für die Therapie der mittelschweren bis schweren Spastik bei Erwachsenen mit Multipler Sklerose. Dieser Cannabisextrakt besteht aus einer Kombination von Tetrahydrocannabinol und Cannabidiol.
Was bedeutet off-label-use?
- In der Praxis wird Sativex aber teilweise auch zur Behandlung von Krankheiten eingesetzt, für die der Hersteller keine Zulassung beantragt hat. Gleiches gilt für die Wirkstoffe Dronabinol und Nabilon. Man spricht dann von off-
label- use. - Gemeint ist damit, dass ein Arzneimittel gegen eine Krankheit eingesetzt wird, für die es vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) als zuständige deutsche Zulassungsbehörde keine Genehmigung hat. Denn es gibt keine Pflicht für die Hersteller von Arzneimitteln, für ein Arzneimittel in allen Ländern die gleiche Zulassung zu beantragen. Es kann daher vorkommen, dass ein Wirkstoff für eine bestimmte Krankheit in Deutschland nicht zugelassen ist, gleichwohl aber in einem anderen Land zur Behandlung eben dieser Krankheit eingesetzt wird. Es liegt dann in der Entscheidung und Verantwortung des behandelnden Arztes, ob er das Arzneimittel off-
label verschreibt. - Vor einer Behandlung mit Medikamenten im off-
label- use muss der Patient über die möglichen Folgen und Risiken umfassend aufgeklärt werden. - Auf Dronabinol beruht ein Fertigarzneimittel, das in den USA und Kanada für die Indikationen Appetitlosigkeit bei Gewichtsverlust von AIDS-
Patienten sowie Übelkeit und Erbrechen im Zusammenhang mit einer Chemotherapie von Krebspatienten zugelassen ist. - Auf Nabilon beruht ein Fertigarzneimittel, das in Großbritannien, Spanien und Österreich für die Indikationen Anorexie und Kachexie bei AIDS-
Patienten sowie als Antiseptikum bei Übelkeit und Erbrechen unter Zytostatika oder Bestrahlungstherapie im Zusammenhang mit einer Krebstherapie zugelassen ist. - Beim off-
label- use werden die Arzneimittel im Wege des Einzelimports gemäß § 73 Abs. 3 AMG in eine deutsche Apotheke verbracht und abgegeben. - Die Wirkstoffe können aber auch als Ausgangsstoffe zur Herstellung von Rezepturarzneimitteln verwendet und dann aufgrund eines Betäubungsmittelrezepts abgegeben werden.
- Gemäß § 32 Abs. 6 SGB V besteht unter den genannten Voraussetzungen gegenüber der gesetzlichen Krankenkasse ein Anspruch auf Versorgung mit Cannabisprodukten.
Das Inverkehrbringen bedenklicher Arzneimittel ist gemäß § 95 Abs. 1 Nr. 1 AMG strafbar. Der Besitz und der Erwerb zum Eigenverbrauch sind straflos. Ein Beispiel für bedenkliche Arzneimittel sind Poppers mit den Wirkstoffen Isoamylnitrit, Isobutylnitrit oder Amylnitrat. Bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln hängt es von der bestellten Menge ab, ob sich nicht nur der Verkäufer gemäß § 95 Abs. 1 Nr. 4 AMG, sondern auch der Erwerber wegen Handeltreiben mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln strafbar macht. Zumindest kann für den Erwerber bei Bestellungen im Ausland eine Ordnungswidrigkeit gemäß § 97 Abs. 2 Nr. 8 AMG wegen Verstoßes gegen das Verbringungsverbot gemäß § 73 AMG vorliegen. In der Praxis sind insbesondere Potenzmittel relevant. Beispielsweise ist das verschreibungspflichtige Arzneimittel Sildenafil ein Generikum des Arzneimittels Viagra und wird oft kostengünstig in Asien für den Versandhandel im Internet produziert.
Ärzte können Cannabisblüten (Rezepturarzneimittel) und Extrakte aus Cannabis (Fertigarzneimittel) mittels Betäubungsmittelrezept verordnen. Die Verschreibung von Cannabinoiden kann für Patienten, die unter einer Therapie mit zugelassenen Arzneimitteln keine ausreichende Linderung von Symptomen wie Spastik, Schmerzen, Übelkeit oder Erbrechen haben, als individueller Therapieversuch erwogen werden, insbesondere in der Palliativmedizin.
Die Verschreibungshöchstmenge für Cannabisblüten beträgt unabhängig vom Gehalt einzelner Cannabinoide in der jeweiligen Cannabissorte 100 g in 30 Tagen. Fertigarzneimittel enthalten entweder den natürlichen Wirkstoff THC oder den vollsynthetischen Wirkstoff Nabilon oder den halbsynthetischen Wirkstoff Dronabinol. Allerdings besteht bei den Fertigarzneimitteln nur für das Mundspray Sativex mit dem natürlichen Wirkstoff THC eine arzneimittelrechtliche Zulassung in Deutschland.
In der Praxis wird Sativex teilweise auch zur Behandlung von Krankheiten eingesetzt, für die der Hersteller keine Zulassung beantragt hat. Gleiches gilt für die Wirkstoffe Dronabinol und Nabilon. Man spricht dann von off-