Gesundheitszeugnisse
- Zur Eindämmung der Corona-
Pandemie findet in vielen Bereichen des öffentlichen Lebens die 3G- Regel Anwendung. Für einen Zugang ist dann der Nachweis einer Schutzimpfung gegen das COVID- 19 Virus durch Vorlage eines elektronisches Impfzertifikats oder der Genesung von einer Corona- Erkrankung durch Vorlage eines positiven PCR- Tests oder einer negativen Testung durch Vorlage eines Antigen- Schnelltests erforderlich. Dadurch steigt der Anreiz, die sozialen Einschränkungen durch unrichtige Gesundheitszeugnisse zu umgehen. Um in den Besitz eines elektronischen Impfzertifikats zu kommen, muss man zum Zwecke der Digitalisierung zunächst in einer Apotheke einen Impfausweis mit eingetragener Corona-
Schutzimpfung vorlegen. Mittlerweile hat sich daher ein florierender Schwarzmarkt für gefälschte Impfpässe etabliert. - Bis zum 23.11.2021 war es nicht strafbar, wenn man zum Erhalt eines elektronischen Impfzertifikats in der Apotheke einen gefälschten Impfpass vorgelegt hat. Denn der Straftatbestand der Urkundenfälschung war auf Gesundheitszeugnisse nicht anwendbar, da insoweit die spezielleren Vorschriften der §§ 277 ff. StGB galten. Nach diesen Normen war eine Strafbarkeit aber ausgeschlossen, da diese einen Gebrauch zur Täuschung gegenüber einer Behörde oder Versicherung voraussetzten. Die allgemeine Täuschung im Rechtsverkehr war also nicht erfasst. Der Gesetzgeber hat diese Regelungslücke geschlossen, indem er die §§ 275 bis 281 StGB entsprechend geändert hat.
- Die unbefugte Herstellung von Impf- und Testzertifikaten unter gleichzeitiger Täuschung über die Identität des Ausstellers und der Gebrauch solcher Zertifikate erfüllen seit dem 24.11.2021 den Straftatbestand der Urkundenfälschung gemäß § 267 StGB, da dieser beim Umgang mit Gesundheitszeugnissen nicht mehr von den §§ 277, 279 StGB verdrängt wird. Wegen des erhöhten Unrechtsgehalts findet dann ein verschärfter Strafrahmen Anwendung.
Ist die Herstellung von Impfausweisen strafbar?
- Bereits das Vorbereiten der Herstellung von gefälschten Impfausweisen ist aber gemäß § 275 Abs. 1a StGB strafbar.
- Der Straftatbestand sanktioniert nur den Umgang mit noch nicht personalisierten Impfausweisen, die eine tatsächlich nicht durchgeführte Corona-
Schutzimpfung dokumentieren. Auf Blankette mit Nachweisen von positiven oder negativen Testungen ist die Vorschrift nicht anwendbar.
Ist das unbefugte Ausstellen von Impfausweisen strafbar?
- Strafbar ist gemäß § 277 StGB weiterhin das unbefugte Ausstellen von Gesundheitszeugnissen.
- Gesundheitszeugnisse sind körperlich oder elektronisch fixierte Aussagen über die körperliche oder psychische Gesundheit oder Krankheit eines Menschen. Neben Corona-
Testzertifikaten gehören dazu auch Impfausweise. - Erfasst wird das Ausstellen eines Gesundheitszeugnisses unter der nicht zutreffenden Bezeichnung des Ausstellers als Arzt oder andere approbierte Medizinalperson. Es handelt sich also um eine schriftliche Lüge, nicht um eine Urkundenfälschung. Denn getäuscht wird nicht über die Identität des Ausstellers, sondern über dessen Qualifikation.
- Es kommt nicht darauf an, ob die in einem Impfausweis enthaltene Angabe über das Vorliegen einer Schutzimpfung richtig oder falsch ist. Gegenüber den Urkundendelikten besteht Subsidiarität.
Ist das Ausstellen unrichtiger Impfausweise strafbar?
- Beim Ausstellen unrichtiger Gesundheitszeugnisse gemäß § 278 StGB handelt es sich um ein Sonderdelikt für Ärzte und andere approbierte Medizinalpersonen wie etwas Apotheker.
- Durch diese Strafvorschrift soll die inhaltliche Richtigkeit echter Gesundheitszeugnisse geschützt werden. Auch bei dieser Tat handelt es sich um eine schriftliche Lüge und nicht um eine Urkundenfälschung.
- Nach der Rechtsprechung (LG Frankfurt am Main, 5/
26 Qs 2/ 21) kann ein durch einen Arzt ausgestelltes Attest, in dem dieser bestätigt, dass für die betroffene Person das Tragen einer Infektionsschutzmaske nicht ratsam ist, ein Gesundheitszeugnis im Sinne der §§ 277 ff. StGB darstellen.
Ist der Gebrauch unrichtiger Impfausweise strafbar?
- In § 279 StGB wird der Gebrauch unrichtiger Gesundheitszeugnisse im Sinne der §§ 277, 278 StGB unter Strafe gestellt. Gegenüber den Urkundendelikten besteht wiederum Subsidiarität.
- Eine Täuschung im Rechtsverkehr ist unter anderem gegeben bei der beabsichtigten Nutzung eines Impf- oder Testzertifikats, um Zugang in die Gastronomie, zu Sport- und Kulturveranstaltungen oder zum Arbeitsplatz erhalten.
Ist der Gebrauch von fremden Impfausweisen strafbar?
- Gesundheitszeugnisse stehen den Ausweispapieren gleich. Wer einen Impfausweis einer anderen Person verwendet, um sich Zutritt zu einer Veranstaltung mit 2G-
Regelung zu verschaffen, macht sich daher gemäß § 281 StGB wegen Missbrauch von Ausweispapieren strafbar. - Das gilt auch dann, wenn der Täter selbst geimpft ist und den Impfausweis nur benutzt, weil er seinen eigenen vergessen hat.
- Der Inhaber eines Impfpasses macht sich ebenfalls strafbar, wenn er diesen einer anderen Person überlasst, auf die das Gesundheitszeugnis nicht ausgestellt ist.
Ist die unrichtige digitale Bescheinigung einer Schutzimpfung strafbar?
- In § 75a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 IfSG wird nur die unrichtige digitale Bescheinigung einer Schutzimpfung gegen SARS-
CoV‑2 oder Corona- Testung und der Gebrauch einer solchen Bescheinigung erfasst, nicht jedoch der Umgang mit Blanko-Zertifikaten. - Zwischen § 75a IfSG und den §§ 277 ff. StGB besteht Idealkonkurrenz.
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