Impfausweise als Gesundheitszeugnisse
- Gesundheitszeugnisse sind körperlich oder elektronisch fixierte Aussagen über die körperliche oder psychische Gesundheit oder Krankheit eines Menschen.
- Neben Corona-
Testzertifikaten gehören auch Impfausweise zu den Gesundheitszeugnissen.
Warum werden Impfausweise gefälscht?
- Zur Eindämmung der Corona-
Pandemie fand in vielen Bereichen des öffentlichen Lebens in Abhängigkeit von der jeweiligen Infektionslage die 3G- Regel Anwendung. - Für einen Zugang war dann der Nachweis einer Schutzimpfung gegen das COVID-
19 Virus durch Vorlage eines elektronisches Impfzertifikats oder der Genesung von einer Corona- Erkrankung durch Vorlage eines positiven PCR- Tests oder einer negativen Testung durch Vorlage eines Antigen- Schnelltests erforderlich. - Dadurch stieg der Anreiz, die sozialen Einschränkungen durch unrichtige Gesundheitszeugnisse zu umgehen. Um in den Besitz eines elektronischen Impfzertifikats zu kommen, muss man zum Zwecke der Digitalisierung zunächst in einer Apotheke einen Impfausweis mit eingetragener Corona-
Schutzimpfung vorlegen. Zeitweise ist sich daher ein florierender Schwarzmarkt für gefälschte Impfpässe entstanden.
Ist Gebrauch von Impfausweis strafbar?
- Bis zur Änderung der §§ 275 bis 281 StGB am 24.11.2021 war es höchst umstritten, ob man sich strafbar macht, wenn man zum Erhalt eines elektronischen Impfzertifikats in der Apotheke einen gefälschten Impfpass vorlegt. Denn nach früherer Rechtsauffassung (BayObLG 207 StRR 155/
22) stellten die §§ 277 ff. StGB a. F. beim Umgang mit Gesundheitszeugnissen eine privilegierende Sonderregelung dar. - Der Straftatbestand der Urkundenfälschung gemäß § 267 StGB war daher nicht anwendbar. Aber auch die §§ 277 ff. StGB a. F. waren nicht einschlägig, weil es sich bei einer Apotheke nicht um eine Versicherungsgesellschaft oder eine Behörde handelt. Die allgemeine Täuschung im Rechtsverkehr war also nicht erfasst. Es bestand daher bis zum 23.11.2021 eine vermeintliche Regelungslücke.
- Um die Schwarzmarkthändler und Käufer von Impf- und Testzertifikate sanktionieren zu können, hat der Gesetzgeber die §§ 275 bis 281 StGB entsprechend geändert hat. Die unbefugte Herstellung von Impf- und Testzertifikaten unter gleichzeitiger Täuschung über die Identität des Ausstellers und der Gebrauch solcher Zertifikate erfüllen seit der Gesetzesänderung unstreitig den Straftatbestand der Urkundenfälschung gemäß § 267 StGB, da dieser beim Umgang mit Gesundheitszeugnissen nicht mehr von den §§ 277, 279 StGB n. F. verdrängt wird. Wegen des erhöhten Unrechtsgehalts findet dann ein verschärfter Strafrahmen Anwendung.
- Zwischenzeitlich hat allerdings der BGH (5 StR 283/
22) entschieden, dass die Vorschriften über die Gesundheitszeugnisse in den §§ 277 ff. StGB a. F. gegenüber der Urkundenfälschung in § 267 StGB keine Sperrwirkung entfalten. Die Vorlage eines gefälschten Impfausweises war damit auch schon vor der Gesetzesänderung als Urkundenfälschung strafbar.
Ist Herstellung von Impfausweis strafbar?
- Bereits das Vorbereiten der Herstellung von gefälschten Impfausweisen ist gemäß § 275 Abs. 1a StGB strafbar.
- Der Straftatbestand sanktioniert nur den Umgang mit noch nicht personalisierten Impfausweisen, die eine tatsächlich nicht durchgeführte Corona-
Schutzimpfung dokumentieren. Auf Blankette mit Nachweisen von positiven oder negativen Testungen ist die Vorschrift nicht anwendbar.
Ist unbefugtes Ausstellen von Impfausweis strafbar?
- Strafbar ist gemäß § 277 StGB weiterhin das unbefugte Ausstellen von Gesundheitszeugnissen.
- Erfasst wird das Ausstellen eines Gesundheitszeugnisses unter der nicht zutreffenden Bezeichnung des Ausstellers als Arzt oder andere approbierte Medizinalperson.
- Approbierte Medizinalpersonen sind alle in Heilberufen tätigen Personen, deren Ausbildung gesetzlich geregelt ist und durch eine staatliche Prüfung abgeschlossen wird. Hierunter fallen etwa auch Hebammen, Krankenpfleger, Physiotherapeuten, medizinisch-
technische Assistenten, Masseure und medizinische Bademeister. - Es handelt sich also um eine schriftliche Lüge, nicht um eine Urkundenfälschung. Denn getäuscht wird nicht über die Identität des Ausstellers, sondern über dessen Qualifikation. Oftmals wird in solchen Konstellationen auch eine Strafbarkeit wegen Missbrauch von Titeln gemäß § 132a StGB verwirklicht.
- Der Täter handelt zur Täuschung im Rechtsverkehr, wenn er davon ausgeht, dass das unrichtige Gesundheitszeugnis gegenüber einer anderen Person zum Einsatz kommen wird, um diese zu einem rechtlich erheblichen Verhalten zu veranlassen.
- Es kommt nicht darauf an, ob die in einem Gesundheitszeugnis enthaltene Angabe über das Vorliegen einer Corona-
Impfung richtig oder falsch ist. - Gegenüber den Urkundendelikten besteht Subsidiarität. Im Verhältnis zu § 267 Abs. 1 Var. 1 und 2 StGB hat § 277 StGB nur ergänzende Funktion. Die Strafbarkeit der Herstellung eines unechten Gesundheitszeugnisses, der Verfälschung eines echten Gesundheitszeugnisses und der Gebrauch eines solchen Zeugnisses wird demnach nicht von § 277 StGB, sondern von § 267 StGB erfasst.
Ist Ausstellen von unrichtigem Impfausweis strafbar?
- Beim Ausstellen unrichtiger Gesundheitszeugnisse gemäß § 278 StGB handelt es sich um ein Sonderdelikt für Ärzte und andere approbierte Medizinalpersonen wie etwa Apotheker.
- Durch diese Strafvorschrift soll die inhaltliche Richtigkeit echter Gesundheitszeugnisse geschützt werden. Auch bei dieser Tat handelt es sich um eine schriftliche Lüge und nicht um eine Urkundenfälschung.
- Nach der Rechtsprechung (LG Frankfurt am Main, 5/
26 Qs 2/ 21) kann ein durch einen Arzt ausgestelltes Attest, in dem dieser bestätigt, dass für die betroffene Person das Tragen einer Infektionsschutzmaske nicht ratsam ist, ein Gesundheitszeugnis im Sinne der §§ 277 ff. StGB darstellen.
Ist Gebrauch von unrichtigem Impfausweis strafbar?
- In § 279 StGB wird der Gebrauch unrichtiger Gesundheitszeugnisse im Sinne der §§ 277, 278 StGB unter Strafe gestellt. Gegenüber den Urkundendelikten besteht wiederum Subsidiarität. Im Verhältnis zu § 267 Abs. 1 Var. 3 StGB hat § 279 StGB ebenfalls nur ergänzende Funktion.
- Eine Täuschung im Rechtsverkehr ist unter anderem gegeben bei der beabsichtigten Nutzung eines Impf- oder Testzertifikats, um Zugang in die Gastronomie, zu Sport- und Kulturveranstaltungen oder zum Arbeitsplatz erhalten.
Ist Gebrauch von fremdem Impfausweis strafbar?
- Gesundheitszeugnisse stehen den Ausweispapieren gleich. Wer einen Impfausweis einer anderen Person verwendet, um sich Zutritt zu einer Veranstaltung mit 2G-
Regelung zu verschaffen, macht sich daher gemäß § 281 StGB wegen Missbrauch von Ausweispapieren strafbar. - Das gilt auch dann, wenn der Täter selbst geimpft ist und den Impfausweis nur benutzt, weil er seinen eigenen vergessen hat.
- Der Inhaber eines Impfpasses macht sich ebenfalls strafbar, wenn er diesen einer anderen Person überlasst, auf die das Gesundheitszeugnis nicht ausgestellt ist.
Ist unrichtige digitale Bescheinigung strafbar?
- In § 75a Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 IfSG wird, ohne dass über die Person des Ausstellers getäuscht wird, die unrichtige digitale Bescheinigung einer Schutzimpfung gegen SARS-
CoV‑2 oder Corona- Testung (positiv, negativ, genesen) und der Gebrauch einer solchen Bescheinigung erfasst, nicht jedoch der Umgang mit Blanko-Zertifikaten. - Zwischen § 75a IfSG und den §§ 277 ff. StGB kann Idealkonkurrenz bestehen.