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Kinderpornographie
- Der Gesetzgeber sieht im Umgang mit Kinderpornographie gemäß § 184b StGB eine mittelbare Förderung des sexuellen Missbrauchs von Kindern. Die Vorschrift soll daher dem Schutz kindlicher Belange dienen, indem entsprechende Verhaltensweisen mit teilweise erhöhtem Strafrahmen verfolgt werden können.
- Denn der Herstellung von Kinderpornographie liegt oftmals ein sexueller Missbrauch von Kindern gemäß § 176 StGB zugrunde. Allerdings ist empirisch nicht erwiesen, dass auch der Betrachter derartiger Inhalte zum Missbrauch angeregt wird.
Der Tatbestand wird von der Rechtsprechung sehr extensiv ausgelegt. Es handelt sich mittlerweile um ein internettypisches Delikt, da die Weitergabe inkriminierter Inhalte durch die elektronische Übertragung in Datennetzen die frühere Verbreitung von gedruckten kinderpornographischen Schriften mehr oder weniger abgelöst hat.
- Bei Internetdelikten kann die Bestimmung des Tatorts gemäß § 9 StGB und damit die Anwendbarkeit deutschen Strafrechts gemäß § 3 StGB aufgrund der globalisierten Kommunikation in Datennetzen problematisch sein. Denn nicht selten handeln die Täter aus dem Ausland. Die Anwendbarkeit deutschen Strafrechts kann sich aber auch aus § 6 Nr. 6 StGB ergeben. Unschädlich ist es, wenn sich nur der Server im Ausland befindet und der Täter seinen Sitz im Bundesgebiet hat.
- Haben die Inhalte sexuelle Handlungen von, an oder vor Jugendlichen, also Personen von vierzehn bis siebzehn Jahren, oder die Wiedergabe eines ganz oder teilweise unbekleideten Jugendlichen in unnatürlich geschlechtsbetonter Körperhaltung zum Gegenstand, kommt wegen des geringeren Unrechtsgehaltes in Gestalt des Straftatbestandes der Jugendpornographie gemäß § 184c StGB eine Vorschrift mit herabgesetzter Strafdrohung zur Anwendung.
Was ist ein kinderpornographischer Inhalt?
- Datenspeicher stehen Inhalten nach § 11 Abs. 3 StGB gleich. Es ist daher unschädlich, wenn eine Darstellung nur unter Zuhilfenahme technischer Geräte, insbesondere durch Anzeige an einem Bildschirm, wahrnehmbar wird. Datenträger sind insbesondere Festplatten von Computern, Datenspeicher von Smartphones, USB-
Sticks und CD- ROMs. Auch elektronische Arbeitsspeicher von Rechnern oder Netzwerkservern werden erfasst. - Grundsätzlich besteht zwar ein Unterschied zwischen Daten und Datenspeicher, weswegen Dateien selbst eigentlich keine Datenspeicher sind. Die Rechtsprechung dehnt den Begriff des Datenspeichers aber sogar auf digitalisierte Fotos aus, die ins Internet gestellt werden, da diese Dateien auf einem Datenträger, in der Regel der Festplatte des Servers, gespeichert sind. Gespeicherte Daten sind daher den Schriften gleichgestellt.
- Der Inhalt muss nach dem Wortlaut des Gesetzgebers einen pornographischen Charakter haben. Unter Zugrundelegung des allgemeinen Pornographiebegriffs gemäß § 184 StGB fallen darunter Darstellungen, die unter Ausklammerung sonstiger menschlicher Bezüge sexuelle Vorgänge in grob aufdringlicher Weise in den Vordergrund rücken, wobei die Gesamttendenz ausschließlich oder überwiegend auf sexuelle Stimulation angelegt ist, und dabei die im Einklang mit allgemeinen gesellschaftlichen Wertvorstellung gezogenen Grenzen eindeutig überschreiten. Daran kann es bei Aufklärungsmaterial fehlen, insbesondere wenn nicht einmal ein tatsächliches Geschehen wiedergegeben wird.
- Allerdings unterscheidet sich die Legaldefinition für Kinderpornographie in § 184b Abs. 1 Nr. 1 StGB vom allgemeinen Pornographiebegriff, dessen besondere Anforderungen daher nicht gegeben sein müssen. Buchstabe a bezieht sich auf sexuelle Missbrauchshandlungen, allerdings ohne Beschränkung auf Tathandlungen nach § 176 StGB. Die Buchstaben b und c erfassen das sogenannte Posing.
- Nach früherer Rechtsprechung war beim strafbaren Posing erforderlich, dass die von dem Kind eingenommene Körperposition objektiv einen eindeutigen Sexualbezug aufweist und auf einer aktiven Handlung beruht. Hierdurch ergaben sich nicht unerhebliche Unsicherheiten in der strafrechtlichen Bewertung.
Sexueller Missbrauch
- Nach § 184b Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB ist ein Inhalt kinderpornographisch, wenn er sexuelle Handlungen von, an oder vor einem Kind, also einer Person unter vierzehn Jahren, zum Gegenstand hat.
- Die Darstellung der sexuellen Handlung muss zwar nicht dominierend sein. Eine sexueller Übergriff liegt aber nur vor, wenn sie gemäß § 184h Nr. 1 StGB von einiger Erheblichkeit ist.
- Weiterhin ist nicht erforderlich, dass das Kind den sexuellen Charakter der Handlung erkennt.
- Auf einen Körperkontakt kommt es ebenso nicht an.
- Sexuelle Handlungen an einem Kind können auch durch ein anderes Kind vorgenommen werden. Sexuelle Handlungen von einem Kind können durch das Kind auch an sich selbst vorgenommen werden.
Obszönes Posing
- Nach § 184b Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b StGB ist ein Inhalt außerdem kinderpornographisch, wenn er die Wiedergabe eines ganz oder teilweise unbekleideten Kindes in unnatürlich geschlechtsbetonter Körperhaltung zum Gegenstand hat.
- Das Merkmal der Unbekleidetheit bezieht sich auf die primären (Genitalien) oder sekundären (Brust, Hintern) Geschlechtsmerkmale.
- Das Merkmal der unnatürlichen geschlechtsbetonten Körperhaltung zielt auf Posen ab, die sexualbezogen erscheinen. Erfasst werden also keine Darstellungen unwillkürlicher Positionen (Schlaf), sondern nur bewusst sexualisierte Körperhaltungen (Spreizen der Beine, Herausstrecken von als sexuell stimulierend angesehen Körperteilen).
- Unter den Kinderpornographiebegriff fallen daher auch sogenannte Model-
Serien. Darstellungen unbekleideter Kinder in natürlichen Positionen, beispielsweise bei der Körperpflege, werden nicht erfasst. - Für die Bewertung der Natürlichkeit oder Unnatürlichkeit einer Körperhaltung ist auch das Alter des Kindes und die abgebildete Umgebung miteinzubeziehen.
- Erforderlich ist wiederum nicht, dass sich das Kind seiner sexualbezogenen Verhaltensweise bewusst ist.
Aufreizendes Posing
- Abbildungen, die an sich keinen Bezug zu sexuellen Handlungen haben, solche jedoch intendieren, fallen unter § 184b Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c StGB. Danach ist ein Inhalt auch dann kinderpornographisch, wenn er die sexuell aufreizende Wiedergabe der unbekleideten Genitalien oder des unbekleideten Gesäßes eines Kindes zum Gegenstand hat.
- Hierdurch wird im Grunde jede Verknüpfung von kindlichem Körper und Sexualität unter Strafe gestellt. Erfasst werden auch natürliche und unwillkürliche Körperhaltungen.
- Die Vorschrift zielt vor allem auf Nahaufnahmen von Genitalien ab.
- Während bei den Buchstaben a und b der Zeitpunkt der Herstellung maßgeblich ist, kommt es bei der sexuell aufreizenden Wiedergabe auf den Zeitpunkt der sonstigen Tathandlungen an.
- Aufgrund der subjektiven Zwecksetzung sind gewöhnliche Nacktaufnahmen von Kindern im Besitz der Eltern nicht tatbestandserfüllend.
Wann liegt ein Verbreiten vor?
- Der Begriff des Verbreitens gemäß § 184b Abs. 1 Nr. 1 Var. 1 StGB ist enger als derjenige der gesetzlichen Überschrift, der auch das Zugänglichmachen gemäß § 184b Abs. 1 Nr. 1 Var. 2 StGB und sowie Tathandlungen gemäß § 184b Abs. 2 und 3 StGB erfasst.
- Unter Verbreiten gemäß § 184b Abs. 1 Nr. 1 Var. 1 StGB versteht man die Weitergabe an eine nicht mehr individualisierbare Vielzahl anderer Personen, wobei auch ein bestimmter Kreis mit zahlreichen Mitgliedern ausreicht.
- Eine Gewahrsamserlangung oder tatsächliche Kenntnisnahme Dritter ist bei gedruckten Schriften nicht notwendig. Die Tat ist hier bereits vollendet, wenn sich der Täter der kinderpornographischen Schriften dergestalt entäußert, dass er die Kenntnisnahme Dritter nicht mehr verhindern kann. Unter Strafe gestellt wird also bereits die Verbreitungstätigkeit, auf den Erfolg kommt es nicht an. Zu unterscheiden ist zwischen der Mengenverbreitung und der Kettenverbreitung.
Tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen
- Die Wiedergabe eines tatsächlichen oder wirklichkeitsnahen Geschehens ist beim Verbreiten nicht erforderlich. Die Darstellung hat daher ein Kind zum Gegenstand, wenn sie von einer realen oder fiktiven Person handelt, die zum Zeitpunkt des Geschehens das vierzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder ihrem objektiven Erscheinungsbild nach dieser Altersgruppe zuzuordnen ist.
- Bei realen Personen muss somit das tatsächliche Alter nicht ermittelt werden. Steht das konkrete Alter jedoch fest, sind weder abweichende Altersangaben noch ein objektiv älteres Erscheinungsbild erheblich.
- Bei fiktiven Personen ist immer nur das objektive Erscheinungsbild maßgeblich. Der Tatbestand ist also auch dann erfüllt, wenn eine tatsächlich kindliche Person als älter ausgegeben wird. Im umgekehrten Fall kommt es auf den Sinnzusammenhang und die Sicht eines objektiven Betrachters an. Grundsätzlich werden auch Zeichentrickfilme erfasst.
Internet
- Gedruckte Schriften werden in der Regel durch körperliche Übergabe verbreitet. Wegen der Gleichstellung von Datenträgern und Schriften mit Inhalten hat die Rechtsprechung für die Datenübertragung im Internet aber einen spezifischen Verbreitensbegriff konstruiert.
- Demnach liegt ein vollendetes Verbreiten bereits dann vor, wenn eine Datei auf dem Rechner eines Nutzers angekommen ist. Hierbei spielt es keine Rolle, ob die Daten vom Versender im Wege des Uploads geschickt
oder vom Nutzer im Wege des Downloads, also durch Anklicken eines Links, abgerufen werden. Denn schon mit dem Einrichten eines Hyperlinks ist der Anbieter aktiv geworden. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Daten beim Nutzer dauerhaft abgespeichert oder nur in den Arbeitsspeicher geladen werden. Anders als beim öffentlichen Zugänglichmachen ist aber zumindest eine Lesezugriff des Nutzers erforderlich. Datenspeicher können also durch einen elektronischen Transport des Dateninhalts selbst verbreitet werden.
- Der Unterschied zum öffentlichen Zugänglichmachen liegt darin, dass die Datei durch einen Adressaten vervielfältigt und weitergegeben werden kann. Die Weitergabe an nur eine bestimmte Einzelperson, beispielsweise durch Versenden einer Email, ist jedoch keine geeignete Tathandlung, auch wenn dies zum Zweck der Veröffentlichung geschieht. Es liegt dann aber zumindest eine strafbare Fremdbesitzverschaffung gemäß § 184b Abs. 1 Nr. 2 StGB vor. Anders verhält es sich natürlich, wenn der Täter zur Weitergabe eine offene Mailingliste verwendet.
Was ist öffentliches Zugänglichmachen?
- Ein öffentliches Zugänglichmachen gemäß § 184b Abs. 1 Nr. 1 Var. 2 StGB liegt dagegen schon dann vor, wenn eine Datei zum Lesezugriff im Internet bereitgestellt wird.
- Öffentlich bedeutet in diesem Zusammenhang, dass einem größeren, in seiner Zahl und Zusammensetzung unbestimmten Personenkreis die Möglichkeit der Kenntnisnahme eröffnet wird.
- Es ist also nicht erforderlich, dass ein Empfänger die Daten tatsächlich zur Kenntnis nimmt oder permanent abspeichert. Der Unterschied zum Verbreiten liegt demnach darin, dass die Datei nicht auf dem Rechner eines Nutzers angekommen ist und daher auch nicht weitergegeben werden kann.
- Insbesondere bei der Nutzung von Tauschbörsen werden beim Download zumindest die heruntergeladenen Dateien automatisch
auch einer unbestimmten Anzahl weiterer Benutzer zur Verfügung gestellt. Es liegt im Wesen einer Tauschbörse begründet, dass der Nutzer dies während des Downloads auch nicht durch individuelle Einstellungen verhindern kann, da durch diese Zugriffsoption eine beschleunigte Übertragung von Daten ermöglicht wird. Denn eine vollständig empfangene Datei kann sich aus unterschiedlichen Dateifragmenten von verschiedenen Benutzern zusammensetzen. Ein Verschieben der Dateien in Bereiche ohne Zugriffsmöglichkeit ist erst nach dem Download möglich. Durch diese Maßnahme wird allerdings auch nur das öffentliche Zugänglichmachen beendet und ein strafbarer Eigenbesitz schließt sich sodann als Dauerdelikt an.
- Öffentlich sind auch geschlossene Benutzergruppen, sofern diese von jedermann betreten werden können. Es ist daher unerheblich, wenn der Betreiber einer entsprechenden Plattform im Internet den Zugang lediglich durch Scheinhindernisse beschränkt.
- Beim Posten von Hyperlinks kommt es nicht darauf an, ob der Benutzer den Link direkt anklicken kann oder zunächst die Zieladresse in seinen Browser kopieren und anschließend durch Verändern von Buchstaben nach Maßgabe bestimmter Regeln geringfügig verändern muss, um einen Lesezugriff zu realisieren.
- Wie beim Verbreiten ist die Wiedergabe eines tatsächlichen oder wirklichkeitsnahen Geschehens ist beim öffentlichen Zugänglichmachen ebenfalls nicht erforderlich.
Was bedeutet Fremdbesitzverschaffung?
- Bei der Fremdbesitzverschaffung gemäß § 184b Abs. 1 Nr. 2 StGB handelt es sich um ein Unternehmensdelikt. Gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 6 StGB steht daher der Versuch der vollendeten Tat gleich. Bereits das Absenden einer Email mit inkriminiertem Anhang erfüllt daher den Tatbestand.
- Der kinderpornographische Inhalt muss ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergeben. Erforderlich ist jedoch nicht, dass sich die dargestellten sexuellen Handlungen oder Wiedergaben auch tatsächlich ereignet haben. Es reicht aus, wenn es dem Betrachter objektiv so erscheint, d. h. auch fiktive Darstellungen werden erfasst, sofern sie wirklichkeitsnah sind.
- Der Begriff der Wirklichkeitsnähe zielt auf virtuelle Scheinwirklichkeiten ab, die durch moderne Bildbearbeitungs‑, Montage- oder Animationstechniken geschaffen werden und von der Wiedergabe der realen Gegebenheiten nicht zwanglos unterscheidbar sind. Wirklichkeitsnah ist ein Geschehen aber nur dann, wenn ein durchschnittlicher Betrachter nicht sicher ausschließen kann, dass ein tatsächliches Geschehen gegeben ist. Zeichentrickfilme scheiden daher aus dem Tatbestand aus.
- Es ist auch dann von einem tatsächlichen Geschehen auszugehen, wenn die kinderpornographische Darstellung für die Bild- oder Videoaufnahme nachgespielt worden ist und der Szene damit nur eine fiktive Geschichte zugrunde liegt.
Was bedeutet Herstellung?
- Die Herstellung einer kinderpornographischen Schrift fällt unter § 184b Abs. 1 Nr. 3 StGB, sofern es sich um ein tatsächliches Geschehen handelt. Durch Scheinkinder kann der Tatbestand daher nicht erfüllt werden. Erfasst wird auch die Herstellung zum Zwecke des Eigengebrauchs.
Was gilt für Vorbereitungshandlungen?
- Erfasst werden in § 184b Abs. 1 Nr. 4 StGB außerdem zahlreiche Vorbereitungshandlungen des Verbreitens oder öffentlichen Zugänglichmachens kinderpornographischer Schriften.
- Ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen ist insoweit kein notwendiges Tatbestandsmerkmal.
- Erfasst wird beispielsweise das Kopieren bereits vorhandener kinderpornographischer Inhalte zum Zwecke des Verbreitens oder öffentlichen Zugänglichmachens. Soweit die Kopien nur zum Zwecke des Eingebrauchs angefertigt worden sind, liegt möglicherweise eine strafbare Eigenbesitzverschaffung gemäß § 184b Abs. 3 S. 1 StGB vor.
Wann liegt gewerbs- und bandenmäßiges Handeln vor?
- Beim gewerbs- und bandenmäßigen Handeln gemäß § 184b Abs. 2 StGB ist ebenfalls Voraussetzung, dass die kinderpornografische Schrift ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen zum Gegenstand hat. Bei bandenmäßiger Begehungsweise wird im Bereich der Kinderpornographie auf das Erfordernis der Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds verzichtet.
Was versteht man unter Eigenbesitzverschaffung?
- Auch bei der Eigenbesitzverschaffung muss die kinderpornographische Schrift ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergeben.
- Beim nachweisbaren Sicherverschaffen durch Download im Internet kann der Rechner gemäß § 74 Abs. 1 StGB als Tatmittel eingezogen werden.
- Durch die Gestaltung des Tatbestandes in § 184b Abs. 3 S. 1 StGB als Unternehmensdelikt wird teilweise bereits der
ungeeignete Versuch, inkriminierte Webseiten im Internet aufzurufen, als vollendete Eigenbesitzverschaffung angesehen, da es auf einen Erfolg nicht ankommt. Dagegen sprechen die allgemeinen Grundsätze zur Straflosigkeit von Vorbereitungshandlungen.
- Nicht ganz so weitgehend wird in Anlehnung an den Verbreitungsbegriff daher teilweise erst dann von einer strafbaren Eigenbesitzverschaffung ausgegangen, wenn der Täter eine kinderpornographische Datei aus dem Internet zum Zwecke des Betrachtens auf dem Computerbildschirm aufruft, da in diesem Zusammenhang automatisch Daten in den Arbeitsspeicher geladen werden. Dagegen spricht, dass die Daten im Arbeitsspeicher mit Ausschalten des Rechners endgültig verloren gehen.
- Außerdem wird auch in § 184d StGB zwischen Besitz und Abruf differenziert. Falls allerdings Daten in den Cache-
Speicher gelangen und auch nach dem Ausschalten des Rechners erhalten bleiben, ist die Eigenbesitzverschaffung in der Regel verwirklicht, da sich ein aufgeklärter Internetnutzer dieser Speicherung auch bewusst ist. - Wenn beim Surfen im Internet aufgrund eines Tatentschlusses in zeitlichem Zusammenhang mehrere kinderpornographischen Dateien betrachtet werden, liegt nur eine Tat im Rechtssinne vor. Der dem Sichverschaffen in der Regel nachfolgende, weniger gefährdungsintensivere Besitz tritt zurück und kann daher mehrere Verschaffensakte nicht zu einer Tat verklammern.
Was gilt beim Eigenbesitz?
- Das dauerhafte Abspeichern von Kinderpornographie auf einem Datenträger ist gemäß § 184b Abs. 3 S. 2 StGB als Eigenbesitz strafbar.
- Zur Tatbestandserfüllung ist wie bei der Eigebesitzverschaffung ein Besitzwille erforderlich, der darauf gerichtet ist, sich die Möglichkeit ungehinderter Einwirkung auf die Sache zu erhalten. Das bloße Löschen von Dateien steht dem Besitzwillen nicht entgegen, da die Dateien lediglich in den Papierkorb verschoben werden und jederzeit wiederhergestellt werden können.
- Anders könnte es sich verhalten, wenn die Festplatte des
Rechners defragmentiert wird. Denn dann können die Dateien nur mittels besonderer Sachkunde wiederhergestellt werden. Bei der Strafbarkeit des Eigenbesitzes bis zur Defragmentierung verbleibt es jedoch. Es wird lediglich der rechtswidrige Zustand beendet und die Verfolgungsverjährung beginnt zu laufen. Da der ansonsten fortdauernde Besitz als Dauerdelikt verfolgbar ist, kommt es auch nicht darauf an, wenn hinsichtlich der konkreten Besitzverschaffungshandlung möglicherweise gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB Verfolgungsverjährung eingetreten ist.
- Wer beim Surfen im Internet unvorsätzlich Besitz an kinderpornographischen Inhalten erlangt, muss diese Daten alsbald vernichten oder bei einer Behörde abliefern, um einer Strafbarkeit zu entgehen.
- Wie bei der Eigenbesitzverschaffung muss die kinderpornographische Schrift ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergeben.
- Der unerlaubte Besitz inkriminierter Festplatten mit kinderpornographischen Inhalten führt gemäß § 184b Abs. 6 StGB zur Einziehung.
- Hinzu kommen nicht unerhebliche Verfahrenskosten, die dadurch entstehen, dass die Festplatte zum Zwecke des Tatnachweises durch einen Sachverständigen ausgewertet wird. Sofern der Rechner durch ein Passwort geschützt ist, können sich die Gutachterkosten empfindlich erhöhen, da sich eine dann erforderliche Umgehung der Sicherung sehr zeitaufwändig gestalten kann.
Was ist bei Tauschbörsen im Internet zu beachten?
Nach der Rechtsprechung des BGH (3 StR 180/
- steht der Tatbestand des öffentlichen Zugänglichmachens gemäß § 184b Abs. 1 Nr. 1 StGB mit einem etwaigen Besitz dieser und weiterer kinderpornographischer Inhalte gemäß § 184b Abs. 3 S. 2 StGB in Tateinheit zueinander, wenn ein Täter kinderpornographische Inhalte im Internet über eine Tauschbörse für einen bestimmten Zeitraum zum Download zur Verfügung stellt,
- Grundsätzlich tritt der Besitz zwar im Wege der Subsidiarität zurück. Das gilt jedoch nur für den Zeitraum des Zugänglichmachens, nicht für die Zeit danach.
- Denn auch wenn ein Eigenbesitzverschaffung gemäß § 184b Abs. 3 S. 1 StGB den nachfolgenden Besitz verdrängt, kann diese konkurrenzrechtliche Bewertung insoweit nicht übertragen werden.
- Ein öffentliches Zugänglichmachen dient nämlich nicht der Besitzbegründung. Andererseits wird der der Verbreitung nachfolgende Besitz nicht als eigenständige materiellrechtliche Tat beurteilt. Denn für die Fortsetzung der Speicherung bedurfte es keines neuen Tatentschlusses. Es besteht daher Tateinheit.