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Legals Highs
- Neue psychoaktive Stoffe werden in der Drogenszene als Legal Highs bezeichnet. Beworben werden diese Substanzen auch als Räuchermischungen oder Badesalze.
- Tatsächlich handelt um synthetische Cannabinoide und um mit Amfetaminen verwandte Stoffe. Kräuter dienen allenfalls als Träger für die in der Regel chemisch hergestellten Substanzen. Der Konsum erfolgt durch Rauchen oder Schnupfen.
- Die Herstellung erfolgt meistens in Untergrundlaboren im Ausland, insbesondere in Indien und China. Der Vertrieb der Legal Highs erfolgt über das Internet.
- Bei psychoaktiven Substanzen können das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) oder das Neue-
psychoaktive- Stoffe- Gesetz (NpSG) zur Anwendung kommen. Das Arzneimittelgesetz (AMG) ist in der Regel nicht anwendbar. - In der Anlage II zum BtMG sind beispielsweise gelistet: JWH-
007, JWH- 015, JWH- 081, JWH- 122, JWH- 200, JWH- 203, JWH- 210, JWH- 250, JWH-251,JWH-018, JWH- 019, JWH- 093, CP 47, 497, CP 47, 497- C6, CP 47, 497- C8 und CP 47, 497- C9, m‑CCP, 4‑MMC, 4‑FA, 1‑Adamantyl,(1‑pentyl-1H-indol-3-yl)methanon, AM- 694, Butylon, Ethcathinon, 4‑FMC, 4‑FMA, p‑FPP, 4‑Fluortropacocai, Methedron, PMEA, 4‑Methylamfetamin, MBZP, MDPV, 4‑MEC, Methylon, Naphyron, RCS‑4, TFMPP und AM- 2201. Für einige dieser Substanzen hat der Bundesgerichtshof (BGH) auch Grenzwerte zur nicht geringen Menge bestimmt, beispielsweise für JWH- 018, JWH- 073, CP 47,497-C8-Homolog und CP 47, 497. - Dopingmittel wirken nicht psychoaktiv. Insoweit ist das Anti-
Doping- Gesetz (AntiDopG) anwendbar.
Welches Verhalten ist strafbar?
- Der Umgang mit neuen psychoaktiven Stoffen ist gemäß § 3 Abs. 1 NpSG verboten. Die strafrechtlichen Sanktionen finden sich in § 4 NpSG wieder.
- Strafbewehrt sind das Handeltreiben, Inverkehrbringen, Herstellen, Verbringen. Erwerb und Besitz von Legal Highs sind zwar verboten, aber straflos.
Stoffgruppen
- Die derzeit in der Anlage zum NpSG gelisteten und damit verbotenen Stoffgruppen sind: von 2‑Phenethylamin abgeleitete Verbindungen (also mit Amfetamin verwandte Stoffe, einschließlich Cathinone), Cannabimimetika/
synthetische Cannabinoide (also Stoffe, die die Wirkung von Cannabis imitieren), Benzodiazepine, von N-(2‑Aminocyclohexyl)amid abgeleitete Verbindungen, von Tryptamin abgeleitete Verbindungen, von Arylcyclohexylamin abgeleitete Verbindung und von Benzimidazol abgeleitete Verbindung. - Je nach Entwicklung des Marktes werden weitere Stoffgruppen aufgenommen, ausgeweitet oder eingeschränkt.
- Wenn ein den Stoffgruppen unterfallender Einzelstoff die Voraussetzungen erfüllt, erfolgt aber auch weiterhin eine Aufnahme in die Anlagen zum BtMG. Das NpSG ist dann unanwendbar.
Nicht geringe Menge
- Beim Umgang mit Betäubungsmitteln, insbesondere dem Handeltreiben, ist der Wirkstoffgehalt von großer Bedeutung für die Strafzumessung. Denn sobald der Grenzwert zur nicht geringen Menge überschritten ist, kommen im BtMG Verbrechenstatbestände mit erhöhtem Strafrahmen zur Anwendung. Im NpSG hat der Gesetzgeber zwar bewusst keine Unterscheidung zwischen geringer und nicht geringer Menge aufgenommen.
Denn die neuen psychoaktiven Stoffe unterscheiden sich hinsichtlich der Evidenz ihrer Wirkung und des Gefahrenpotenzials für die Gesundheit von den Stoffen in den Anlagen zum BtMG. Allerdings dienen beide Gesetze gleichermaßen dem Schutz der Gesundheit vor den Gefahren des Drogenkonsums.
- Daher steigt die Höhe der zu verhängende Strafe auch im Anwendungsbereich des NpSG an, wenn mit großen Mengen psychoaktiver Stoffe umgegangen wird.
- Demnach ist es nach der Rechtsprechung des BGH (6 StR 461/
21) zulässig, im Rahmen der Strafzumessung auf den Begriff der nicht geringen Menge aus § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG zurückzugreifen. - Denn dem Gewicht der Grenzwertüberschreitung kommt für die Strafzumessung überragende Bedeutung zu. Daher ist ein Maßstab erforderlich, anhand dessen die Gefährlichkeit der psychoaktiven Stoffe bewertet werden kann.
- Der konkrete Grenzwert ist anhand eines gutachterlichen Vergleichs mit den Wirkungen bereits bekannter, verwandter Drogen zu bestimmen.
FAQs: Psychoaktive Stoffe
Die Anwendbarkeit des BtMG setzt demnach voraus, dass die Substanz wegen ihrer suchterzeugenden Potenz und Gefährdung für die Gesundheit in die Anlagen I bis II zum BtMG aufgenommen ist. Allerdings sind betäubungsmittelrechtliche Verbotsverfahren sehr zeitintensiv. Durch die Einführung von § 1 Abs. 3 BtMG wurde zwar die Möglichkeit einer schnelleren Intervention geschaffen. Dem stetig wachsenden illegalen Markt konnte dadurch aber trotzdem nicht ausreichend entgegengewirkt werden. Außerdem sind die Hersteller von Designerdrogen jederzeit in der Lage, geringfügige Veränderungen der chemischen Strukturen vorzunehmen. Dadurch kann die Anwendbarkeit des BtMG problemlos unterlaufen werden.
Früher wurden psychoaktive Substanzen von den deutschen Gerichten als Arzneimittel eingestuft. Dadurch konnte der Umgang zumindest nach dem AMG sanktioniert werden. Allerdings hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) einen derartigen Rückgriff zwischenzeitlich für unzulässig erklärt. Denn Stoffen, deren Wirkungen sich auf eine schlichte Beeinflussung der physiologischen Funktionen beschränken, ohne dass sie geeignet wären, der menschlichen Gesundheit unmittelbar oder mittelbar zuträglich zu sein, die nur konsumiert werden, um einen Rauschzustand hervorzurufen, und die dabei gesundheitsschädlich sind, fehlt die Arzneimittelqualität. Dadurch entstand temporär eine Strafbarkeitslücke.
Die entstandene Strafbarkeitslücke wurde durch Einführung des NpSG wieder geschlossen. Denn dieses Gesetz enthält in Ergänzung zum einzelstofflichen Ansatz des BtMG eine Stoffgruppenregelung, um die Verbreitung von Legal Highs rechtlich effektiver bekämpfen zu können. Mit dieser Stoffgruppenregelung soll der Wettlauf zwischen dem Auftreten immer neuer chemischer Varianten bekannter Stoffe und den anzupassenden Verbotsregeln durchbrochen werden. Nur wenn psychoaktive Substanzen ausnahmsweise Arzneimittelqualität haben, ist das NpSG unanwendbar. In der Regel wird es sich dann aber wegen der nicht unerheblichen Nebenwirkungen um bedenkliche Arzneimittel handeln, sodass ein Inverkehrbringen gemäß § 95 Abs. 1 Nr. 1 AMG strafbewehrt ist.
In der Regel werden Legal Highs über das Internet vertrieben. Zwar erfolgt die Bezahlung meist anonym mit Bitcoins. Wenn nun aber einer dieser Online Shops ins Fadenkreuz der Polizeibehörden gerät, werden im Rahmen von Durchsuchen oftmals Dokumentationen über Bestellvorgänge sichergestellt, die Identifizierungen potentiellen Käufer ermöglichen. Diese Käuferlisten werden dann von der Polizei akribisch abgearbeitet. Manchmal erhalten Verdächtige lediglich eine Vorladung, teilweise erfolgen aber auch Durchsuchungsmaßnahmen oder es werden zunächst verdeckte Ermittlungen geführt. Dadurch werden Beschuldigte oftmals mit Tatvorwürfen konfrontiert, die lange Zeit zurückliegen.