Mittäterschaft » § 25 Abs. 2 StGB
- Bei der Begehung einer Straftat in Mittäterschaft wird jedem Tatbeteiligten gemäß § 25 Abs. 2 StGB die Handlung des anderen wie eine eigene zurechnet.
- Eine mittäterschaftliche Beteiligung ist bei Bestehen einer Garantenpflicht auch durch Unterlassen gemäß § 13 StGB denkbar.
- Bei frühzeitiger Aufgabe der Mitwirkung noch vor Versuchsbeginn entfällt eine einmal begründete Mittäterschaft nur, wenn der Verursachungsbeitrag rückgängig gemacht wird.
- Sofern es sich um ein Verbrechen handelt, liegt dann aber eine versuchte Beteiligung gemäß den §§ 30, 31 StGB vor. Andernfalls verbleibt es bei einer Beteiligung am versuchten Delikt. Nur ausnahmsweise kann in diesem Zusammenhang die Vorschrift über den strafbefreienden Rücktritt vom Versuch gemäß § 24 Abs. 2 StGB analog angewendet werden.
- Wenn jeder Mittäter für sich alle Tatbestandsmerkmale eigenhändig verwirklicht, liegt eine gemeinschaftliche Begehung vor, ohne dass es einer Zurechnung bedarf.
Wann erfolgt Zurechnung?
- Anders verhält es sich, wenn die Beteiligten im Ausführungsstadium arbeitsteilig zusammenwirken oder einer der Beteiligten die Tathandlung alleine ausführt, während der andere Beteiligte die Tat vorbereitet hat oder nach Beginn der Ausführungshandlung, aber vor Beendigung der Tat, unterstützend mitwirkt.
- Voraussetzung für eine mittäterschaftliche Begehungsweise gemäß § 25 Abs. 2 StGB ist die Erbringung mindestens eines gleichwertigen Mitverursachungsbeitrages aufgrund eines gemeinsamen Tatplanes. Nachdem auch der Anstifter gemäß § 26 StGB und der Gehilfe gemäß § 27 StGB Tatbeiträge erbringen muss eine qualitative Abgrenzung vorgenommen werden.
- Täter ist demnach, wer einen Tatbeitrag mit Täterwillen leistet. Kriterien sind insoweit der Grad des eigenen Interesses am Erfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft.
- Unter Tatherrschaft versteht man die finale Steuerung des tatbestandmäßigen Geschehens.
- Auch Handlungen im Vorbereitungsstadium können eine Mittäterschaft begründen.
- Möglich ist auch, dass sich jemand mit einem anderen, der schon in der Ausführung der Straftat begriffen ist, zwecks gemeinsamen Weiterhandelns verbindet. Die Zurechnung bei einem sukzessiven Tateintritt reicht aber nur soweit zurück, wie der Hinzutretende tatsächlich noch die Ausführung der Tat fördern kann.
- Der Exzess eines Beteiligten kann dem anderen aber nicht zugerechnet werden.
- Beim Straftatbestand des Mordes gemäß § 211 StGB kommt es für die Frage der Zurechnung von Mordmerkmalen darauf an, ob diese tatbezogen oder täterbezogen sind.
Tatbezogene Mordmerkmale
- Die Mordmerkmale der 2. Gruppe (heimtückisch, grausam, mit gemeingefährlichen Mitteln) sind tatbezogen, weil sie die Art und Weise der Tötung betreffen.
- Die Zurechnung solcher Merkmale richte.t sich für Mittäter und Teilnehmer wie bei anderen objektiven Merkmalen ausschließlich nach den allgemeinen Vorsatzregeln gemäß § 16 StGB.
- Deliktsspezifische Absichten, wie sie bei einem Diebstahl gemäß § 242 oder einem Betrug gemäß § 263 StGB zur Erfüllung des subjektiven Tatbestands vorhanden sein müssen, typisieren zwar auch das Tatunrecht, können einem Mittäter aber nicht zugerechnet werden, sondern müssen in eigener Person vorhanden sein.
- Bei einem Teilnehmer ist eine Zurechnung dieser Absichten allerdings möglich, da es insoweit gemäß § 16 StGB ausreicht, wenn der Beteiligte weiß, dass das jeweilige Merkmal in der Person des Haupttäters verwirklicht ist.
Täterbezogene Mordmerkmale
- Bei den Mordmerkmalen der 1. Gruppe (Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, Habgier, sonstige niedrige Beweggründe) und der 3. Gruppe (Absicht, eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken) handelt es sich um besondere persönliche Merkmale.
- Bei den besonderen persönlichen Merkmalen gibt es keine bloße Wissenszurechnung.
- Zu unterscheiden ist zwischen den strafbegründenden und den strafändernden (schärfend, mildernd, ausschließend) Merkmalen.
- Die Mordmerkmale der 1. und 3. Gruppe sind strafbegründend. Daher ist bei Divergenzen zwischen Beteiligten (Täter, Teilnehmer) nicht § 28 Abs. 2 StGB einschlägig, sondern nur § 28 Abs. 1 StGB, welcher wiederum nur für Teilnehmer Anwendung findet.
- Bei Mittätern eines Morddeliktes wird § 28 StGB daher nicht herangezogen. Fehlt dem Teilnehmer an einem Morddelikt ein strafbegründendes persönliches Merkmal, kommt es gemäß den §§ 28 Abs. 1, 49 Abs. 1 StGB zu einer obligatorischen Strafmilderung im Rahmen der Strafzumessung.
- Im Bereich der Allgemeindelikte kommt es hinsichtlich der strafändernden persönlichen Merkmale gemäß § 28 Abs. 2 StGB beim Teilnehmer zu einer Durchbrechung der Akzessorietät in Gestalt einer Tatbestandsverschiebung, die sowohl zugunsten als auch zulasten wirken kann.
Was ist bei Deliktserie zu beachten?
Nach der Rechtsprechung des BGH (3 StR 529/
- ist bei der Beteiligung mehrerer Personen an einer Deliktserie bei jedem Mittäter gesondert zu prüfen und zu entscheiden, ob die einzelnen Taten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen.
- sind einem Mittäter, der im Vorfeld oder während des Laufs der Deliktserie Tatbeiträge erbringt, durch die alle oder mehrere Einzeltaten seiner Tatgenossen gleichzeitig gefördert werden, die gleichzeitig geförderten einzelnen Straftaten als tateinheitlich begangen zuzurechnen. Denn die Taten werden dann in seiner Person durch den einheitlichen Tatbeitrag zu einer Handlung verknüpft. Ohne Bedeutung ist dabei, ob die Mittäter die einzelnen Delikte tatmehrheitlich begangen haben.
Mittelbare Täterschaft § 25 Abs. 1 StGB
- Im Ausnahmefall kann ein Delikt auch in mittelbarer Täterschaft gemäß § 25 Abs. 1 StGB begangen werden.
- Dem Hintermann kann eine fremde Handlung zugerechnet werden, wenn er einen Strafbarkeitsmangel des Täters kraft überlegenen Wissens oder Willens als Veranlasser oder Unterstützer ausnutzt.
- Der Defekt des Täters kann im objektiven oder subjektiven Tatbestand, bei der Rechtswidrigkeit oder im Bereich der Schuld liegen.
- Aber auch wenn der Täter strafrechtlich uneingeschränkt zur Verantwortung gezogen werden kann, ist innerhalb von Organisationsstrukturen eine mittelbare Täterschaft der Hintermänner in der Führungsspitze möglich, wenn der räumliche, zeitliche und hierarchische Abstand zwischen den Beteiligten gegen eine arbeitsteilige Mittäterschaft spricht.
- Erfasst werden insoweit nicht nur Verbrechen von NS-
Organisationen, kriminellen Vereinigungen gemäß § 129 StGB oder terroristischen Vereinigungen gemäß § 129a StGB, sondern auch von rechtskonformen Organisationen. - Trotz Straflosigkeit der Selbsttötung kann der Veranlasser oder Gehilfe mittelbarer Täter sein, wenn er Einfluss auf die Freiverantwortlichkeit des Suizidenten nimmt.
Anstiftung § 26 StGB
- Unter Anstiftung gemäß § 26 StGB versteht man das Erwecken des Tatentschlusses mittels geistigem Kontakt zwischen dem Teilnehmer und dem Haupttäter.
- Die Anstiftung zu einem Tötungsdelikt gemäß den §§ 211, 212 StGB setzt die versuchte oder vollendete rechtswidrige Haupttat eines anderen voraus. Erforderlich ist ein doppelter Teilnehmervorsatz.
- Der Anstifter muss die Haupttat wenigstens als umrisshaft individualisiertes Geschehen erfasst haben und Erfolgswille besitzen. Er haftet aber nur soweit, wie sein Vorsatz reicht.
- Bei Erfolgsqualifikationen reicht es aus, wenn der Haupttäter zumindest das Grunddelikt verwirklicht hat. Ansonsten wird der Anstifter aus dem gleichen Strafrahmen wie der Haupttäter bestraft.
- Die fehlgeschlagene Teilnahme kann nur gemäß § 30 StGB als versuchte Anstiftung strafbar sein.
- Eine zur Tatbegehung fest entschlossene Person kann nicht angestiftet werden. In Betracht kommt dann allerdings versuchte Anstiftung und psychische Beihilfe gemäß § 27 StGB durch Verstärken des Tatentschlusses in Betracht.
- Ebenfalls strafbewehrt sind die Umstiftung und die Aufstiftung. Die Abstiftung kann allenfalls als psychische Beihilfe geahndet werden.
- Möglich ist auch die Anstiftung zu einem echten oder unechten Unterlassungsdelikt. Anders verhält es sich mit der Anstiftung durch Unterlassen. Hier ist wiederum nur Beihilfe denkbar.
- Die Anstiftung kann als Mitteilnahme, mittelbare Teilnahme oder Kettenanstiftung erfolgen.
Beihilfe » § 27 StGB
- Anders als bei der Anstiftung ist bei der Beihilfe gemäß § 27 StGB nicht zwingend ein Kontakt mit dem Hauttäter erforderlich.
- Physische Beihilfe kann durch jede Aktivität geleistet werden, die die Herbeiführung des Taterfolges durch den Haupttäter objektiv gefördert oder erleichtert hat. Eine Kausalität ist nicht notwendig.
- Die bloße Anwesenheit am Tatort kann bei Vorliegen einer Garantenstellung psychische Beihilfe durch Unterlassen darstellen.
- Die Unterstützungshandlung kann schon im Vorbereitungsstadium bis zur Beendigung der Haupttat erbracht werden.
- Ausreichend ist, wenn sich die Haupttat in einem möglichen Spektrum möglicher Tatbestandsverwirklichungen bewegt. Weitere Konkretisierungen wie bei der Anstiftung müssen in den Vorsatz aufgenommen werden.
Nach der Rechtsprechung des BGH (4 StR 416/
- handelt es sich beim Begehen durch Unterlassen gemäß § 13 StGB bei der Garantenstellung aus Ingerenz um ein besonderes persönliches Merkmal nach § 28 Abs. 1 StGB.
- ist die Strafe nur einmal zu mildern, wenn beim Gehilfen gemäß § 27 StGB mehrere besondere persönliche Merkmale, welche die Strafbarkeit des Täters begründen, fehlen.
- gilt die Regelvermutung des § 69 Abs. 2 StGB nur für den Täter, nicht für den Teilnehmer.