Sexuelle Belästigung » § 184i StGB
- Mit der sexuellen Belästigung gemäß § 184i StGB sollen sexuelle Handlungen unterhalb der Erheblichkeitsschwelle im Sinne von § 184h Nr. 1 StGB erfasst werden.
- Der Tatbestand kann sogar durch Verhaltensweisen erfüllt werden, die keine sexuelle Handlung darstellen. Ausreichend ist nämlich bereits eine körperliche Berührung in sexuell bestimmter Weise.
- Im Sexualstrafrecht würde früher in Fällen der nonverbalen Beleidigung mit sexueller Konnotation auf den Straftatbestand in § 185 StGB zurückgegriffen. Diese zweifelhafte Konstruktion der Rechtsprechung ist mit Einführung der sexuellen Belästigung überflüssig geworden.
- Der Tatbestand ist formell subsidiär, sofern Vorschriften mit derselben Schutzrichtung und schwererer Strafe betroffen sind.
- Ein besonders schwerer Fall des sexuellen Belästigung liegt nach § 184i Abs. 2 StGB vor, wenn die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.
- Gemäß § 184i Abs. 3 StGB wird die Tat nur auf Antrag verfolgt.
Wann liegt Körperberührung vor?
- Eine Strafbarkeit wegen sexueller Belästigung gemäß § 184i Abs. 1 StGB setzt eine Körperberührung voraus, die nach ihrem äußeren Erscheinungsbild einen sexuellen Zusammenhang aufweist. Hautkontakt ist nicht erforderlich. Die Berührung kann weiterhin auch über einen vom Täter eingesetzten Gegenstand vermittelt werden. Rein verbale Einwirkungen sind nicht erfasst.
Was bedeutet sexuelle Bestimmung?
- Die sexuelle Bestimmung der Körperberührung muss sich aus dem äußeren Erscheinungsbild ergeben. Auf die Motivation des Täters kommt es nicht an.
- In Betracht kommen etwa aufgedrängte Küsse auf den Mund, Berührungen der primären oder sekundären Geschlechtsmerkmale, Umarmungen oder auch ein Klaps auf den Hintern. Bei einem Wangenkuss kommt es auf die Begleitumstände an.
Was versteht man unter Belästigung?
- Das Opfer muss sich durch die Berührung belästigt fühlen. Eine Belästigung liegt bei einem unerwünschten und nicht unerheblichen Eingriff in das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung vor, der zu einer negativen Gefühlsempfindung von einigem Gewicht geführt hat. Bagatellartige Belästigungen reichen daher nicht aus. Es kommt immer darauf an, inwieweit der Täter die sonst charakteristische Distanz zum Opfer unterschreitet.
- Nach der Rechtsprechung des BGH (4 StR 570/
17) kommt es für die Frage der Eignung einer Berührung als Belästigung nicht allein auf das individuelle Empfinden des Tatopfers an, sondern es muss zusätzlich auch eine aus objektiver Perspektive zu bestimmende Eignung zur Belästigung vorliegen.
Sexualstraftat aus Gruppen » § 184j StGB
- Die Förderung eines sexuellen Übergriffs oder sexuellen Belästigung gemäß den §§ 177, 184i StGB StGB durch Beteiligung an einer Personengruppe, die eine andere Person zur Begehung einer Straftat an ihr bedrängt, wird in § 184j StGB unter Strafe gestellt. Das Delikt der Sexualstraftat aus Gruppen wurde als Reaktion auf die Geschehnisse in der Kölner Silvesternacht eingeführt.
- Weder muss der Täter an einer sexuellen Nötigung beteiligt sein, noch muss er Kenntnis von der Sexualstraftat haben. Die Sexualstraftat ist nur objektive Bedingung der Strafbarkeit. Die Personengruppe muss aus mindestens drei Personen bestehen.
- Das Bedrängen setzt zwar keine körperliche Berührung voraus, aber eine gewisse Hartnäckigkeit und Intensität in Richtung auf Beeinträchtigung der Bewegungsfreiheit des Opfers.
- Gruppenzweck muss die Begehung irgendeiner Straftat sein. Die bloße Anwesenheit in einer solchen Gruppe reicht aber nicht aus. Erforderlich ist vielmehr ein aktives Verhalten, das günstigere Bedingungen für die Begehung der Sexualstraftat schafft. Allerdings wird dieses Verhalten nicht an den Vorschriften zur Mittäterschaft, Anstiftung und Beihilfe gemäß den §§ 25, 26, 27 StGB gemessen. Dennoch besteht weitgehend Deckungsgleichheit mit den Regeln zur Beihilfe. Es kommt nicht darauf an, ob eine Vergewaltigung vor, während oder nach der Beteiligungshandlung begangen worden ist.