Verbreiten Propagandamittel
- In § 86 StGB wird das Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger und terroristischer Organisationen unter Strafe gestellt. Geschützes Rechtsgut bei den Staatsschutzdelikten ist der demokratische Rechtsstaat. Es handelt sich um abstrakte Gefährdungsdelikte. Ist die Schuld gering, kann das Gericht gemäß § 86 Abs. 5 StGB von einer Bestrafung absehen.
- Praktische Relevanz hat vor allem die Vorschrift des § 86 Abs. 1 Nr. 4 StGB. Dieser Straftatbestand erfasst Propagandamittel, deren Inhalt darauf gerichtet ist, die Bestrebungen einer ehemaligen NS-
Organisation fortzusetzen.
Tathandlungen?
- Tathandlungen sind gemäß § 86 Abs. 1 StGB das Verbreiten und das öffentliche Zugänglichmachen im Inland.
- Außerdem werden auch selbständige Vorbereitungshandlungen zur Verbreitung im Inland oder Ausland erfasst, nämlich das Herstellen, Vorrätighalten, Einführen und Ausführen.
- Handlungen, die dem Schutzzweck der Norm erkennbar nicht zuwiderlaufen, sind tatbestandslos.
Propagandamittel?
- Propagandamittel können nur Inhalte gemäß § 11 Abs. 3 StGB sein. Diese sind gemäß § 86 Abs. 3 S. 1 StGB taugliche Tatgegenstände, wenn sie sich in aggressiver Weise entweder gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung wendet. Unpolitische Bestrebungen ehemaliger NS-
Organisationen werden vom Tatbestand also nicht erfasst. - Musikformen und Liedtexte können Propagandamittel sein.
- Wenn das Propagandamittel der staatsbürgerlichen Aufklärung, der Abwehr verfassungswidriger Bestrebungen, der Kunst oder der Wissenschaft, der Forschung oder der Lehre, der Berichtserstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte oder ähnlichen Zwecken dient, liegt gemäß § 86 Abs. 4 StGB ein Tatbestandsausschluss vor.
Verwenden Kennzeichen
- Beim Straftatbestand des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen gemäß § 86a StGB handelt es sich mittlerweile um ein typisches Internetdelikt.
- Gemäß § 86a Abs. 3 StGB gelten der Tatbestandsausschluss gemäß § 86 Abs. 4 StGB und die Möglichkeit, bei geringer Schuld gemäß § 86 Abs. 5 StGB von einer Bestrafung abzusehen, entsprechend.
- Bei der Verbreitung oder Verwendung von Kennzeichen, die nicht unter § 86a StGB fallen, kann gleichwohl die Vorschrift der Volksverhetzung gemäß § 130 StGB tangiert sein.
Tathandlungen?
- Tathandlungen sind gemäß § 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB das Verbreiten oder Verwenden im Inland.
- In § 86a Abs. 1 Nr. 2 StGB werden selbständige Vorbereitungshandlungen zum Verbreiten oder Verwenden im Inland oder Ausland erfasst, nämlich das Herstellen, Vorrätighalten, Einführen und Ausführen.
Kennzeichen?
- Als Kennzeichen kommen verkörperte und nichtkörperliche Erkennungszeichen sowie Gegenstände, die derartige Kennzeichen darstellen oder enthalten, in Betracht.
- Kennzeichen sind gemäß § 86a Abs. 2 StGB Fahnen, Abzeichen, Uniformstücke, Parolen und Grußformen. Unter den Kennzeichenbegriff fallen daher beispielsweise Hakenkreuz, Hitlergruß als Parole oder Grußform und Reichskriegsflagge. Außerdem auch Kennzeichen, die den vorstehend genannten zum Verwechseln ähnlich sehen.
- Es ist strittig, ob bereits von einer ehemaligen NS-
Organisation verwendete Namenskürzungen als Kennzeichen zu bewerten sind. Der erforderliche Symbolcharakter kann aber jedenfalls durch Formgebung oder stilisierte Darstellung entstehen. - Auf den Bekanntheitsgrad des Kennzeichens in der Öffentlichkeit kommt es nicht an.
- Nach der Rechtsprechung des BGH (3 StR 486/
06) ist der Verkauf und das Tragen von Anti- Nazi- Symbolen nicht strafbar, wenn diese offenkundig und eindeutig gegen die NS- Ideologie gerichtet sind. - Auch Portraitfotos des nationalsozialistischen Reichskanzlers sind grundsätzlich keine Kennzeichen, es sei denn, sie wurden amtlich verwendet.
- Uniformen der ehemaligen Wehrmacht fallen ebenfalls nicht unter den Kennzeichenbegriff.
- Sprechweise, Aussehen und gestischer Habitus von Anführern ehemaliger NS-
Organisationen sind ebenfalls keine Kennzeichen. - Nicht erfasst sind ebenso Geheimzeichen, die von Anhängern ehemaliger NS-
Organisationen zur Demonstration ihrer Gesinnung ersonnen werden. Hierzu zählt insbesondere ein Zahlen- und Buchstabenkult. - Das in der rechtsextremen Szene weit verbreitete Keltenkreuz fällt dagegen unter den Kennzeichenbegriff.