Widerstand gegen Polizei
- Der Regelungszweck beim Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte gemäß § 113 StGB liegt im Schutz staatlicher Vollstreckungshandlungen. Durch § 115 StGB wird die Anwendung auch auf bestimmte Nichtamtsträger erweitert.
- Wer von einer derartigen staatlichen Machtausübung im Rahmen einer Vollstreckungsmaßnahme betroffen ist, neigt aus einem Gefühl der Unterlegenheit sehr schnell dazu, die Maßnahme als Willkürakt zu empfinden und sich dagegen zur Wehr zu setzen.
- Zum geschützten Personenkreis gemäß § 113 Abs. 1 StGB zählen insbesondere Polizeibeamte im Vollzugsdienst. Der Amtsträger muss bei der Vornahme einer konkreten Vollstreckungshandlung betroffen sein. Diese darf also noch nicht beendet sein. Es ist nicht erforderlich, dass sich die Diensthandlung gegen den Täter selbst richtet.
- Eine lediglich beobachtende Streifenfahrt stellt nur die Erfüllung einer allgemeinen Dienstpflicht dar und keine Vollstreckungshandlung. Anders verhält es sich beim Anhaltegebot gegenüber einem sich verkehrswidrig verhaltendem Kraftfahrzeugführer.
- Die Vorschrift des § 113 Abs. 2 StGB enthält Regelbeispiele mit erhöhtem Strafrahmen. Bereits durch das Beisichführen einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs ist ein besonders schwerer Fall gemäß § 113 Abs. 2 Nr. 1 StGB mit erhöhtem Strafrahmen verwirkt. Auf eine Verwendungsabsicht kommt es nicht an.
Widerstand?
- Unter Widerstand versteht man jede aktive Tätigkeit gegenüber dem Vollstreckungsbeamten, die die Durchführung einer Maßnahme verhindern oder erschweren soll.
- Erfasst wird auch ein erfolgloses Widerstandleisten. Passiver Widerstand oder psychischer Zwang reichen nicht aus.
- Tatmittel sind Gewalt oder Drohung. Eine Verwerflichkeitsprüfung erfolgt zwar nicht. Dafür gelten aber besondere Irrtumsregeln.
- Das Tatmittel der Gewalt muss für den Amtsträger unmittelbar oder mittelbar über Sachen körperlich spürbar sein.
- Es reicht aus, wenn sich ein durch die Polizei Festzunehmender an Gegenständen festhält oder mit den Füßen gegen den Boden stemmt.
- Dagegen genügt es nicht, wenn sich der Festzunehmende vor dem Zugriff zu Boden wirft oder aus einem nur lockeren Festhaltegriff zu entziehen versucht.
- Im Vergleich zur Nötigung gemäß § 240 StGB reicht es beim beim Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte betreffend das Tatmittel der Drohung nicht aus, wenn mit einem empfindlichen Übel gedroht wird. Der Tatbestand ist nur erfüllt, wenn mit Gewalt gedroht wird.
- Wenn das Tatmittel der Drohung nicht erfüllt ist, weil beispielsweise nur eine Strafanzeige oder Dienstaufsichtsbeschwerde angedroht werden, kann auch nicht auf § 240 Abs. 1 StGB zurückgegriffen werden.
Rechtmäßige Diensthandlung?
- Gemäß § 113 Abs. 3 S. 1 StGB ist Widerstand nur gegen rechtmäßige Diensthandlungen strafbar. Eine Diensthandlung ist rechtmäßig, wenn der Amtsträger sachlich und örtlich zuständig ist, die wesentlichen Förmlichkeiten des Ob und Wie der fraglichen Maßnahme beachet und ein etwa bestehendes Ermessen pflichtgemäß ausgeübt hat.
- Bei der Vollstreckung einer Durchsuchung oder Haftbefehls ist die Diensthandlung schon durch deren Tatbestandswirkung gedeckt, auf die inhaltliche Richtigkeit kommt es für die materielle Rechtmäßigkeit der Vollstreckungshandlung nicht an.
- Die sachliche Zuständigkeit von Polizeibeamten ist nicht an Dienstzeiten gebunden, die sachliche Zuständigkeit wird durch die Landesgrenzen definiert.
- Zu den wesentlichen Förmlichkeiten gehört es, dass sich ein ziviler Polizeibeamter als solcher zu erkennen gibt.
- Bei der Überprüfung einer etwaigen Ermessenausübung ist ein objektiver Maßstab anzulegen.
- Beim Handeln auf Anordnung der Staatsanwaltschaft ist der Vollzugsakt trotz rechtswidriger Weisung rechtmäßig, es sein denn, der Befehl ist offensichtlich rechtswidrig.
Rechtswidrige Diensthandlung?
- Wenn der Täter eine objektiv rechtswidrige Diensthandlung irrtümlich für rechtmäßig hält, bleibt er gemäß § 113 Abs. 3 S. 2 StGB ebenfalls straflos.
- Bei einer rechtwidrigen Diensthandlung kann der Täter einer Körperverletzung gemäß § 223 StGB zudem wegen Notwehr gemäß § 32 StGB gerechtfertigt sein. Allerdings sind die Voraussetzungen insoweit enger als bei § 113 Abs. 3 StGB. In der Regel wird es einer Notwehrhandlung wegen der bestehenden Rechtsschutzmöglichkeiten an der Erforderlichkeit fehlen.
Irrtum?
- Wenn der Täter irrtümlich die Rechtswidrigkeit der Diensthandlung annimmt, entfällt die Schuld gemäß § 113 Abs. 4 StGB nur, wenn der Irrtum unvermeidbar war und es dem Täter nach den ihm bekannten Umständen auch unzumutbar war, sich mit Rechtsbehelfen gegen die vermeintliche rechtswidrige Diensthandlung zu wehren.
- Für die Frage der Vermeidbarkeit gelten die gleichen Grundsätze wie beim Verbotsirrtum gemäß § 17 StGB.
Tätlicher Angriff?
- Der Regelungszweck beim tätlichen Angriff auf Vollstreckungsbeamte gemäß § 114 StGB liegt im Individualschutz von Vollstreckungsbeamten. Auch insoweit ist § 115 StGB zu beachten.
- Anders als bei § 113 StGB bedarf es keines Zusammenhangs mit einer Vollstreckungshandlung. Es reicht aus, wenn der Amtsträger mit einer dienstlichen Tätigkeit befasst ist.
- Unter tätlicher Angriff versteht man eine unmittelbar auf den Körper des Amtsträgers abzielende feindselige Aktion ohne Rücksicht auf ihren Erfolg. In der Regel wird es sich insoweit um eine versuchte oder vollendete Körperverletzung gemäß § 223 StGB handeln. Allerdings kann auch eine Freiheitsberaubung gemäß § 239 StGB einen tätlichen Angriff darstellen.
- Wenn keine Vollstreckungshandlung vorliegt, kommt es auf die Rechtmäßigkeit der Diensthandlung nicht an.
- Sofern es sich um eine Vollstreckungshandlung handelt, sind die Irrtumsregeln gemäß § 114 Abs. 3 StGB entsprechend anwendbar.
Bedrohung
- Die Bedrohung gemäß § 241 StGB ist eine ein abstraktes Gefährdungsdelikt. Schutzgut ist der individuelle Rechtsfrieden.
- Unter Bedrohung gemäß § 241 Abs. 1 StGB versteht man die Ankündigung eines bestimmten künftigen Verhaltens, das vom Opfer ernst genommen werden soll Stund zumindest objektiv hierfür geeignet ist. Das Verhalten muss sich auf einen sexuellen Übergriff, eine Freiheitsberaubung, eine Körperverletzung, oder eine erhebliche Sachbeschädigung beziehen.
- Ob der Bedrohte das angekündigte Verhalten subjektiv ernst nimmt, ist unerheblich. Ebenso ist nicht relevant, ob der Täter die Drohung tatsächlich umsetzen kann oder will. Eine Bedrohung kann auch durch konkludentes Verhalten erfolgen. Bei der Bewertung des Verhaltens ist das Lebensumfeld der Beteiligten zu berücksichtigen. Es ist nicht erforderlich, dass der Täter das Verhalten selbst ausführt. Es reicht aus, wenn er vorgibt, dass er auf das Verhalten eines Dritten entsprechend Einfluss nehmen kann.
- Wenn der Täter ein Verhalten ankündigt, das den Tatbestand eines Verbrechens verwirklicht, findet § 241 Abs. 2 StGB Anwendung. Verbrechen sind gemäß § 12 Abs. 1 StGB Delikte, für die das Gesetzt eine Mindeststrafe von einem Jahr vorsieht. Das Verbrechen muss gegen den Bedrohten selbst oder eine ihm nahestehende Person gerichtet sein.
- Ebenso wird gemäß § 241 Abs. 3 StGB bestraft, wer wider besseres Wissen vortäuscht, dass die Verwirklichung eines Verbrechens bevorsteht. Erfasst werden insoweit aber nur tatsächlich nicht bevorstehende Taten.
- Wird die Tat öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts begangen, findet § 241 Abs. 4 StGB Anwendung.
- In Abhängigkeit von der angedrohten Tat kann es sich gemäß § 241 Abs. 5 StGB um ein Antragsdelikt handeln.