Verwertung von Werken » § 106 UrhG
- Die Straf- und Bußgeldvorschriften bei Verstößen gegen das Urhebergesetz befinden sich in den §§ 106 — 111a UrhG.
- Bei der unerlaubten Verwertung von urheberrechtlich geschützten Werken gemäß § 106 UrhG handelt es sich um ein typisches Internetdelikt.
- Eine Straftat nach § 106 UrhG wird gemäß § 109 UrhG nur auf Antrag verfolgt. Das gilt nicht, wenn die Staatsanwaltschaft wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält.
- Wenn der Täter gewerbsmäßig handelt findet gemäß § 108a UrhG ein erhöhter Strafrahmen Anwendung. Unter Gewerbsmäßigkeit versteht man das Handeln des Täters in der Absicht, sich durch die wiederholte Begehung eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang zu verschaffen.
Was wird geschützt?
- Tatsubjekt ist gemäß § 7 UrhG der Urheber eines geschützten Werkes. Erfasst werden aber auch Miturheber gemäß § 8 UrhG und Urheber verbundener Werke gemäß § 9 UrhG.
- Tatobjekt ist gemäß § 2 Abs. 2 UrhG eine persönliche geistige Schöpfung. Außerdem erfordert der urheberrechtliche Werkbegriff Formgestaltung und Individualität. Der Katalog von Regelbeispielen in § 2 Abs. 1 UrhG ist nicht abschließend.
- Eine persönliche geistige Schöpfung kann nur durch natürliche Personen, nicht aber durch juristische Personen oder Computer erschaffen werden.
- Das Merkmal der Formgestaltung dient als Abgrenzung zur bloßen Idee.
- Das Merkmal der Individualität unterscheidet das Werk von der rein handwerklichen Leistung.
- Geschützt werden gemäß § 69a Abs. 3 UrhG auch Computerprogramme.
Welches Verhalten ist strafbar?
- Im Bereich der körperlichen Verwertungsrechte sind die Tathandlungen des § 15 Abs. 1 UrhG die Vervielfältigung gemäß § 16 UrhG und die Verbreitung gemäß § 17 UrhG, nicht jedoch die Ausstellung gemäß § 18 UrhG.
- Die unkörperlichen Verwertungsarten gemäß § 15 Abs. 2 UrhG in Gestalt der öffentlichen Wiedergabe werden dagegen umfassend geschützt.
Was gilt beim Download?
- Eine internettypische Vervielfältigungshandlung ist der Download von Dateien. Bereits die Speicherung von Dateien im Arbeitsspeicher fällt unter das Tatbestandsmerkmal der Vervielfältigung. Das Setzen eines Hyperlinks kann dagegen nur eine Beihilfehandlung zur Urheberrechtsverletzung durch den Nutzer darstellen.
- Die Tathandlung des Verbreitens kann im Internet nicht verwirklicht werden, da Tatobjekt ausschließlich körperliche Gegenstände sind.
- Die Tathandlung der öffentlichen Wiedergabe umfasst auch die öffentliche Zugänglichmachung gemäß § 19a UrhG. Eine internettypische öffentliche Wiedergabehandlung ist das Anbieten von Musiktiteln zum Download.
- Negatives Tatbestandsmerkmal ist insbesondere § 44a UrhG. Danach sind vorübergehende Vervielfältigungshandlungen dann zulässig, wenn diese flüchtig oder begleitend sind und einen integralen und wesentlichen Teil eines technischen Verfahrens darstellen und ihr alleiniger Zweck darin liegt, eine Übertragung in einem Netz zwischen Dritten durch einen Vermittler oder eine rechtmäßige Nutzung eines Werkes oder sonstigen Schutzgegenstandes zu ermöglichen, sofern die Vervielfältigungshandlungen keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung haben.
- Streaming wäre daher eigentlich straflos. Nach der Rechtsprechung des EuGH (C‑527/
15) ist Streaming jedoch immer dann rechtswidrig, wenn der Nutzer von der Rechtswidrigkeit zumindest hätte Kenntnis haben müssen. Das gilt sowohl für Live- Streaming als auch On-Demand-Streaming. - Damit ist das Streaming aktueller Kinofilme, die nicht legal abrufbar sind, und illegaler Live-
Übertragungen von Fußballspielen strafbar. Ein Tatnachweis kann aber nur dann geführt werden, wenn das Streaming- Portal die IP- Adressen der Nutzer speichert und diese dann im Rahmen einer behördlichen Durchsuchung sichergestellt werden. - Beim Download von Musikdateien ist § 53 Abs. 1 UrhG zu beachten. Danach sind einzelne Vervielfältigungen eines Werkes zum privaten Gebrauch zulässig, soweit nicht zur Vervielfältigung eine offensichtlich rechtswidrig hergestellte Vorlage oder öffentlich zugänglich gemachte Vorlage verwendet wird.
- Die Einwilligung des Berechtigten stellt einen Rechtfertigungsgrund dar und erfasst auch die nachträgliche Genehmigung. Die Berechtigung richtet sich nach zivilrechtlichen Vorschriften.
Eingriff in Schutzmaßnahmen » § 108b UrhG
- Beim Straftatbestand des unerlaubten Eingriffs in technische Schutzmaßnahmen gemäß § 108b UrhG handelt es sich nach § 109 UrhG ebenfalls um ein Antragsdelikt.
- Die Tathandlung besteht in der Umgehung einer wirksamen technischen Schutzmaßnahme. Praxisrelevant sind insbesondere die Beseitigung eines gegenständlichen Kopierschutzes oder die Veränderung eines den Kopierschutz bewirkenden Computerprogramms.
- Die Tat ist nur strafbar, wenn sie nicht ausschließlich zum eigenen privaten Gebrauch des Täters oder mit dem Täter persönlich verbundener Personen erfolgt oder sich auf einen derartigen Gebrauch bezieht.
- Die Zustimmung des Berechtigten stellt einen Rechtfertigungsgrund dar.
Was sind technische Maßnahmen?
- Nach § 95a Abs. 2 S. 1 UrhG versteht man unter technischen Maßnahmen Technologien, Vorrichtungen und Bestandteile, die im normalen Betrieb dazu bestimmt sind, geschützte Werke oder andere nach dem Urhebergesetz geschützte Schutzgegenstände betreffende Handlungen, die vom Rechtsinhaber nicht genehmigt sind, zu verhindern oder einzuschränken.
- Gemäß § 95a Abs. 2 S. 2 UrhG sind technische Maßnahmen nur wirksam, soweit durch sie die Nutzung eines geschützten Werkes oder eines anderen geschützten Schutzgegenstandes von dem Rechtsinhaber durch eine Zugangskontrolle, einen Schutzmechanismus wie Verschlüsselung, Verzerrung oder sonstige Umwandlung oder einen Mechanismus zur Kontrolle der Vervielfältigung, die die Erreichung des Schutzziels sicherstellen, unter Kontrolle gehalten wird.